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Den ­Praxiskaufvertrag richtig gestalten (Teil 1 von 7)
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Da es sich bei der vertraglichen Gestaltung der Praxisabgabe um ein Herzstück der Beratung handelt, zeigen wir in sieben Artikeln auf, welche vertraglichen Regelungen Sicherheit bieten.

Wie in unserer Praxisabgabereihe bereits angesprochen, handelt es sich bei jedem Praxisverkauf um einen Unternehmens(ver)kauf mit allem, was dazugehört.

Überblick über die wichtigsten Regelungen

Den Abschluss bildet ein professioneller Praxiskaufvertrag. Da es sich bei der vertraglichen Gestaltung der Praxisabgabe um ein Herzstück der Beratung handelt, möchten wir Ihnen in sieben Artikeln aufzeigen, welche vertraglichen Regelungen Ihnen Sicherheit bieten. Beginnen möchten wir mit einem Überblick über die wichtigsten Regelungen, wobei wir diese im Laufe der weiteren Artikel genauer betrachten werden.

Präambel

Die Präambel ist dem Vertrag vorangestellt und dient sozusagen als Einleitung. Rechtlich dient sie vor allem dazu, den Willen der Vertragsparteien zu verschriftlichen, um diesen bei möglichen Vertragsstörungen im Wege der Auslegung berücksichtigen zu können. Fehlt eine solche Präambel, ist es für Dritte (wie etwa für Gerichte) regelmäßig äußerst schwierig, den tatsächlichen Parteiwillen vor Vertragsschluss zu erörtern. Denn wenn es erst einmal zu Unstimmigkeiten gekommen ist, wird jede Partei ihre Wahrheit darstellen.
Jeder professionelle Praxiskaufvertrag sollte deshalb mit einer Präambel beginnen. Da eine Präambel die individuellen Gegebenheiten berücksichtigt, ist sie in Musterverträgen natürlich nicht enthalten.

Vertragsgegenstand

Der Vertragsgegenstand, also das, was verkauft wird, sollte stets sehr genau bezeichnet werden. Soll die ganze Praxis oder lediglich eine Beteiligung an einer Gesellschaft (etwa Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft, MVZ) veräußert werden?
Der oft anzutreffende Passus, dass beispielsweise die Praxis in ihrer Gesamtheit verkauft wird, ist unzureichend. Denn rechtlich handelt es sich regelmäßig um einen Asset Deal, bei dem einzelne Vermögensgegenstände verkauft werden und bei dem Verbindlichkeiten, wie etwa Darlehensverbindlichkeiten, bei dem Praxisabgeber verbleiben.

Aufteilung des Kaufpreises

Der Kaufpreis ist aus rechtlichen, insbesondere steuerrechtlichen Gründen, in materielle und immaterielle Werte aufzuteilen. Die Aufteilung ist zwar primär für den Praxiskäufer wichtig, doch sollten sich sowohl Verkäufer und Käufer über die Berechnung der einzelnen Werte im Vorfeld verständigt haben. Denn der materielle Wert muss sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren. Da es bei zahnärztlichen Praxisabgaben regelmäßig schwierig ist, sich nur mittels steuerlicher Unterlagen (insbesondere aufgrund nicht aktueller Inventarverzeichnisse) einen Überblick über sämtliche in der Praxis vorhandenen materiellen Vermögensgegenstände zu verschaffen, empfehlen wir folgendes Vorgehen: Praxisverkäufer und Praxiskäufer führen am Übergabestichtag gemeinsam mit den anwaltlichen und steuerlichen Beratern eine Begehung der Praxis durch und halten sämtliche Vermögensgegenstände in einem Raumbuch fest. Dieses Raumbuch wird dann dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt, und es besteht Rechtssicherheit.

Arbeitsrechtliche Regelungen

Praxisverkäufe stellen in der Regel eine Betriebsübergang nach Paragraf 613a BGB dar. Das bedeutet, dass alle Arbeitsverhältnisse, gleichgültig, ob diese schriftlich oder mündlich vereinbart sind, kraft Gesetzes, also automatisch, auf den Praxiskäufer übergehen. Im Praxiskaufvertrag ist deshalb zu fixieren, welche Rechte und Pflichten auf den Praxiskäufer übergehen und wie eine Haftungsabgrenzung zwischen Verkäufer und Käufer auszusehen hat.

Übereignung des Patientenstammes

Der Patientenstamm kann nicht einfach so übertragen werden. Da es sich bei Gesundheitsdaten um besonders schützenswerte Daten handelt, ist eine Einwilligung der Patienten notwendig. In der Vergangenheit hat sich das ‚Zwei-Schrank-Modell‘ etabliert, das sich auch in vielen Musterverträgen korrekt wiederfindet. Seit Geltung der DSGVO bestehen allerdings erhebliche Bedenken, ob dieses Modell noch ausreichend ist. Es spricht einiges dafür, Käufer und Verkäufer als ‚gemeinsame Verantwortliche‘ anzusehen und dies in einem gesonderten Datenschutzvertrag festzuhalten. Geschieht dies nicht, nimmt der Praxisverkäufer im Zweifel sogar die Unwirksamkeit des Kaufvertrags in Kauf. Da es sich bei einem Praxisverkauf regelmäßig um eine einmalige Angelegenheit handelt, sollte dieses Risiko nicht eingegangen werden.

Wettbewerbsverbote

Inhaltlich geht es bei Wettbewerbsabreden darum, dass der Praxisverkäufer nach dem Praxisverkauf verpflichtet wird, keine Konkurrenz- und Abwerbetätigkeiten auszuüben; dies regelmäßig räumlich, zeitlich (maximal zwei Jahre) und sachlich begrenzt.
Über die Sinn- oder Unsinnhaftigkeit von Wettbewerbsverboten kann trefflich gestritten werden. Hinzu kommt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen und hierzu ergangenen Gerichtsurteile – vor allem lokal – sehr unterschiedlich sind. Ohne eine Prüfung der aktuellen Rechtsprechung derjenigen Gerichte, die sich in der Nähe des Praxisstandorts befinden, ist eine seriöse Aussage nicht möglich. Praxisabgeber sollten wissen, worauf sie sich einlassen, wenn solche Regelungen vereinbart werden.
In unserem nächsten Beitrag geht es weiter mit „Den Praxiskaufvertrag richtig gestalten – Teil 2 von 7: Wie findet sich der geeignete Käufer?“

RA Christian Erbacher, LL.M., Fachanwalt für Medizinrecht, Bad Homburg

(wird fortgesetzt)

Über den Autor

Rechtsanwalt Christian Erbacher, LL.M., ist Fachanwalt für Medizinrecht und Partner der Kanzlei Lyck+Pätzold.healthcare.recht. Sein Schwerpunkt der Beratung liegt in regulatorischen Fragestellungen, der Begleitung von M&A-Prozessen und MVZ-Gründungen sowie dem Gesellschafts-, Arbeits- und dem Medizinprodukterecht. Außerdem berät er aufgrund seiner Leidenschaft für digitale Prozesse in allen Fragen zu E-Health.