Anzeige

Premium Article

Premium Article
0

Advertorial

Advertorial
0
Nerv getroffen?!

Seit mehreren Monaten finden wieder Präsenzveranstaltungen statt. Man stelle sich ein zahntechnisches Event mit vielen Zuschauern vor. Vorne auf der Bühne steht ein implantologisch tätiger Zahnarzt, der darüber referiert, wie wichtig der Zahntechniker bei einer Planung ist. Klingt nach einer Wunschvorstellung? Nein, nicht wenn es nach Prof. Dr. med. dent. Florian Beuer geht. Beuer ist Univ.- Professor an der Charité in Berlin und Direktor der Abteilung für zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre. Zudem ist er seit 2021 der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI). Er hat verstanden, wie wichtig der Zahntechniker bei einer implantologischen Arbeit ist – und zwar von Anfang an. Wir haben mit ihm über sein Verständnis einer Partnerschaft zwischen Zahnarzt und Zahntechniker gesprochen.

Die Zusammenarbeit von Zahnärzten und Zahntechnikern auf Augenhöhe wird immer selbstverständlicher. Gab es in Ihrer Laufbahn einen Schlüsselmoment, der Ihnen zeigte, wie wichtig die möglichst frühe Einbindung des Zahntechnikers ist?

Prof. Dr. Beuer: Das ist eine sehr gute Frage! Zu meiner Studienzeit hatte die Zahntechnik noch einen enorm hohen Stellenwert. Wir wurden sehr stark darauf gedrillt zahntechnische Dinge selbst auszuführen. Was viel Übung abverlangte. Dadurch hat man den wichtigen Stellenwert der Zahntechnik erkannt. Diese Erkenntnis verstärkte sich, als ich zwei Jahre in einer Praxis gearbeitet habe. Danach bin ich an die Münchener Uni gewechselt, wo ich den Laborleiter Josef Schweiger kennengelernt habe. Und eins sage ich immer wieder und das nicht nur vor Zahntechnikern, sondern auch vor Zahnärzten. Ich habe von Zahntechnikern mehr gelernt als von Zahnärzten! Warum? Zahntechniker teilen ihr Wissen eher als Zahnärzte.

Und wie war das, als Sie dann an die Charité Berlin gingen? War dort die enge Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker zu der Zeit schon eine Selbstverständlichkeit?
Prof. Dr. Beuer: Leider nein. In der Chirurgie wurden die Implantate gesetzt und die Arbeiten gingen dann zur weiteren Versorgung in die Prothetik. Diese Versorgungen waren leider oft nicht umzusetzen. Hier musste sich etwas ändern. Ich habe gesagt, „Freunde, entweder die Prothetik plant das Implantat und erst dann wird es gesetzt, oder ihr sucht euch draußen einen Zahnarzt.“ Zuerst wurde das als Spaß abgetan, war es aber nicht. So waren die Kollegen schon ziemlich verwundert, als wir die ersten Arbeiten verweigerten. Aber nur so konnte ich verdeutlichen, dass derjenige, der später die Arbeit draufsetzen muss, von Anfang an in die Planung gehört. Wenn mal eine Arbeit gepasst hat, war es wohl reiner Zufall. Und wer von uns möchte das Glück des Patienten schon vom Zufall abhängig machen?

Prothetik wird als eine der Königsdisziplinen bezeichnet. Wie sehen sie das als Prothetiker?
Prof. Dr. Beuer:
Mein Lehrer in den USA hat immer gesagt: Gott liebt die Chirurgen – du machst was, und es heilt. Gott hasst die Prothetiker – du setzt etwas ein und das war der beste Tag dieser Arbeit. Prothetik ist unglaublich anstrengend, sowohl im Labor als auch am Patienten. Chirurgische Eingriffe mache ich viel lieber, das stresst mich weniger als prothetische Eingriffe. Man sollte ehrlich sagen, dass die Chirurgie im Vergleich zur Prothetik extrem gut bezahlt ist. Das, obwohl sie deutlich anstrengender ist. In der Prothetik kosten die letzten 10 Prozent nochmal 100 Prozent des Aufwands und dessen muss man sich bewusst sein, wenn man ein gutes Ergebnis erreichen will. Wenn einem das bewusst ist, wird es wohl nie ein Problem zwischen Zahnmedizin und Zahntechnik geben

Zuerst waren Sie Fortbildungsreferent, dann Vizepräsident und schließlich Präsident der DGI. Über die Jahre konnten Sie den Zuwachs an zahntechnischen Mitglieder beobachten. Aktuell sind es 150 Mitglieder. Wie schwierig ist es, neue Mitglieder zu gewinnen?
Prof. Dr. Beuer:
Es ist so: Wir tun uns schwer, da wir eigentlich nur das zahntechnische Netzwerk von einzelnen uns nahestehenden Personen wie zum Beispiel Ralf Suckert haben – das ist das einzige Netzwerk. In meinen Augen ist unser Fortbildungsangebot von der Qualität und von dem, was wir an Referenten bieten, outstanding. Ich kenne kein Curriculum, wo so ein großer Aufwand betrieben würde. Und trotzdem könnten die Anmeldezahlen besser sein. Für mich als Zahnarzt ist die zahntechnische Community schwer greifbar. Ich erinnere mich noch an das Colloquium Dental in Nürnberg, es hatte zu Hochzeiten 800 bis 900 Teilnehmer. Es gibt nichts Vergleichbares mehr in Deutschland, wo sich so viele Zahntechniker an einem Ort treffen und austauschen können. Der Kongress Zahntechnik plus hat gezeigt, dass es so etwas wieder geben kann. Das Programm war sensationell gut. Mir fehlt das bei der Zahntechnik ein bisschen, es gibt keinen Ort, keinen Kongress, wo wirklich alle hinkommen. Bei den Zahnärzten ist es der Deutsche Zahnärztetag und der DGI-Jahreskongress. So hoffen wir, dass das neue Format Zahntechnik plus diese Lücke füllen kann. Zudem haben wir noch einen wichtigen Punkt für die zahntechnischen Mitglieder geändert, der schon lange überfällig war. Zuvor waren Zahntechniker „nicht stimmberechtigte Mitglieder“, das wird nun auf „stimmberechtigte Mitglieder“ geändert. Alles soll auf Augenhöhe stattfinden.

In Kooperation mit dem FZT bietet die DGI ein Curriculum Zahntechnik an. Was sind die Schwerpunkte der einzelnen Module?
Prof. Dr. Beuer:
Die Idee dahinter ist eigentlich, dass wir einen Patientenfall „longitudinal“ behandeln. Das heißt, wir planen im ersten Modul, wir operieren im zweiten, wir formen im dritten ab und im vierten wird die Arbeit eingesetzt. Das Ganze wird von verschiedenen Themen flankiert. Im ersten Modul haben wir Kommunikation, Anatomie, Fotodokumentation und Planung. Im zweiten Modul ist die OP im Fokus. Hier begleitet man den gesamten Workflow einer OP. Es geht um die Modellherstellung sowie die Vorbereitung. Zudem wird das Implantieren an einem Kunststoffkiefer geübt. Dann im dritten Modul sind die Schwerpunkte Einzelzahnrestauration, ästhetische Zone und die Abformung. Im vierten Modul die Restaurationen, die ganz großen Restaurationen, die Ganzkieferrestaurationen, und danach wird die Arbeit eingegliedert. Das alles geschieht mit hochkarätigen Fachleuten aus den jeweiligen Spezialgebieten. Um nur ein paar Namen zu nennen: Herr Roland ist im ersten Modul, Herr Hrdina im zweiten, Herr Schenk im dritten und Herr Lotz im vierten Modul. Ich sitze die ganze Zeit dabei und denke mir immer „ey, wie geil“. Allein deshalb ist es so schade, dass das Curriculum nicht so bekannt ist und nicht so angenommen wird, wie wir uns das vorstellen.

Planen Sie noch weitere Lehrgänge, die das Thema Zahntechnik/Implantologie beinhalten? Oder ist es das vorrangige Ziel, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen?
Prof. Dr. Beuer:
Wir bieten von der DGI noch weitere Curricula an, die für Zahnärzte und Zahntechniker konzipiert worden sind. Hier greifen wir speziellere Themen auf, zum Beispiel das Thema ästhetische Implantologie und natürlich auch CAD/CAM-basierende Themen. Sagen wir mal so, wenn wir spüren würden, dass die Nachfrage aus der Zahntechnik da ist, würde man das natürlich auch sehr gerne erweitern. Mein Ziel bei der DGI ist es, dass der Zahntechniker, wenn es um das Thema Implantologie geht, direkt die DGI im Kopf hat. Es soll seine Heimat werden, wenn es um das Thema Implantologie geht.

PROF. DR. FLORIAN BEUER ist Professor für zahnärztliche Prothetik, Altersmedizin und Funktionslehre der Charité Berlin und seit November 2021 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI). Seine Ausbildung absolvierte er an der Ludwigs-Maximilians-Universität München, wo auch seine berufliche und wissenschaftliche Karriere begann und wo er 2009 habilitiert wurde. Von 2008 bis 2009 war als Visiting Professor am Pacific Dental Institute in Portland (Oregon) tätig. Seit 2015 ist er Lehrstuhlinhaber für Zahnärztliche Prothetik an der Charité. Prof. Beuer ist auch engagiert in der DGÄZ, der DGPro und der AG Keramik.