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Altwerden ist nichts für Feiglinge
Ein verwaister Flur im Seniorenheim.

Die Seniorenzahnmedizin muss stärker Gegenstand der Ausbildung werden", fordert DGAZ-Präsidentin Prof. Dr. Ina Nitschke.

„Altwerden ist nichts für Feiglinge“ – so lautete der Titel einer Autobiographie des Schauspielers Joachim „Blacky“ Fuchsberger. Die bittere Erkenntnis des früher populären Mimen gewinnt durch den aktuellen Pflegenotstand in Deutschland noch zusätzlich an Dramatik und betrifft auch die Zahnmedizin.

Das Problem wächst im Zuge der Demografie beständig. Entsprechend gehen Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamts von einem Anstieg der Pflegebedürftigkeit bis 2030 um 35 Prozent aus, aktuell sind es mehr als zwei Millionen Betroffene. Nicht zuletzt, weil laut DMS V außerdem immer mehr Menschen über eigene Zähne bis ins hohe Alter verfügen und entsprechende Mundpflege benötigen, steht die Zahnmedizin hier vor großen Herausforderungen.

Schaut man auf den allgemeinen Pflegenotstand in Deutschland, wie er im Wahlkampf offenbar wurde, dann lässt sich erahnen, dass es massiv an entsprechender Unterstützung und Versorgung alter und hochbetagter, meist auch pflegebedürftiger Menschen bei der Mundhygiene und -gesundheit mangelt. Wir können uns an dieser Stelle nicht mit dem von der KZBV zuletzt veröffentlichten zahnmedizinischen Betreuungsgrad von etwa 25 Prozent der in Heimen lebenden Betroffenen zufriedengeben. Fest steht: Der schiere Bedarf an entsprechend geschulten Seniorenzahnmedizinern wird weiterwachsen – unabhängig vom aktuellen Versorgungsgrad.


Aufruf

Kolleginnen und Kollegen, die an der praktischen Umsetzung des Paragrafen 22a SGB V und der Gründung einer Aktionsgemeinschaft zahnmedizinische Prävention in der Pflege (AZPIP) interessiert sind, werden gebeten, sich bei der Redaktion der DZW – Die ZahnarztWoche unter pflege@dzw.de oder per Fax unter (0228) 28 92 16-20 zu melden.
Als unabhängige Wochenzeitung für die Dentalbranche wird die DZW-Redaktion die Arbeitsgemeinschaft bis zu ihrer Gründung organisatorisch begleiten und über ihre Arbeitsergebnisse berichten.


Prof. Dr. Ina Nitschke, Präsidentin der DGAZ.

Prof. Dr. Ina Nitschke ist Präsidentin der DGAZ.

Die Seniorenzahnmedizin muss stärker Gegenstand der Ausbildung werden, das betrifft das Studium der Zahnmedizin ebenso wie die zahnärztlichen Hilfsberufe und das Pflegepersonal, und dazu zählen auch die Angehörigen, die Familienmitglieder selbst betreuen. Denn zwei Drittel der Pflegebedürftigen leben zu Hause und werden ambulant betreut. Zahnmedizin für Pflegebedürftige als Teil der Seniorenzahnmedizin ist längst vom „Nice-to-have“ zum „Must-have“ geworden. Und deshalb sollte dafür endlich auch ein Lehrstuhl an einer deutschen Hochschule geschaffen und das Fach zur Pflicht im Studium werden. Wie der von der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) dazu veranstaltete „Tag der Lehre“ offenbarte, spielt die Seniorenzahnmedizin sowohl bei den Lehrenden als auch den Studierenden aber noch immer eine eher untergeordnete Rolle. Nur 5 Prozent der Studierenden wollen sich beruflich intensiv damit beschäftigen, so das Ergebnis der Generation-Y-Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ).

Das verwundert, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für aufsuchende zahnmedizinische Betreuung haben sich verbessert und werden mit Einführung des Paragrafen 22a SGB V ab diesem Sommer noch mehr erleichtert. Stellt sich die Frage, weshalb sich noch immer nur wenige Zahnmediziner um die Alten und Hochbetagten kümmern? Die Politik jedenfalls hat diesen Notstand erkannt. Und denkt in Gestalt einer Staatssekretärin hinter vorgehaltener Hand schon darüber nach, diese Versorgung in die Hände der Pflegeberufe zu legen. Dem Druck, der politisch schon durch die Zahl der Betroffenen entsteht, sollte der Berufsstand mit raschen Reaktionen und gezieltem Engagement begegnen. Im Sinne der Pflegebedürftigen wie auch des Berufsstands. Ehe es zu spät ist …

Prof. Dr. Ina Nitschke, Präsidentin DGAZ