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Und täglich grüßt …

Unbesetzte Kinostühle

Immer wieder dreht sich die (standes-)politische Diskussion um Fremdkapital und Investoren im Gesundheitswesen. Klare gesetzliche
Regelungen würden hier allen helfen.

5:59 Uhr. Radiowecker. 6:00. Babe, I got you babe. Bill Murray erwacht. Jeden Tag aufs Neue. Es ist Murmeltiertag?

Nein, es ist November und die CSU erwacht. Klaus Holetschek – seines Zeichens Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege sowie der derzeitige Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz – hat sich des Themas „MVZ-Register“ angenommen.

Murmeltiertag: MVZ auf Wiedervorlage

Endlich – wird sich manch ein Standespolitiker nun denken. Endlich hat sich einer der Granden der Gesundheitspolitik erbarmt. Der Minister fordert jetzt: „Medizinische Versorgungszentren (MVZ) bergen neben allen Vorteilen das Risiko, dass renditeorientierte Investoren Einfluss auf die Gesundheitsversorgung nehmen. Aber Profit darf nie die treibende Kraft hinter gesundheitlichen Angeboten sein. Der Patient ist und bleibt zentral. Die kommende Bundesregierung muss hier rasch handeln. Die bisherigen Schutzmaßnahmen reichen nicht aus.“ Aha.

Der Zeitpunkt für Holetscheks Forderung mag verwundern, hätte doch vor kurzer Zeit ein Anruf bei seinem Unionskollegen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gereicht, auf die Lücken etwa im TSVG hinzuweisen. Aber Schwamm drüber. Die Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung ist ein drängendes Zukunftsthema – auch in der Zahnmedizin. Und MVZ sind ein Instrument, um hier gegenzusteuern.

Das Hauptproblem ist die demografische Entwicklung auch in der Zahnärzteschaft. So sind bundesweit rund 30 Prozent der Zahnärztinnen und Zahnärzte 55 Jahre alt und älter. In Thüringen sind es 53 Prozent – in Sachsen-Anhalt 49 Prozent. Hier wird es in den kommenden Jahren zu zahlreichen Praxisabgaben aber auch zu Praxisschließungen kommen. Zeitgleich sind derzeit gut zwei Drittel derer, die erfolgreich ein zahnmedizinisches Studium abschließen, weiblich. Und Frauen lassen sich später nieder als ihre männlichen Kollegen. Zudem steigt der Anteil gerade der angestellten Zahnärztinnen kontinuierlich. Hier ruft eine Versorgungslücke: „Ich komme.“

Längst gibt es kommunale Versuche im ländlichen Raum, eigene ärztliche MVZ zu betreiben, um die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten. Doch für die allermeisten kleineren Kommunen ist der Verwaltungs- und Abrechnungsaufwand zu kompliziert und aufwendig. In Brandenburg hat die Kassenärztliche Vereinigung zum 1. Oktober die erste Zulassung für ein von einer Kommune betriebenes MVZ erteilt. Mengentauglich scheint dieses Konzept nicht zu sein.

Da haben es die Investoren deutlich einfacher. Sie kommen mit dem nötigen Know-how, Konzepten und vor allem Kapital. Sie können Bürokratie, Abrechnung, Einkauf, Personal. Und für viele Praxen sind sie der einzige Kaufinteressent – oder zumindest der lukrativste. Eine bislang offenkundig politische gewollte Entwicklung.

Dass nun gerade der CSU-Politiker Holetschek anmerkt: „Eine an medizinischen Leitlinien orientierte flächendeckende Versorgung darf durch Renditeerwartungen von Investoren hinter den MVZ nicht gefährdet werden. Es ist Aufgabe des Staates, steuernd einzuwirken und möglichen Fehlentwicklungen vorzubeugen“, ist insofern bemerkenswert, als seine Unionskollegen, Gesundheitsminister Hermann Gröhe und Jens Spahn, in ihren Amtszeiten für sämtliche Türöffner-Gesetze für Kapitalanleger im Gesundheitssystem gesorgt haben.

5:59. Radiowecker. 6:00. Babe, I got you babe. Es ist Murmeltiertag?

Nein, die Ampel verhandelt ihren Koalitionsvertrag. Das politische Rahmenwerk der kommenden vier Jahre. Ein guter Moment auch für die vertragszahnärztliche Standesvertreter, mit einem Positionspapier die Stimme zu erheben. Gesagt, getan. Mit schönen grüßen der KZBV an SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: „Um eine wohnortnahe Versorgung in Stadt und Land sicherzustellen, muss die fortschreitende Vergewerblichung durch die Ausbreitung von investorengetragenen MVZ (IMVZ) eingedämmt werden. Insbesondere sollte die neue Bundesregierung eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung von MVZ-Registern auf Bundes- und Landesebene schaffen, um die Transparenz über IMVZ zu stärken. Dafür bedarf es einer passgenauen Fortentwicklung der bestehenden IMVZ-Regelungen für die zahnmedizinische Versorgung.“

Von der kommenden Ampel-Regierung können wir uns auch zu diesem Thema nur einen regulativen Frühling wünschen.