Anzeige
PA-Therapie: Entscheidend sind Initialtherapie und Nachsorge
Wie könnte die PAR-Versorgung der Zukunft aussehen? Bei der Diskussionsrunde wurden die Karten auf den Tisch gelegt, mit entsprechender Teilnehmerresonanz (von links: Dietmar Oesterreich, Thomas Kocher, Ute Maier, Michael Kleinebrinker, Wolfgang Westerman

Wie könnte die PAR-Versorgung der Zukunft aussehen? Bei der Diskussionsrunde wurden die Karten auf den Tisch gelegt, mit entsprechender Teilnehmerresonanz (von links: Dietmar Oesterreich, Thomas Kocher, Ute Maier, Michael Kleinebrinker, Wolfgang Westerman

Periimplantitis beschleunigt sich nach einer Untersuchung bei 596 Patienten in ihrem Verlauf und beginnt meist innerhalb von drei Jahren nach prothetischer Belastung [1]. Die Vorstellung, dass sich Periimplantitis erst nach vielen Jahren etabliert, trifft demnach nicht zu. Wichtig sei es daher, vorzubeugen und bei Bedarf schnell zu handeln.

Periimplantitis verursacht erhebliche Kosten: Dr. Jan Derks von der Universität Göteborg präsentierte Zahlen aus dem schwedischen Krankenversicherungssystem.

Periimplantitis verursacht erhebliche Kosten: Dr. Jan Derks von der Universität Göteborg präsentierte Zahlen aus dem schwedischen Krankenversicherungssystem.

Parodontitis ist laut Dr. Markus Schlee (Forchheim), frisch gebackener Privatdozent und spezialisiert in Parodontologie und Implantologie, „keine Titanmangel-Erkrankung“. Langfristige Misserfolge von Parodontaltherapie seien vor allem für Molaren und Prämolaren im Oberkiefer zu befürchten, weniger für Unterkiefermolaren [2, 3]. Patienten machten erfahrungsgemäß innerhalb der ersten zehn Jahre ihren Zahnarzt für das Scheitern einer Behandlung verantwortlich.

Zwei Arten Periimplantitis?

Ist der Erfolg regenerativer Maßnahmen fraglich, tendiert Schlee daher dazu, es weiter mit unterstützender Parodontitis-Therapie zu versuchen. In Bezug auf die Frage, wann Implantate die bessere Lösung sind, gebe es kein einfaches Kochbuch. Der Ersatz hoffnungsloser Zähne durch Implantate könne aber Knochen auch bei erhöhtem entzündlichem Risiko erhalten. Dies bedeute für viele Patienten eine signifikant bessere Lebensqualität, zumindest für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren.

Implantat oder PA-Therapie? PD Dr. Markus Schlee aus Forchheim gab literaturbasierte und zugleich praxisorientierte Antworten.

Implantat oder PA-Therapie? PD Dr. Markus Schlee aus Forchheim gab literaturbasierte und zugleich praxisorientierte Antworten.

Für Periimplantitis vermutet er zwei unterschiedliche Ursachen: Einerseits könne ein primäres, individuell erhöhtes Risiko vorliegen, ähnlich wie bei Parodontitis. Bei anderen Patienten seien dagegen sekundäre lokale Faktoren entscheidend, wie zum Beispiel Zementreste, Fehlpositionierungen oder eine hygienisch ungünstige prothetische Gestaltung. Diagnostisch sei Sondierung auf Blutung nicht sicher, es sollte regelmäßig geröntgt werden und mit einer durch den Sulkus geführten Papierspitze lasse sich Entzündung feststellen.

Die am besten geeigneten Nachsorge-Intervalle und Methoden seien aber nicht klar definiert. Vielleicht kann hier die aktuelle S3-Leitlinie weiterhelfen (Anmerkung des Autors). Unabhängig von der Ätiologie müssen nach Schlees Erfahrung betroffene Implantate häufig entfernt werden.

Dr. Stefan Fickl: Aufwändige gesteuerte Geweberegeneration führt nicht immer zum Ziel. Wenn auch Implantate nicht indiziert sind, können semipermanente CAD/CAM-Versorgungen eine Lösung sein.

Dr. Stefan Fickl: Aufwändige gesteuerte Geweberegeneration führt nicht immer zum Ziel. Wenn auch Implantate nicht indiziert sind, können semipermanente CAD/CAM-Versorgungen eine Lösung sein.

PA-Therapie als präimplantologische Maßnahme

Der Würzburger Privatdozent Dr. Stefan Fickl nannte neben Rauchen und Diabetes ein individuell erhöhtes Entzündungspotenzial (10 bis 15 Prozent „Downhill-Patienten“) und Furkationsbeteiligung als Risikofaktoren für regenerative Maßnahmen. Ein bedeutender prognostischer Faktor sei das operative Geschick des Behandlers, was aber auch für implantologische Maßnahmen oder Hemisektionen gelte. Letztere seien technisch sehr anspruchsvoll und nur in der Hand geübter Spezialisten erfolgreich.

Im Gegensatz zu Schlee sieht Fickl eine Parodontitis-Therapie eher als strategische Maßnahme, um eine Implantation herauszuzögern [4]. Zähne helfen nach seiner Überzeugung besser als Implantate, Knochen zu erhalten, sodass eine PA-Therapie als präimplantologische Maßnahme angesehen werden könne. Ausnahme seien aber sehr tiefe, therapieresistente Taschen, bei denen rechtzeitig extrahiert werden müsse. Allerdings ist laut Fickl häufig bereits zu Behandlungsbeginn wenig Knochen vorhanden. Entsprechend sei zum Beispiel bei Furkationsklassen 2 und 3 im Oberkiefer mit oder ohne Parodontitis-Behandlung meist ein Sinuslift notwendig.

Tertium datur

Sind parodontitis-therapeutische Maßnahmen erfolglos und Implantate nicht sinnvoll, gibt es laut Fickl einen dritten Weg. Das sind semipermanente prothetische Versorgungen auf verbliebenen Zähnen, die mithilfe von CAD/CAM relativ preisgünstig hergestellt werden können. Eine Klebebrücke anstelle eines Implantats sei zum Beispiel bereits für 200 bis 250 Euro zu haben: „Sprechen Sie mit Ihrem Zahntechniker“. Eine anderes Konzept, das die Herzen von Implantatherstellern nicht tiefer schlagen lässt, ist die verkürzte Zahnreihe, die nach einer aktuellen Analyse in vielen Fällen ausreichend ist [5].

Fickl betonte in Würzburg, dass Implantationen immer noch eine wichtige Option sind: „Aber wir denken zuvor mehr nach als früher.“ So bevorzuge er bei Patienten mit starkem vertikalem Knochenabbau und ohne erhöhte Entzündungsneigung Implantate gegenüber GTR-Maßnahmen oder Hemi- oder Trisektionen. Eine eindringliche Botschaft richteten die Parodontologen Fickl und Schlee an implantierende Zahnärzte und Chirurgen: Schafft mit Verstibulumplastiken ausreichend fixierte Mukosa, am besten 3 bis 4 Millimeter.

UPT in den Bema?

Vor vollem Saal wurde am zweiten Kongresstag die Frage diskutiert, ob die unterstützende Parodontaltherapie (UPT, Nachsorge) in den Bema gehört. Prof. Thomas Kocher (Greifswald) fasste vor dem Hintergrund der neuen Deutschen Mundgesundheitsstudie den Stand der Dinge zusammen: Demnach verlieren die Deutschen nach wie vor ein Drittel ihrer Zähne durch Parodontitis, mehr als 11 Millionen leiden unter schwerer Erkrankung. Der Anteil an Bema-Leistungen für die Parodontitis betrage aber kammerabhängig nur 10 bis 20 Prozent und Parodontologie sei in der universitären Ausbildung klar unterrepräsentiert.

Für den GKV-Spitzenverband vertrat Dr. Michael Kleinebrinker die Ansicht, dass der geringe PAR-Anteil eher ein psychologisches Problem der Patienten ist. Notwendig sei eine entsprechende Aufklärung über die Medien, wie sie die European Federation of Periodontology initiiert hat. Ob die UPT in den Bema kommt, hänge von der Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ab – und bei positivem Urteil von der Finanzierbarkeit. Kleinebrinkers Behauptung, dass die Relationierung im Bema stimme, relativierte Dr. Ute Maier von der KZV Baden-Württemberg mit dem Hinweis auf fragwürdige Zeitmess-Studien.

Schwierige Rahmenbedingungen

In der angeregten Diskussion beklagten Teilnehmer eine problematische Genehmigungspraxis, unter anderem durch kammerspezifische Besonderheiten (siehe Teil 1 dieses Berichts, Röntgendiagnostik). Ein über Video-Aufzeichnung zugeschalteter Zahnarzt äußerte die Meinung, dass eine finanzielle Beteiligung von ca. 200 Euro für die Initialtherapie (bei unsicherer Erstattung) und 100 bis 120 Euro für eine UPT-Sitzung weniger solvente Patienten von einer Behandlung abhält.

Dr. Wolfgang Westermann: „Patienten sollten sich an Kosten für die Parodontaltherapie beteiligen, bei Zahnersatz funktioniert das ja auch.“

Dr. Wolfgang Westermann: „Patienten sollten sich an Kosten für die Parodontaltherapie beteiligen, bei Zahnersatz funktioniert das ja auch.“
(Foto: accente)

Lesen Sie dazu auch das Interview mit Dr. Westermann.

Dagegen lehnten andere Redner und zwei vom Autor auf der Tagung befragte Teilnehmer erweiterte GKV-Leistungen ab. So betonte der niedergelassene Spezialist Dr. Wolfgang Westermann, dass Patienten eine Eigenverantwortung hätten und sich daher finanziell beteiligen sollten. Das sei zudem sinnvoller, als später Geld für Zahnersatz auszugeben. Probleme sieht Westermann bei den deutschen Rahmenbedingungen für parodontale Therapie (Näheres im Interview).

Mehrere Referenten verwiesen darauf, dass erfolgreiche Parodontitis-Therapie stark von der Qualität der Initialtherapie und Nachsorge abhänge. Nicht direkt angesprochen wurde die schwierige gebührenrechtliche Abgrenzung von supra- und subgingivaler Belagentfernung bei gesunden, parodontal erkrankten und Nachsorgepatienten. Die Befürchtung, dass die lukrative PZR und Begleitleistungen durch eine im Bema integrierte UPT zumindest bei Nachsorgepatienten verloren gehen könnte, dürfte aber viele Praxen beschäftigen (siehe auch dazu das Interview mit Dr. Westermann).