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Kieferorthopädie: „Die lange konkave Form habe ich sofort in mein Set sortiert“

Unnötiger Substanzverlust bei der Kleberest-Entfernung ist ethisch nicht vertretbar [1]. Unabhängig davon steigt nach Abtrag der härteren oberflächlichen Schmelzschicht das Risiko für kariogene Entkalkung [2]. Und schließlich lagert sich Plaque auf rauen Oberflächen leichter an als auf glatten. Entsprechend sorgfältig sollte dieser Arbeitsschritt durchgeführt werden.

Die Schichtdicke von Kleberesten nach Bracket-Entfernung variiert je nach Position des Zahns, gewählter Befestigungsart und Bracketsystem. Linguale Brackets schaffen eine andere Ausgangslage als bukkale, Instrumente zur Kleberest- oder Überschuss-Entfernung müssen an diese Zahnanatomie angepasst sein. Das gilt auch in Bezug auf die Krümmung und Länge der Flächen, Besonderheiten von Approximalbereichen oder in der Nähe von Regulierungselementen (Auxiliaries), wie zum Beispiel Molarenröhrchen.

Diamantinstrumente bewirken einen schleifenden Abtrag und unterscheiden nicht zwischen Schmelz und Komposit [3]. Sie neigen zum „Festfressen“. Dagegen tragen Hartmetallinstrumente selektiv das weichere Komposit ab. Sie wirken spanabhebend, also schneidend. Sie erzielen glattere Oberflächen als Diamantfinierer und sind damit für die Entfernung von Kompositresten das Werkzeug der Wahl [4]. Weiterhin sind Instrumente aus Kunststoff und speziellem Fiberglas erhältlich.

Um auch bei Hartmetallfinierern Riefen zu vermeiden, sollte auf runde Übergänge geachtet werden. Gewundene Schneiden erhöhen die Laufruhe, das gilt tendenziell auch für eine höhere Schneidenzahl. Für optimale taktile Kontrolle ist ein Mikromotor-Winkelstück zu empfehlen. Dieses wird bei niedriger bis mittlerer Drehzahl intermittierend, drucklos und mit Spraykühlung angewendet. Finierer haben dadurch zwar eine längere Standzeit, jedoch entsteht bei zu hoher Drehzahl, zum Beispiel mit Turbinen, eine pulpagefährdende Temperatur [5]. Nach dem Finieren wird der getrocknete Zahn auf Kompositreste geprüft. Diese lassen sich unter Luftkühlung bei sehr niedriger Drehzahl entfernen. Für die abschließende Politur eignen sich zum Beispiel diamantpartikelhaltige Silikon- oder Kunstkautschuk-Polierer.

Im folgenden Fallbericht kam das neue Reliant Orthodontic Finishing Kit (SS White Dental, Vertrieb über atec Dental, Ebringen) zum Einsatz, das alle Indikationen einschließlich der Politur abdeckt.

Der Patientenfall: Unser Patient, ein Anlagen-Installateur für Windkraftanlagen, war zu Behandlungsbeginn 21 Jahre alt. Im Alter von etwa 12 Jahren hatte er die Zähne 11 und 13 durch einen Sturz verloren. Folge waren eine Distalwanderung von Zahn 12 und eine Mittellinienverschiebung nach rechts (Abb. 1).

Modell

Abb. 1: Der 21-jährige Patient hatte im Alter von zwölf Jahren aufgrund eines Sturzes die Zähne 11 und 13 verloren.

Skelettal entstand ein unterentwickelter Oberkiefer mit Klasse-III-Dysgnathie. Dieser war verbunden mit einem Kreuzbiss im rechten Seitenzahnbereich sowie in der Front und einem Kopfbiss mit teilweiser Disklusion im linken Seitenzahnbereich.

Die Behandlung wurde durch eine transversale Oberkiefer-Erweiterung mit einer Quadhelix eingeleitet. Anschließend wurde über zweieinhalb Jahre eine Multiband-Behandlung mit einer Straight-Wire-Apparatur und nicht-selbstligierenden Brackets nach Roth durchgeführt (Face Evolution System, erhältlich über Forestadent). Diese wurde nach zirka zwei Jahren durch eine bignathe Umstellungsosteotomie unterbrochen.

Die Mittellinie war nach diesem Eingriff noch nicht zufriedenstellend und der Patient empfand die Situation zunehmend als ästhetisch störend. Daher wurde entschieden, Zahn 22 zu entfernen und Zahn 21 nach links zu bewegen. Hierdurch sollte eine ausreichend große Lücke geschaffen werden, die eine Brücke von einem geplanten Implantat an Position 11 auf den an Position 13 stehenden Zahn 12 ermöglicht.

Nach dem Umstellungseingriff gelang es zunächst mithilfe der fortgesetzten Multibandbehandlung, Zahn 21 über die Mittellinie auf die linke Seite an seine reguläre Position zu bewegen. In der Transversalen standen die Oberkiefer-Stützzonen nun regulär über den Unterkiefer-Stützzonen, es wurde nahezu eine Klasse-I-Beziehung erreicht. Der postoperativ offene Biss konnte geschlossen und eine regelrechte Frontzahnstufe hergestellt werden (Abb. 2).

Extraktion von Zahn 22 und Multibandbehandlung

Abb. 2: Nach Aufweitung des Oberkiefers, bignather Umstellungsosteotomie, Extraktion von Zahn 22 und Multibandbehandlung ist eine Klasse-I-Beziehung mit weitgehend regulärer Frontzahnstufe erreicht

Nach Entbänderung und Abnehmen der Brackets im Unterkiefer zeigten die Zähne neben den Kompositresten viel Zahnstein und Plaque (Abb. 3 und 4).

Nach Entbänderung und Abnehmen der Brackets

Abb. 3: Wegen unzureichender Mundhygiene …

Zähne nach Entbänderung

Abb. 4: … war nach Entbänderung neben den Kleberesten auch reichlich Plaque und Zahnstein vorhanden.

Dieser musste zunächst mit Ultraschall und Airpolishing abgetragen werden (ohne Abbildung). Die bukkalen Komposit-Klebereste wurden dann mit Hartmetallfinierern aus dem Reliant Orthodontic Finishing Kit entfernt (Abb. 5 bis 12).

18-schneidiges, gewundenes Finierer (FG 118L)

Abb. 5: Mit einem 18-schneidigen, gewundenen Finierer (FG 118L) werden die Klebereste niedrig- bis mitteltourig entfernt.

Finierer FG 218
Schmelzoberfläche

Abb. 7: Nach dem Finieren ist die Schmelzoberfläche ohne weitere Schritte bereit für die Politur.

Zahnsteinreste  lingual

Abb. 8: Lingual sind noch Zahnsteinreste zu erkennen, die mit Ultraschall-Scalern und Airpolishing abgetragen werden sollen.

Politur

Abb. 9: Die abschließende Politur …

Universalpolierer

Abb. 10: … gelingt sehr einfach mit einem Universalpolierer.

Weitere Politurmaßnahmen nicht erforderlich.

Abb. 11: Weitere Politurmaßnahmen sind nicht erforderlich.

Reliant Orthodontic Finishing Kit

Das Reliant Orthodontic Finishing Kit in der Nahaufnahme

Für die Politur der bukkalen Flächen wurde schließlich der im Set enthaltene flammenförmige Kunstkautschuk-Polierer verwendet (Nr. U89031, Abb. 9 und 10). Der Oberkiefer sollte erst im Anschluss an die geplante augmentative Maßnahme im Implantationsbereich entbändert werden (Abb. 11).

Diskussion: Für die Entfernung von Klebstoffresten nach Entbänderung sind diamantierte Instrumente und solche aus Kunststoff, Fiberglas und Hartmetall erhältlich. Letztere können als Goldstandard gelten, nicht zuletzt wegen ihrer selektiv schneidenden und damit schonenden Wirkung [3, 4]. Diese kommt besonders bei geeigneter Schneidenkonfiguration und Qualität zum Tragen.

Im vorgestellten Patientenbeispiel wurden Instrumente aus einem neuen Set des amerikanischen Dentalerstellers SS White Dental verwendet. Das Unternehmen hat die Zahnmedizin im Bereich der Hartmetall-Fräser mit den bekannten Great-White-Gold-Kronentrennern, Great-White-Ultra-Präparationsinstrumenten und Fissurotomy-Bohrern für die minimal-invasive Erweiterung von initialkariösen Fissuren entscheidend mitgeprägt.

Für die relativ stark gekrümmten bukkalen Zahnflächen des Beispielpatienten eigneten sich in optimaler Weise die leicht konkav gestalteten Instrumente FG 118L (für anterior-bukkale Flächen) und FG 218 (Approximalbereiche). Die Behandlerin hat die oben genannten konkaven Instrumente wegen ihrer sehr guten Eignung sofort in ihr Finier-Set für Entbänderungspatienten eingeordnet.

Für die zervikale Überschussentfernung enthält dieses Set zudem Instrumente aus einem weiteren Set des Herstellers (SafeEnd, SS White Dental). Diese sind stirnseitig glatt gestaltet und schonen daher in idealer Weise die Gingiva. Da im Unterkiefer nur bis zum ersten Molaren bebändert worden war, wurde der für den posterioren Bereich vorgesehene kürzere Finierer FG 118S in diesem Fall nicht benötigt, bewährt sich aber zum Beispiel in der Nähe von Molarenröhrchen. Das kugelförmige Instrument FG 815 SL kann laut Anbieter lingual angewendet werden.

Der Patient war häufig wochenlang im Ausland unterwegs. Aufgrund seiner mäßigen Mundhygiene hatten sich während der Kontrollintervalle immer wieder harte Beläge angesammelt. Diese mussten vor der Kleberestentfernung zunächst mit Ultraschall und Airpolishing abgetragen werden. Wegen ihrer Schärfe sollten die Finierer drucklos und im niedrigen bis maximal mittleren Drehzahlbereich angewendet werden. Wenn die Versäuberung von einer Assistenzkraft durchgeführt wird, muss diese entsprechend trainiert sein.

Für die Politur nach Kleberest-Versäuberung haben sich unter anderem aluminiumoxid-belegte Polierscheiben und Silikon- oder Naturkautschuk-Polierer bewährt [6–8]. Der verwendete Universal-Naturkautschukpolierer erlaubte eine problemlose Hochglanzpolitur bei 5.000 Umdrehungen pro Minute und geringer Druckanwendung. Je nach Vorliebe kann der Zahn intermittierend mit Spray oder mit Wasser aus dem Sprayansatz benetzt werden.

Fazit: Das im Patientenbeispiel verwendete Finier- und Polierset für die Kleberest-Entfernung nach Entbänderungen erfüllt seine Aufgaben mit Auszeichnung. Mit den sehr schnittfreudigen, länglich-konkaven Formen für bukkale Flächen enthält es zudem eine Spezialität, die in anderen marktgängigen Sets nicht enthalten ist.

ZA Fenja Felgenhauer, Hannover

Literatur

[1] Ferreira FG, Nouer DF, Silva NP, Garbui IU, Correr-Sobrinho L, Nouer PR. Qualitative and quantitative evaluation of human dental enamel after bracket debonding: a noncontact three-dimensional optical profilometry analysis. Clin Oral Invest 2014;18:1853-1864.

[2] Ogaard B. Oral microbiological changes, long-term enamel alterations due to decalcification and caries prophylactic aspects. In: Orthodontic materials: scientific and clinical aspects. In: Brantley WA, Eliades G (eds). book section. Stuttgart: Thieme, 2001:124-139.

[3] Eliades T, Gioka C, Eliades G, Makou M. Enamel surface roughness following debonding using two resin grinding methods. Eur J Orthod 2004;26:333-338.

[4] Radlanski RJ. A new carbide finishing bur for bracket debonding. J Orofac Orthop 2001;62:296-304.

[5] Jonke E, Manschiebel W, Freudenthaler JW. In-vitro-Temperaturmessung bei der Entfernung von Composite. Stomatologie 2003;100:23,26.

[6] Campbell PM. Enamel surfaces after orthodontic bracket debonding. Angle Orthod 1995;65:103-110.

[7] Osorio R, Toledano M, Garcia-Godoy F. Enamel surface morphology after bracket debonding. ASDC J Dent Child 1998;65:313-317, 354.

[8] Faria-Junior EM, Guiraldo RD, Berger SB, Correr AB, Correr-Sobrinho L, Contreras EF, et al. In-vivo evaluation of the surface roughness and morphology of enamel after bracket removal and polishing by different techniques. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2015;147:324-329.