Anzeige
Frauen werden schlechter bezahlt – auch in Technikberufen
Nach dreieinhalb Jahren Ausbildung in diesem Beruf verdienen Frauen längst nicht das Gleiche für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen.

Nach dreieinhalb Jahren Ausbildung in diesem Beruf verdienen Frauen längst nicht das Gleiche für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen.

Wenn Frauen in Deutschland am 18. März (Equal Pay Day) verstärkt auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen, wird ihnen häufig immer noch vorgeworfen, sie mögen in Technik-Berufe gehen. Dass dieses Argument keinen Praxistest besteht, zeigt der Beruf Zahntechniker/in (ZT). Nach dreieinhalb Jahren Ausbildung in diesem Beruf verdienen Frauen längst nicht das Gleiche für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen.
 
Bereits 2013 wies die Hans-Böckler-Stiftung auf einen Unterschied im Zahntechnikerhandwerk von 31 Prozent hin. Eine Umfrage [1] des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. im Oktober 2017 zeigte, dass das Problem nach wie vor besteht: Während 18 Prozent der an der Umfrage männlichen Beteiligten angaben, mehr als 20 Euro Bruttostundenlohn zu erhalten, waren es bei den weiblichen nur knapp 7 Prozent. Die meisten weiblichen ZT (17 Prozent der Teilnehmerinnen) verdienen hingegen zwischen 9,99 und 10,99 Bruttostundenlohn.

Selbst direkt nach der Ausbildung – in den ersten drei Berufsjahren – ist die Differenz schon deutlich:
Rund 37 Prozent der männlichen, aber 67 Prozent der weiblichen Berufsanfänger verdienen unter 11 Euro Bruttostundenlohn (= 1.906 Euro Monatslohn).
Und 40 Prozent der männlichen, aber nur 22 Prozent der weiblichen Berufsanfänger erhalten einen Bruttostundenlohn von 12 Euro und mehr.
Dabei gaben 95,34 Prozent der Frauen und 100 Prozent der Männer an, mindestens 35 Stunden pro Woche zu arbeiten.

Karola Krell, Referatsleiterin ZT im Verband medizinischer Fachberufe e.V., erklärt dazu: „Von Arbeitgebern wird oft das Argument angeführt, dass Teilzeittätigkeit ein Grund für die Gehaltslücke ist. Bei den Berufsanfängerinnen trifft das aber nicht zu. Nach der Ausbildung verfügen Männer und Frauen über die gleichen Kompetenzen und arbeiten mit der gleichen Wochenarbeitszeit, um auch komplizierte Arbeitsprozesse durchgängig ausführen zu können. Der Gehaltsunterschied ist also in keiner Weise berechtigt.“
 
Auch mehr Berufserfahrung bringt den Zahntechnikerinnen nicht unbedingt mehr Geld: So erhielt nur jede fünfte Frau mit 16 und mehr Jahren Berufserfahrung einen Bruttostundenlohn von mindestens 18 Euro, bei den Männern war es jeder Dritte aus dieser Gruppe. Fast ebenso viele Zahntechnikerinnen (rund 19 Prozent) mit dieser Berufserfahrung erhalten sogar unter 11 Euro Bruttostundenlohn, von den Männern mit dieser Berufserfahrung waren es nur 6 Prozent. 96 Prozent der Männer und 61 Prozent der Frauen mit dieser Berufserfahrung arbeiten mindestens 35 Stunden pro Woche.
 
Karola Krell erinnert: „Die durchschnittlichen Gehälter im Zahntechnikerhandwerk können dem Vergleich zu anderen Handwerksberufen ohnehin nicht standhalten. Laut Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) lag das Bruttomonatseinkommen ohne Sonderzahlungen im Zahntechnikerhandwerk im Jahr 2016 mit 2.350 Euro um 28 Prozent unter dem durchschnittlichen Bruttoverdienst für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen in Branchen mit Handwerkseigenschaft. Allein das ist inakzeptabel und muss sich ändern, um eine Abwanderung von ZT in andere Branchen zu verhindern. Absolut skandalös ist für mich jedoch, dass die weiblichen Berufsangehörigen von den Laborinhabern noch schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Bei unseren Auswertungen mussten wir leider feststellen, dass auch bei gleicher Qualifikation, ähnlichen Einsatzbereichen und Arbeitszeiten erhebliche Lücken klaffen, die rational nicht erklärbar sind. Deshalb ist es wichtig, das Thema anzusprechen und sich selbstbewusst zu zeigen, denn in der Zahntechnik haben wir mittlerweile in vielen Regionen einen Fachkräftemangel, der sich weiter verschärfen wird. Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. lädt alle angestellten Zahntechniker und Zahntechnikerinnen ein, die Vorteile seines bundesweiten Netzwerkes zu nutzen und uns gemeinsam und mit Nachdruck für gleichen Lohn für gleiche Arbeit einzusetzen.“

[1] Die Umfrage war vom 9. bis 29. Oktober 2017 über www.vmf-online.de erreichbar. Mit insgesamt 776 Teilnehmenden wurde mehr als ein Prozent der rund 55.000 Beschäftigten in diesem Beruf erreicht. Darunter 87 Auszubildende (63 Frauen und 24 Männer), 395 Zahntechnikerinnen, 189 Zahntechniker und 105 angestellte Zahntechnikermeister/innen (39 Frauen und 66 Männer).
 

Quelle: VmF