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Jens Spahn 4.0: Über die Digitalisierung des Gesundheitswesens
Der Bundesgesundheitsminister ist ein „Überzeugter“ in Sachen Digitalisierung.

Der Bundesgesundheitsminister ist ein „Überzeugter“ in Sachen Digitalisierung.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hielt am 17. April anlässlich der Eröffnung der Messe conhIT 2018 (Connecting Healthcare IT) eine Rede über die Digitalisierung des Gesundheitswesens mit etlichen spannenden Details.

Nach seinen begrüßenden Worten stieg der Minister direkt in medias res. Das umwälzende Potential von Blockchain sei ihm und den meisten aus dem Finanzsektor bekannt, werde aber auch im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielen. „Weil ich gerne möchte, dass wir als Deutschland ein Land sind, das zeigt, dass man mit Blockchain nicht nur ein paar Währungen gestalten kann, sondern dass wir ganz konkrete Anwendungen haben, in ganz verschiedenen Bereichen, auch öffentlichen Bereichen, beispielsweise im Gesundheitswesen“, forderte Spahn Innovationen ein. Blockchain ist eine Art dezentrale Datenbank, bei der jede Transaktion protokolliert und abgesichert wird. Sie gilt als besonders sicher und wird auch im estnischen digitalen Gesundheitssystem genutzt.

Aus Sicherheitsgründen sind Finanz- und Gesundheitswesen hoch regulierte Bereiche. Im Gesundheitsbereich sind es vor allem Gründe des Patientenschutzes. Innovationen in der Digitalisierung, so Spahn, bräuchten aber auch „Freiraum zum Denken, um zu gestalten, zu agieren, ausprobieren zu können“. Dieser Freiraum steht den Regeln und Regularien von sensiblen Bereichen des Datenschutzes diametral entgegen. Hier suchte der Minister nach einem wohl goldenen Mittelweg, denn „übertriebene Datenschutzanforderungen verunmöglichen an bestimmten Stellen eine effizientere Versorgung“, positionierte sich der Minister. So outete sich Spahn weniger überraschend als „Überzeugter“ in Sachen Digitalisierung. Diese sei als Chance, gar als „Verheißung“ anzunehmen und es gelte, sie aktiv zu gestalten, nicht passiv zu erleiden. Gleichzeitig betonte Spahn, dass die Digitalisierung nicht Selbstzweck, sondern stets Mittel zum Zweck sei und einen Mehrwert bieten müsse – für die Patienten, für die fünf Millionen Menschen, die in Deutschland im Gesundheitswesen arbeiten.

Drei Schwerpunkte und ein Rätselfall

Unter Spahn wurde das Bundesgesundheitsministerium bereits umstrukturiert. Gottfried Ludewig leitet die neue Abteilung Digitalisierung des Gesundheitswesens. Hier wird nun eine intensive Bestandsaufnahme des Status quo erfolgen. Und an dieser Stelle wurde Spahn andeutungsvoll und kryptisch zugleich: „Wenn man ein paar Dinge grundsätzlich angehen will und vielleicht infrage stellen – wenn, noch ist nicht klar ob, – aber wenn, dann jetzt am Anfang und nicht in ein oder zwei Jahren.“ Die Ergebnisse dieser Überlegungen sind für kurz nach der Sommerpause angekündigt. Es bleibt spannend, ob auch Fragen zum TI-Rollout dazugehören. Für drei Bereiche wurden dann Spahns Ideen und Ansätze konkreter. Als erstes nannte er die Telemedizin, die die Versorgung verbessern werde – auch in der Fläche. Zudem berge eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots ein großes Potenzial zur Zeitersparnis für Patienten und Ärzte. Die elektronische Patientenakte müsse einen Mehrwert haben, der dann alle Beteiligten überzeugen würde. Die Aufgabe der öffentlichen Hand wäre es, für eine sichere Telematikinfrastruktur zu sorgen, also für eine sichere Datenautobahn. Ansonsten plädiert Spahn für marktoffene Lösungen. Die Unternehmen entwickeln die Anwendungen wie Apps. Die Aufstellung der Regeln und die Zertifizierung obliegen wiederum den staatlichen Einrichtungen. Schnittstellenoffenheit ist dabei eine wichtige Voraussetzung für Interoperationalität und verhindert Insellösungen. Der zweite Punkt umfasst die Forschung und den Einsatz von Big Data. Die in großer Menge vorliegenden Versorgungsdaten könnten, so Spahn, auch mithilfe von künstlicher Intelligenz genutzt werden, um Erkenntnisse zu gewinnen, Behandlungsverläufe zu analysieren und individualisierte Therapieformen zu entwickeln. Spahn forderte den souveränen Umgang der Patienten mit den eigenen Daten, das könne auch in Form einer „Datenspende“ geschehen, bei der anonymisierte Daten aktiv zur Verfügung gestellt werden. Als dritten Punkt nannte der Minister den zweiten Gesundheitsmarkt. Hier müsse die Erstattungsfähigkeit digitaler Medizinprodukte klar geregelt sein und auch bei nicht erstattungsfähigen Produkten Transparenz herrschen. Die Behörden müssten feststellen, welche Apps und Anwendungen welchen Nutzen haben. Hierzu müsse es Zertifikate geben und eine Informationsplattform zentral für Interessierte zugänglich sein.

Zum Schluss stimmte Spahn noch einmal das Hohe Liede der Digitalisierung an. Sie habe gerade erst angefangen. Es gäbe noch viel zu entdecken und für das Gesundheitswesen zu entwickeln. Jens Spahn schloss mit den Worten, das Gesundheitswesen sei an vielen Stellen in der Digitalisierung etwas hinterher. Aber umso weiter man hinterherläge, desto mehr könne man aufholen. Und das wolle er tun. Wir dürfen gespannt sein.