Anzeige

Ärztemonitor: Gewalt in Praxen fast schon alltäglich

Geballte Faust

Pro Arbeitstag kommt es laut Ärztemonitor in deutschen Arztpraxen 288 Mal zu körperlicher Gewalt.

Welche Rolle spielt Gewalt im täglichen Behandlungsalltag? Dieser Frage ging der Ärztemonitor nach – die deutschlandweit größte Befragung von Niedergelassenen. Die Ergebnisse sollen zwar erst im Juni veröffentlicht werden, erste Trends nach einer Auswertung von mehr als 7.000 Befragten liegen aber vor. Mit schon jetzt alarmierenden Ergebnissen: Pro Arbeitstag kommt es demnach in deutschen Arztpraxen 288 Mal zu körperlicher Gewalt.

Jeder vierte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt hat in seinem Berufsleben schon Erfahrung mit körperlicher Gewalt durch Patienten gemacht.

Weitaus häufiger kommt verbale Gewalt vor. Mit bundesweit 2.870 Fällen pro Tag haben sie vier von zehn Ärzten schon erlebt. Laut der Befragung nimmt verbale Gewalt zu, je größer die Praxis ist, während körperliche Gewalt zunimmt, je kleiner die Praxis ist. Zur Anzeige bringen die Ärzte etwa jeden vierten tätlichen Angriff.

 

„Entwicklung bestürzend“

„In unserer Gesellschaft werden zunehmend Grenzen des Respekts und des Anstands überschritten. Das zeigt sich auch in der tagtäglichen Gewalt, denen niedergelassene Ärzte und Medizinische Fachangestellte in den Praxen ausgesetzt sind. Die Entwicklung ist bestürzend und sollte diejenigen aus Politik und Krankenkassen nachdenklich stimmen, die gerne ein populistisches Ärztebashing betreiben. Wer ständig einen kompletten Berufsstand verbal kriminalisiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn dies zur Gewalt in Praxen führt“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

 

Verrohung und höheres Anspruchsdenken

 

„Gewalt ist längst Alltag in unseren Praxen. Und es wird immer schlimmer. Die allgemeine Verrohung und ein immer höheres Anspruchsdenken sind die Ursache dafür“, stellt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, fest.

Beide forderten die Politik auf, die ambulant und stationär tätigen Ärztinnen und Ärzte in den neuen Straftatbestand „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (Paragraf 114 StGB)“ mit aufzunehmen. Das 52. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften ist am 30. Mai vergangenen Jahres in Kraft getreten.

 

Ärzte und ihr medizinisches Personal besser schützen

 

Durch die jüngste Änderung des Gesetzes Ende April haben tätliche Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter ein höheres Strafmaß erhalten. Ärzte und ihr medizinisches Personal wurden dabei nicht berücksichtigt.

 

Was ist der Ärztemonitor?

 

Der Ärztemonitor ist die deutschlandweit größte Befragung ambulant tätiger Ärzte und Psychotherapeuten, die die KBV und der NAV-Virchow-Bund alle zwei Jahre in Auftrag geben. Das Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) hat seit Februar rund 11.000 Niedergelassene telefonisch zu ihrer Arbeitssituation befragt. Pro Jahr gibt es rund eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte und über 600 Millionen Behandlungsfälle im Rahmen der ambulanten Versorgung in den Praxen der Niedergelassenen.


GEWALT IN ZAHNARZTPRAXEN SCHWERPUNKTTHEMA IN DER DZW

Die DZW hat dem Thema "Gewalt in Zahnarztpraxen" bereits im März diesen Jahres einen Schwerpunkt gewidmet. Unter dem Titel "Opfer und Täter"  beleuchten wir dieses wichtige Thema in zahlreichen Reportagen, Interviews und Berichten.