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Präventionsinstitut im Aufbau

Die nachgeordneten Behörden des Bundesministeriums für Gesundheit werden neu geordnet. Dazu wird das Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) aufgebaut, das sich um die Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen (etwa Krebs, Demenz, KHK) kümmern soll. Gleichzeitig wird das Robert-Koch-Institut durch eine Konzentration auf die Abwehr von Infektionskrankheiten gestärkt. Als neuer Präsident des RKI wurde Prof. Dr. Lars Schaade, bisher kommissarischer RKI-Präsident, berufen.

Neues Bundesinstitut: Dr. Johannes Nießen wird Errichtungsbeauftragter

Zum Errichtungsbeauftragten des neuen Bundesinstituts hat Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach den ehemaligen Leiter des Kölner Gesundheitsamts Dr. Johannes Nießen ernannt.
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach: „Deutschland gibt so viel wie kein anderes EU-Land für Gesundheit aus, ist bei der Lebenserwartung aber trotzdem nur Durchschnitt. Es fehlt an wirksamer Vorbeugung, unser System ist zu stark auf Behandlung schon bestehender Krankheit ausgerichtet. Deswegen gehen wir Strukturreformen an, die jahrelang liegengeblieben sind. Deshalb bauen wir zusätzlich ein neues Bundesinstitut auf, das Prävention und Information der Bevölkerung zu Volkskrankheiten verbessert. Gleichzeitig stärken wir das RKI, das sich beim Kampf gegen Infektionskrankheiten bewährt hat und das sich auf diese noch klarer spezialisieren kann. Mit Lars Schaade und Johannes Nießen haben wir zwei ausgewiesene Experten gewinnen können, die diese Vision teilen und die Neuaufstellung vorantreiben.“

    ein Bild, das drei mittelalte, weiße Männer in dunklen Anzügen zeigt, zwei grinsen

    Prof. Dr. Lars Schaade, Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und Dr. Johannes Nießen (von links)

    Verhinderung von Krankheiten im Fokus

    Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM): „Deutschlands Gesundheitsversorgung ist hervorragend, bei der Verhinderung von Krankheiten haben wir aber Nachholbedarf. Deswegen ist es gut, dass wir Prävention, Gesundheitskompetenz, öffentlichen Gesundheitsdienst, Forschung und Kommunikation zu nicht übertragbaren Krankheiten durch den Aufbau eines neuen Bundesinstituts verbessern. Außerdem braucht der öffentliche Gesundheitsdienst einen zentralen Ansprechpartner und Ideengeber auf Bundesebene. Wenn das Bundesin­stitut diese Aufgabe erfüllen kann, ist schon viel gewonnen.“
    Prof. Dr. Lars Schaade, Präsident des RKI: „Durch die Neuordnung wird der Auftrag des Robert-Koch-Instituts klar auf den Bereich der Infektionskrankheiten fokussiert, und sie ermöglicht, die Herausforderungen auf diesem wichtigen Gebiet gestärkt anzugehen. Ich danke Herrn Minister Lauterbach für das entgegengebrachte Vertrauen. Präsident des Robert-Koch-Instituts zu sein ist eine große und verantwortungsvolle Aufgabe, der ich mich sehr gerne und mit ganzer Kraft widmen werde.“

    Hintergrund

    Deutschland gibt so viel wie kein anderes Land in der EU für Gesundheit aus: knapp 5.000 Euro pro Einwohner, das ist 52,9 Prozent mehr als der EU-Durchschnitt (3.159 Euro, OECD). Trotzdem liegt die Lebenserwartung in Deutschland mit 80,8 Jahren nur knapp über dem EU-Durchschnitt (80,1) – im Vergleich zu vielen westeuropäischen Ländern sogar deutlich darunter (Eurostat). Neuere Studien zeigen, dass Deutschland vor der Pandemie die Lücke zu Ländern mit hoher Lebenserwartung in Europa nicht schließen konnte. Als wichtige Ursache wird ein Mangel an wirksamer Prävention angesehen, insbesondere bei den Herz- und Kreislauferkrankungen. Um Prävention, Gesundheitskompetenz, öffentlichen Gesundheitsdienst, Forschung und Kommunikation zu verbessern, soll ein neues Institut für öffentliche Gesundheit gegründet werden. In dieses soll auch – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aufgehen.

    Aufgaben des Instituts

    Das Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) folgt einem umfassenden Ansatz von Gesundheit – weg von der Fokussierung auf ein kuratives Gesundheitssystem hin zu einer sinnvollen Kombination aus Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung. Durch die Stärkung der öffentlichen Gesundheit (Public Health) sollen nicht nur die Lebensqualität der Menschen gesteigert und ihre Lebenserwartung verlängert, sondern auch Kosten im Gesundheits- und Sozial­system reduziert werden. Die hohen Kosten im deutschen Gesundheitssystem gehen auch auf einen Mangel an Primärprävention zurück.
    In Abgrenzung zum RKI soll ein wesentlicher Schwerpunkt des Bundesinstituts auf der Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen liegen. Die Aufgaben im Einzelnen:

    • Auswertung und Erhebung von Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung, um politische und strategische Entscheidungen vorzubereiten und zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen zu evaluieren
    • Gesundheitskommunikation des Bundes auf Basis valider Daten zu Gesundheitsbedingungen, Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten der Bevölkerung
    • übergreifende Vernetzung des öffentlichen Gesundheitsdienstes
    • Vernetzung von Wissenschaft, Praxis, Politik und relevanten Stakeholdern
    • frühzeitige Identifikation gesundheitlicher Bedürfnisse und Bedarfe (Foresight) sowie Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von nicht übertragbaren Krankheiten
    • epidemiologische Forschung auf dem Gebiet der nicht übertragbaren Krankheiten, einschließlich der Erkennung und Bewertung von individuellen Risiken und sozialen Gesundheitsdeterminanten
    • Unterstützung von Studien zur Verbesserung der Primärprävention und Zusammenarbeit mit dem Forschungsdatenzentrum bei der Nutzung von KI für epidemiologische Auswertungen
    • Aufbau eines Centers of Excellence für Modellierer im Gesundheitswesen

    Organisation der Bundesbehörden

    Das Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) wird als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMG errichtet.

    • Die BZgA geht im neuen Bundesinstitut auf, um Gesundheitsanalyse und -kommunikation zu stärken.
    • Das BIPAM wird valide, evidenzbasierte und bevölkerungsbezogene Informationen über die gesundheitliche Lage in Deutschland für Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit ergänzend zu anderen Datenquellen bereitstellen.
    • Das RKI bleibt für den Bereich der übertragbaren Erkrankungen (inklusive Biosicherheit) im Geschäftsbereich des BMG zuständig und wird als internationales Exzellenzzentrum gestärkt.
    • Der Aufbau des BIPAM erfolgt in drei Phasen. Ende 2023 soll der Gesetzgebungsprozess starten (Einleitung Ressortabstimmung; Kabinett Anfang 2024). Ab 2024 folgt die Transformationsphase. Mit Inkrafttreten des Gesetzes 2025 geht die BZgA in das Bundesinstitut über.
    • Den Aufbau des BIPAM wird der bisherige Leiter des Gesundheitsamtes Köln, Dr. Johannes Nießen, als Errichtungsbeauftragter beim BMG vorantreiben.