Laut Mitteilung des Gerichts liegt mit Blick auf die Umkleidezeiten eine gesicherte Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts vor. Demzufolge sind die Zeiten zum An- und Ausziehen von Arbeitskleidung bezahlte Arbeitszeiten, wenn das Umziehen "fremdnützig im Interesse des Arbeitgebers erfolge. Dies setzt laut Gericht auch voraus, dass die Dienstkleidung während der Arbeitszeit aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers und die private Nutzung ausgeschlossen sei.
Geklagt hatte ein Kfz-Mechaniker gegen die Stadtwerke Oberhausen. Nach Ansicht des zuständigen Richters könnte der Mechaniker 375 Euro als Nachzahlung erhalten - das wäre der Lohn für die zehn Minuten, die er täglich für das An- und Ausziehen seiner Arbeitskleidung innerhalb von sieben Monaten benötigt hatte. Eine Nachzahlung wegen einer täglichen zehnminütigen Dusche hat das Gericht allerdings abgelehnt. Hierzu gebe es keine gesicherte Rechtsprechung, so der Vorsitzende Richter.
Arbeitskleidung im Gesundheitswesen
In verschiedenen Branchen wie im Gesundheitswesen ist jedoch auch eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen – etwa weil Schutzkleidung vorgeschrieben ist oder der Arbeitgeber eine bestimmte Dienstkleidung wünscht. Wann das Umziehen als Arbeitszeit gilt, ist je nach Branche unterschiedlich. Regelungen können in Arbeits- und Tarifverträgen getroffen werden. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung hat dazu Urteile zum Thema "Rüst- und Umkleidezeiten" vorgestellt (weitere Informationen auf das.de/rechtsportal).
Krankenschwester: Umkleidezeit bei vorgeschriebener Arbeitskleidung
Eine Münchner Krankenschwester war im OP-Dienst tätig. Sie musste jeden Tag bei Arbeitsbeginn zunächst in einem speziellen Umkleideraum im Tiefparterre des Krankenhauses die vorgeschriebene Dienstkleidung anlegen. Danach musste sie sich in den OP-Bereich begeben, dort sogenannte Bereichskleidung anziehen und sich die Hände desinfizieren. Weder Dienst- noch Bereichskleidung durften mit nach Hause genommen werden. Als Arbeitszeit galt nur die Zeit der eigentlichen Tätigkeit im OP.
Die Krankenschwester klagte nun auf Bezahlung von zweimal 15 Minuten Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeit pro Arbeitstag und berief sich dabei auf eine schon länger zurückliegende betriebliche Praxis. Der Tarifvertrag enthielt keine Regelung für die Umkleidezeiten.
Das Bundesarbeitsgericht hielt fest, dass Arbeit jede Tätigkeit sei, die der Erfüllung eines fremden Bedürfnisses diene. Dazu gehöre auch das Umkleiden, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Berufskleidung vorschreibe und das Umkleiden im Betrieb stattfinden müsse. Dazu komme hier noch, dass das Umkleiden in erster Linie der Hygiene im OP diene und damit dem Interesse des Arbeitgebers. Die Wegezeit zwischen Umkleideraum und Arbeitsstelle sei ebenfalls Arbeitszeit. Die Klägerin habe Anspruch auf Entlohnung für die Umkleide- und Wegezeiten.
Die Pauschalierung dieser Zeiten auf zweimal 15 Minuten sei jedoch vom Arbeitgeber erfolgreich angegriffen worden, so das Bundesarbeitsgericht. Hier müsse die Vorinstanz – gegebenenfalls mithilfe eines Sachverständigen – feststellen, wie viel Arbeitszeit tatsächlich zusätzlich anfalle (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. September 2012, Az.: 5 AZR 678/11).
Einheitliche Firmenkleidung
Wie sieht das aus, wenn der Arbeitgeber eine einheitliche Firmenkleidung vorgibt? In einer Kette von Einrichtungshäusern existierte eine "Staff-Clothing-Order", nach der für das Personal mit Kundenkontakt Kleidung in bestimmten Farben und mit einem bestimmten Schnitt vorgeschrieben war. Dies war durch eine Betriebsvereinbarung abgesichert. Die Arbeitnehmer konnten sich sowohl zu Hause als auch in Umkleideräumen im Betrieb umziehen.
Als die Arbeitgeberin erfuhr, dass einige Arbeitnehmer sich nach Arbeitsende erst nach dem Umkleiden am Zeiterfassungssystem abmeldeten, wurden diese entsprechend ermahnt. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein gerichtliches Feststellungsverfahren ein, um festzuhalten, dass das An- und Ausziehen der Berufskleidung zur Arbeitszeit gehöre. Auch stehe dem Betriebsrat hier ein Mitbestimmungsrecht zu – der Arbeitgeber könne nicht eigenmächtig Beginn und Ende der Arbeitszeit ändern.
Umziehen muss fremdnützig sein
Das Bundesarbeitsgericht erklärt, dass Umkleidezeiten dann zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gehörten, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis diene und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfülle. Das Anziehen vorgeschriebener Dienstkleidung sei dann keine Arbeitszeit, wenn sie auch zu Hause angezogen und – ohne besonders aufzufallen – auch auf dem Weg zur Arbeit getragen werden könne.
Die Firmenkleidung sei hier blau und hellgelb und weise große Firmenlogos an verschiedenen Stellen auf. Von unauffälliger Kleidung könne somit keine Rede sein. Das Tragen sowie das An- und Ausziehen der Kleidung sei rein fremdnützig. Das Umkleiden im Betrieb zähle zur Arbeitszeit. Mit der Anweisung, sich außerhalb der registrierten Anwesenheitszeit umzuziehen, habe der Arbeitgeber eigenmächtig Beginn und Ende der Arbeitszeit geändert. Eine solche Änderung sei mitbestimmungspflichtig (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10. November 2009, Az.: 1 ABR 54/08).