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Fehlzeiten-Report 2023: Viele psychische arbeitsbezogene Beschwerden

Seit 1998 publiziert das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld und der Berliner Hochschule für Technik jährlich den Fehlzeiten-Report. Der Report beleuchtet die Auswirkungen der aktuellen Krisen auf Unternehmen und die Gesundheit der Beschäftigten. Eine repräsentative Befragung des WIdO für den Fehlzeiten-Report 2023 zeigt hohe psychische arbeitsbezogenen Beschwerden unter Arbeitnehmern. Am häufigsten wurden dabei Erschöpfung, Wut und Verärgerung sowie Lustlosigkeit genannt. Ein Vergleich mit Befragungsdaten aus den Jahren 2020 bis 2022 zeigt, dass alle selbst berichteten arbeitsbezogenen Beschwerden seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie zugenommen haben. Gegenüber den Jahren 2021 und 2022, der „Hochphase der Pandemie“, sind sie im Jahr Werte 2023 leicht gesunken, liegen jedoch immer noch über dem Niveau der ersten Messung vor Beginn der Covid-19-Pandemie.

Fehltage wegen psychischer Erkrankungen seit 2012 um 48 Prozent gestiegen

Eine aktuelle Auswertung für den Fehlzeiten-Report zeigt zudem, dass die beruflichen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen von 2012 bis 2022 um 48 Prozent zugenommen haben, während bei allen anderen Erkrankungsgruppen ein Anstieg von 35 Prozent zu verzeichnen war. Von diesen 35 Prozent war der größte Teil auf die pandemiebedingten Höchststände der Atemwegserkrankungen im Jahr 2022 zurückzuführen. „Im Vergleich zu anderen Krankheiten gehen psychische Erkrankungen häufig mit besonders langen Fehlzeiten einher“, erläutert Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin für Betriebliche Gesundheitsförderung im WIdO und Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports. „Während psychische Erkrankungen 2022 im Schnitt zu AU-Zeiten von 29,6 Tagen je Fall führten, waren es beispielsweise bei Atemwegserkrankungen nur 7,1 Tage pro Fall.“ Der Durchschnitt über alle Erkrankungsgruppen lag 2022 bei 11,3 Tagen je Fall. Von den Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen waren im vergangenen Jahr vor allem Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen betroffen, bei denen 14 Prozent aller beruflichen Fehltage auf psychische Erkrankungen entfielen. An zweiter Stelle standen die Branchen „Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung“ und „Banken/Versicherungen“ mit jeweils 13 Prozent. Der bundesweite Durchschnitt über alle Berufsgruppen lag bei 10 Prozent.

Badura: Mentale Gesundheit der Beschäftigten stärken

Die Covid-19-Pandemie habe eine „Zeitenwende“ in der Arbeitswelt bewirkt, die sich am deutlichsten in der nahezu flächendeckenden Einführung von Homeoffice und mobiler Arbeit auswirke, betont Prof. Bernhard Badura, Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports. „Unternehmen, Krankenkassen und Politik sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie angesichts der neuen Rahmenbedingungen die mentale Gesundheit der Beschäftigten stärken können. Homeoffice und mobiles Arbeiten könnten positive Effekte wie mehr Flexibilität und Arbeitszufriedenheit haben, aber auch negative Auswirkungen wie eine Entgrenzung der Arbeit. „Nicht zu unterschätzen sind auch die soziale Isolation und die mögliche Distanzierung vom Unternehmen“, so Badura. Hier seien die Führungskräfte besonders gefordert, die mentale Gesundheit der Beschäftigen zu fördern und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Traditionelle Rollenmuster seien unter den neuen Rahmenbedingungen nicht mehr zeitgemäß und sollten durch moderne Konzepte wie eine „bindungsorientierte Führung“ ersetzt werden.

Als zukunftsfähig eingeschätzte Unternehmen haben gesündere Beschäftigte

Unter dem Titel „Zeitenwende – Arbeit gesund gestalten“ nimmt der Fehlzeiten-Report 2023 die Auswirkungen der jüngsten Krisen auf Unternehmen und Beschäftigte genauer unter die Lupe. In einer repräsentativen Befragung im Februar 2023 gaben 47 Prozent der Beschäftigten an, in ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eher starke bis sehr starke Veränderungen wahrzunehmen. Als hauptsächlicher Treiber für die Veränderungen wurde die Covid-19-Pandemie genannt, gefolgt von den technologischen Entwicklungen und den Möglichkeiten, die sie mit sich bringen. „Trotz der großen Veränderungen und Umbrüche, die wir aktuell nicht zuletzt infolge der jüngsten kriegerischen Konflikte erleben, sehen die Beschäftigten die Situation ihres eigenen Unternehmens und dessen Zukunftsfähigkeit durchaus positiv“, berichtet Johanna Baumgardt vom WIdO. So zeigten zwar 35 Prozent der Befragten ausgeprägte Zukunftsangst bezüglich der gesamtgesellschaftlichen Situation, aber nur 8 Prozent hatten Zukunftsangst in Bezug auf ihren Arbeitgeber. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) bescheinigten ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eine ausgeprägte Zukunftsfähigkeit. „Das ist ein sehr erfreuliches Ergebnis, denn wir haben auch festgestellt, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer positiven Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der Gesundheit seiner Beschäftigten gibt“, berichtet Baumgardt. So fehlten Beschäftigte, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Organisation oder ihres Betriebes positiv bewerten, nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung im Schnitt 11,6 Tage erkrankungsbedingt an ihrem Arbeitsplatz. Bei den Beschäftigten, die die Zukunftsfähigkeit schlechter beurteilen, waren es dagegen durchschnittlich 16,2 Tage. „Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber als weniger gut gewappnet für zukünftige Entwicklungen bewerten, berichten über mehr gesundheitliche Beschwerden, häufigere krankheitsbedingten Fehlzeiten und gehen häufiger krank zur Arbeit“, so Baumgardt.

Historischer Höchststand bei Fehlzeiten im Zuge der Covid-19-Pandemie

Laut Fehlzeiten-Report gab es im vergangenen Jahr einen historischen Höchststand bei den beruflichen Fehlzeiten: Während im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2021 159,7 AU-Fälle je erwerbstätiger 100 AOK-Mitglieder verzeichnet wurden, waren es im Jahr 2022 durchschnittlich 216,6 AU-Fälle. Das ist ein Anstieg um mehr als 30 Prozent, der vor allem durch Atemwegserkrankungen verursacht worden ist. Sie schlugen 2022 mit 86,5 AU-Fällen je 100 Mitglieder zu Buche – im Jahr davor waren es 36,3 Fälle. Somit hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.

Von durchschnittlich 5,4 Prozent in den Jahren 2020 und 2021 stieg die AU-Quote im Jahr 2022 auf 6,7 Prozent. In der ersten Jahreshälfte 2023 gab es ähnlich hohe Werte, die ab April allerdings wieder sanken. „Wie sich die Fehlzeiten im weiteren Jahresverlauf vor dem Hintergrund zunehmender Covid-19-Infektionen und der üblichen, saisonal-bedingten Hochphase von Atemwegserkrankungen entwickeln, bleibt abzuwarten“, erklärt Johanna Baumgardt vom WIdO.

Titelbild: nmann77/fotolia