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Neues Projekt zeigt Wege aus der Antibiotika-Falle

Bakterien entwickeln immer mehr Resistenzen gegen Antibiotika. Ein neues Projekt der Uni Freiburg soll Wege aus der Antibiotika-Falle aufzeigen. Was Mediziner lernen können.

Antibiotika-Pillen werden immer noch zu häufig verschrieben. Resistente Erreger breiten sich immer mehr aus.

Antibiotika-Pillen werden immer noch zu häufig verschrieben. Resistente Erreger breiten sich immer mehr aus.

Viele Erreger haben gegen einen Großteil der verfügbaren Antibiotikaresistenzen entwickelt. Zunehmend sind selbst einfachste bakterielle Infektionen nicht mehr behandelbar und können zum Tod des Patienten führen, so eine Pressemitteilung des Universitätsklinikums Freiburg.

Um Ärzte und Apotheker im Umgang mit Antibiotika besser zu schulen, wurde 2010 hier ein Fortbildungsprogramm gestartet, das "mittlerweile bundesweit erfolgreich ist". Außerdem werde derzeit in einer europäischen Studie unter Leitung des Universitätsklinikums Freiburg untersucht, wie sich resistente Erreger regional und über Ländergrenzen hinweg ausbreiten.

Landkarte für Antibiotika-resistente Erreger. Diese breiten sich länderübergreifend aus.

Die Punkte auf der Karte stehen für die Lokalisation von Laboren/Krankenhäusern, die bestimmte Stämme

eingesendet haben. Landkarte für resistente Erreger: Diese breiten sich länderübergreifend aus.

Ärzte erfolgreich im Umgang mit Antibiotika schulen

"Wenn Antibiotika weiterhin so ungezielt verordnet werden wie in der Vergangenheit, droht uns ein Rückfall in Vor-Antibiotika-Zeiten. Das müssen und können wir vermeiden", sagt Prof. Dr. Winfried Kern, Leiter der Abteilung für Infektiologie des Universitätsklinikums Freiburg.

"Leider fehlt den Ärzten bislang oft das nötige Wissen, wann und wie Antibiotika gezielter eingesetzt werden können, und wie ohne Gefährdung des Patienten ihr Einsatz reduziert werden kann." Darum startete der Infektiologe bereits 2009 am Universitätsklinikum Freiburg die erste Fortbildungsinitiative zur sinnvollen Verwendung von Antibiotika, das Programm "Antibiotic Stewardship".

Mehr als 500 Ärzte ausgebildet

Hier lernen die Teilnehmer „in mehreren Schritten alles von den Grundlagen der Resistenzentstehung über die Behandlung schwerer Infektionen bis zur umfassenden Planung und Durchführung eigener Maßnahmen, um den Antibiotika-Einsatz im Krankenhaus zu verringern“, so die Presseinformation.

Bis Mitte 2017 wurden laut Uni Freiburg in dem deutschlandweit einzigartigen Programm über 500 Klinik-Ärzte und -Apotheker zu "Antibiotika-Experten" fortgebildet. Rund 800 Teilnehmer seien derzeit in der Fortbildung, die mittlerweile an neun Standorten in Deutschland angeboten werde. "Das Ziel ist, an kleineren und mittelgroßen Akutkrankenhäusern ein Team von geschulten Ärzten und Apothekern zu haben, die die dortigen Ärzte beraten und den Antibiotikaeinsatz überwachen. Mindestens weitere 500 solcher Experten werden gebraucht", sagt Kern.

Das Programm wurde 2010 bis 2013 vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt und beim G7-Gipfel im Jahr 2015 den Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen als "Best-practice"-Beispiel vorgestellt.

"Wetterkarte" für resistente Erreger

Nur wer weiß, wie sich resistente Bakterien ausbreiten, kann eine Übertragung gezielt stoppen oder ihr sogar vorbeugen, heißt es in der Pressenotiz. Wie genau diese Verbreitungswege sind, erforscht Prof. Dr. Hajo Grundmann, Leiter der Sektion Infektionsprävention und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Freiburg.

"Wir wissen aus früheren Studien, dass sich resistente Erreger zunächst vor allem innerhalb regionaler Versorgungsnetze ausbreiten, also etwa zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten", sagt Grundmann. Doch bislang gebe es keine umfassenden Zahlen, wie sich Patienten innerhalb und über solche Netzwerke hinwegbewegen und damit resistente Erreger weitertragen.

Unter Leitung von Grundmann werden laut Pressemitteilung darum Forscher aus 36 Ländern in Europa das gesamte Erbgut resistenter Erreger mithilfe einer DNA-Sequenzierung analysieren. So würden verwandte Keime identifiziert und diese dann auf einer Landkarte eingetragen.

"Ärzte oder Behörden können damit zukünftig erkennen, wie sich schwer behandelbare Erreger über Ländergrenzen hinweg ausbreiten, vergleichbar mit einer Gewitterfront auf der Wetterkarte. So könnte im besten Fall rechtzeitig gegengesteuert werden", sagt Grundmann. Die Projektdaten seien bereits heute auf einer Webseite offen einsehbar.

Die beiden Projekte zeigen vielversprechende Wege, um Antibiotikaresistenzen zurückzudrängen. „Um die Erfolge in die Breite zu tragen, müssen aber auch Netzwerke zwischen Kliniken, niedergelassenen Ärzten und Apothekern aufgebaut werden. Hier fehlt bislang oft das Geld. Das muss sich ändern“, sagt Grundmann.

Weitere Informationen gibt es unter antibiotic-stewardship.de (Fortbildungsprogramm Antibiotic Stewardship) und microreact.org (Elektronische Landkarte für Infektionserreger)