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„Schneeballknirschen“ – ab 2025 nur noch im Winter

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Nun wird es konkret: Die EU strebt ein ­Verbot von Zahn-Amalgam an. Bereits ab 2025 soll das Material nicht mehr als Füllungswerkstoff erlaubt sein. Basis dieser Entscheidung ist die überarbeitete EU-Quecksilber-Verordnung. Sie dient dem Schutz der Bürger und der Umwelt vor ­giftigem Quecksilber. Es soll aus der EU weitgehend verbannt werden, und zwar nicht nur die Verwendung von Zahn-Amalgam, sondern auch dessen Herstellung, für die in der EU jährlich rund 40 Tonnen Quecksilber verbraucht werden.

Quecksilberfreie Alternativen

Verwiesen wird auf praktikable, quecksilberfreie Alternativen, etwa Glasionomerzemente, Kompomere, Komposite oder Gold. Letzteres, das Schwermetall Gold, ist bei seiner Gewinnung übrigens eng mit dem umstrittenen Quecksilber verbunden. Gold wird deshalb nicht verboten oder teurer werden, weil Europa sich vom Quecksilber verabschiedet, denn der mit Abstand weltgrößte Hersteller von Quecksilber ist mit mehr als 2.000 Tonnen jährlich China.

Als Füllungswerkstoff hat Amalgam ­einige Vorteile, aber auch Nachteile. Positiv sind der geringe Preis, die wenig techniksensitive und schnelle Verarbeitbarkeit sowie die lange Haltbarkeit, die bislang von keinem anderen plastischen Füllungsmaterial erreicht werden konnte. Gut gelegte Amalgamfüllungen, zahnanalog „geschnitzt“, können Jahrzehnte in Funktion bleiben – und sind durch das enthaltene Silber in gewissem Maße sogar karieshemmend. Nachteilig ist die dunkle Farbe, das unschöne Phänomen Amalgamtätowierung, wenn Legierungsbestandteile in die Weichgewebe wandern, sowie die Neigung zur (Bimetall-)Korrosion, wenn sich andere Metallrestaurationen in unmittelbarer ­Nähe einer Amalgamfüllung befinden.

Der Aspekt Toxizität

Und dann ist da noch der Aspekt Toxizität. Noch ist es nicht gelungen, einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Exposition von Quecksilber aus Amalgamfüllungen und dem Auftreten chronischer Erkrankungen wie Nieren- oder, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bösartigen ­Neubildungen oder neurodegenerative Erkrankungen nachzuweisen, heißt es im „Amalgam-Materialienband“ des Robert-Koch-Instituts. Vor dem Hintergrund, dass es kaum ein anderes Füllungsmaterial gibt, das derart intensiv über Jahrzehnte auf mögliche Gesundheits­gefährdungen untersucht ­worden ist, ist das erstaunlich.

Aber Quecksilber ist ein hochtoxisches Element mit ­gesundheitsschädigenden ­Potenzial. Deshalb ist es zu ­begrüßen, dass es in Europa zu einem weitgehenden Verbot oder zu einer massiven Reduktion des Verbrauchs kommen soll. Die Tatsache, dass 2025 auch Amalgam unter das Quecksilberverbot fallen soll, ist allerdings eine rein präventive. Während die IG Umwelt-Zahnmedizin, die sich für den Amalgam-Ausstieg bei der Kommission stark gemacht hat, den geplanten Ausstieg begrüßt, kritisieren BZÄK und KZBV den Vorstoß als voreilig und fordern Korrekturen. So sprächen aus zahnmedizinischer Sicht viele Gründe für eine Beibehaltung von Amalgam als Füllungsmaterial. Denn ein generelles Amalgamverbot hätte auch soziale Folgen: „Alle verfügbaren Alternativmaterialien sind erheblich teurer. Ein Verbot hätte hier deutliche Auswirkungen auf die zahn­medizinische Versorgung.“

Amalgam-Verbot ein „Kollateralschaden“

Wenn EU-Parlament und EU-Rat den ­Gesetzentwurf ratifizieren, wird das damit einhergehende Amalgam-Verbot ein „Kollateralschaden“ dieser Entscheidung sein. Daran wird auch die zu Recht genannte ­soziale Komponente nichts ändern. Das typische „Schneeballknirschen“ wird also schon bald nur noch im Winter zu hören sein, und nicht länger in der täglichen ­Füllungstherapie.

Übrigens: Wo bleiben präzise Empfehlungen, wie Amalgamfüllungen möglichst patienten-(und behandler-)schonend ­entfernt werden können?