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Wer implantieren will, muss Kompetenz nachweisen

Stellen Sie sich vor, der zahnlose Unterkiefer Ihrer Mutter soll mit einer implantatgetragenen Prothese versorgt werden. Der Zahnarzt vor Ort bietet eine 3-D-Alles-Sofort-an-einem-Tag-Lösung an. Auf Nachfrage räumt er ein, dass er über keinen fundierten Tätigkeitsschwerpunkt verfügt. Wahrscheinlich würden Sie einen Zahnarzt suchen, der entsprechende Erfahrung nachweisen kann.

Dies sollte im Sinne aller Patienten Standard sein. Implantationen oder auch Versorgungen dürften sonst nicht zulässig sein, und nur zertifizierte Zahnärzte und Chirurgen sollten implantologische Leistungen abrechnen dürfen.

Patientenrecht auf Sicherheit

Warum eine solche Exklusivregelung? Jeder ärztliche Chirurg und jeder Oralchirurg muss in seiner Ausbildung bei erfahrenen Kollegen hospitieren, „Haken halten“. Erst nach angemessener Zeit darf er selbst ran. In der zahnmedizinischen Ausbildung kommt die Chirurgie dagegen oft zu kurz, auch praktische implantologische Inhalte sind die Ausnahme. Ergebnis sind zahlreiche misslungene implantatgetragene Versorgungen, die nicht selten an Körperverletzung grenzen. Gutachter und Mitarbeiter von Implantatanbietern können davon ein trauriges Lied singen.

Implantologie ist zu komplex, als dass man sie ohne entsprechende Aus- oder Fortbildung patientengerecht ausüben könnte. Das beginnt mit der Analyse der Ausgangssituation einschließlich medizinischer und parodontologischer Anamnese. Da Prothetiker die Planung vorgeben, müssen sie auch chirurgisch gut orientiert sein. Umgekehrt wissen viele Chirurgen zu wenig über prothetische und funktionelle Besonderheiten. Die Kompetenzen der Beteiligten im Behandlungsverlauf sind zudem oft unzureichend definiert.

 

Implantologische Kompetenz: Die Implantologie ist zu komplex, als dass man sie ohne entsprechende Aus- oder Fortbildung patientengerecht ausüben könnte.

Implantologische Kompetenz: Die Implantologie ist zu komplex, als dass man sie ohne entsprechende Aus- oder Fortbildung patientengerecht ausüben könnte.

Vorbild Konsensuskonferenz

Wie könnte ein „Implantologie-Führerschein“ aussehen? Vorgaben gibt es seit Langem – festgelegt durch die Konsensuskonferenz Implantologie unter Beteiligung der relevanten Fachverbände. Nachzuweisen sind neben einem ausreichenden Curriculum drei Jahre implantologische Tätigkeit, unter anderem mit 200 gesetzten Implantaten. Dieser leider unverbindliche Standard wird auch international geschätzt.

Bleibt das Problem, wie die Zeit zum Nachweis und damit zur Behandlungserlaubnis überbrückt werden kann. Hier bieten sich verschiedene Wege an: Wer bereits ausreichend implantologisch tätig war, erhält nach Abschluss des Curriculums umgehend den Tätigkeitsschwerpunkt. Für langjährig tätige Kollegen wäre ein abgespecktes Curriculum mit Falldokumentationen und einer fachlichen Prüfung denkbar. Zahnärzte in der Ausbildung könnten bei zertifizierten Kollegen arbeiten und dort einen Teil der notwendigen Fallzahl absolvieren. Außerdem sollte praktische Implantologie Teil des Studiums werden.

Die Strukturen für Implantologie-Zulassungen sind vorhanden. Natürlich würde eine entsprechende Regelung Begehrlichkeiten wecken, etwa in der KfO. Aber was spricht dagegen? Seit geraumer Zeit denken auch Teile der Standesvertretung über eine strukturierte Assistenzzeit nach. Diese könnte bei der Gelegenheit in sinnvoller Weise einbezogen werden, mit entsprechender Qualifikation im Sinne von Tätigkeitsschwerpunkten. Als zweite Stufe gäbe es weiterhin Fachzahnärzte mit postgradualer, zusätzlich akademischer Ausbildung. Die Implantologie könnte als Pilotprojekt mit gutem Beispiel vorangehen. Die Patienten würden es der Zahnärzteschaft danken.

Hinweis: Der Autor erklärt, dass er keinen Interessenkonflikt hat. Zum Beispiel ist er für keine Fachgesellschaft im Bereich Implantologie tätig.