Vieraugengespräche mit den Mitarbeitern gehören zum klassischen Führungsjob dazu. Sprechstundenhilfen, Assistenten und Kollegen sehen das zwar als lästige Pflicht; allerdings steigert die Aufmerksamkeit des Chefs nachweislich die Mitarbeiterzufriedenheit. Voraussetzung: Das Gespräch ist konstruktiv und beide Seiten werden gehört. Gerade im hektischen Praxisalltag bleibt für Feedback wenig Zeit. Der Patient und seine Bedürfnisse gehen schließlich vor.
Gespräche gut vorbereiten
„Ein ausführliches Gespräch im Jahr zwischen Vorgesetztem und Angestellten sollte aber sein“, rät Rhetoriktrainer Peter Flume. Wenn aktuelle Veränderungen anstehen oder ein rascher Austausch gefragt ist, dann häufiger. Im Zusammentreffen sollte man genug Zeit mitbringen, mindestens eine Stunde, gerne mehr. Hier sollten sich die Hierarchiestufen austauschen und ein persönliches Feedback geben. „Vorbereitung ist alles“, sagt Flume. Am besten hat sich die Führungskraft schon über das Jahr hinweg Notizen gemacht. Sonst läuft man Gefahr, vor allem die letzten Wochen zu beurteilen und nicht die vergangenen zwölf Monate. Auch der Mitarbeiter sollte sich Gedanken gemacht haben: Welche Entwicklungspotenziale sieht er bei sich selbst? In welche Richtung würde er sich gerne weiterbilden? Wie klappt die Zusammenarbeit im Team? Was könnte bei den Prozessen verbessert werden? Nicht zuletzt sollten Angestellte bei dieser Gelegenheit auch ihre Führungskräfte bewerten.
Ein einfach strukturierter Leistungsbeurteilungsbogen hilft, dem Gespräch eine Struktur zu geben. Dort gibt es Punkte wie Fachkenntnis, Weiterbildung, Einsatzbereitschaft oder Freundlichkeit. Mitarbeiter und Führungskraft füllen das Blatt anhand der Noten 1 bis 5 unabhängig voneinander aus. Eigen- und Fremdbild sind dann die Grundlage für das jährliche Gespräch, in dem die Leistung beurteilt, die berufliche und persönliche Entwicklung besprochen sowie eine gezielte Weiterbildung geplant werden.
Plattformen schaffen
Michael Sudahl von der Agentur Der Lebensberater sieht die Aufgabe des Chefs vor allem im Zuhören und im Schaffen idealer Arbeitsbedingungen. Sein Ansatz ist, das Wertesystem in den Praxen neu zu definieren. Dazu sollten Zahnärzte Plattformen schaffen, auf denen ZFAs offen und angstfrei reden können, rät der Coach. Das könne ein wöchentliches Meeting sein, in dem Mängel auf den Tisch kommen. Die Aufgabe des Chefs sei es, diesen Zuhör-Rahmen zu schaffen, die Grundbedürfnisse seiner Mitarbeiter wahrzunehmen und diese zu erfüllen. „Manchmal geht es um einfache Dinge, wie eine Mitsprache und die Verbindlichkeit des Dienstplans oder ein günstiges und gesundes Mittagessen“, verdeutlicht Sudahl. Gibt es diese Plattformen, hat das Auswirkungen: Wer gehört wird, dessen Motivation steigt nachweislich, weil Zuhören Wertschätzung ist. Die jährliche „Pflichtstunde“ könne getrost ausfallen, wenn sonst genug Gesprächsraum vorhanden ist.
Anscheinend ist das bei den meisten Mitarbeitern nicht der Fall. Denn laut einer Studie der Personalberatung Rochus Mummert bekommen nur etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer überhaupt eine Chance, sich zu äußern. Dabei steigern konstruktive Meetings die Arbeitszufriedenheit. Das wies eine groß angelegte Studie der Uni Köln zum Personalmanagement in Deutschland nach. Die Erklärung: Vorgesetzte vermeiden oder vergessen Feedback im Alltag häufig. Beim turnusmäßigen Treffen sind sie gezwungen, sich für ihre Leute Zeit zu nehmen, und sie und wertschätzen sie mit dieser Zeitinvestition. In diesen Situationen gibt es Gelegenheit für Gespräche, die im täglichen Geschäft zu kurz kommen.
Sollte neben den Jahresgesprächen weiterer Austausch nötig sein, rät Rhetorikexperte Flume aus Nürtingen dazu, zeitnah einen kurzen Termin anzuberaumen. Etwa, wenn im Tagesgeschäft etwas schiefgelaufen ist. Nach dem Warm-up – zwei, drei Sätzen Small Talk – sollte es ein klares Ziel geben: „Ich möchte mit Ihnen Maßnahmen erarbeiten, um solche Situationen beim Patienten in Zukunft zu vermeiden.“
Ich-Botschaften formulieren
„Machen Sie Ihre Meinung deutlich, aber schildern Sie Ihre Eindrücke an konkreten Beispielen“, rät Flume. Sachliche Argumente sollten im Vordergrund stehen, Emotionen müssen draußen bleiben. Im Gespräch sind Ich-Botschaften nach folgendem Prinzip wichtig:
- „Mein Eindruck war, dass Sie an diesem Tag schlecht vorbereitet waren.“
- „Ich habe beobachtet, dass Ihre Doku nicht auf dem aktuellen Stand war.“
Der Angestellte sollte die Gelegenheit bekommen, seine Wahrnehmung der Situation zu schildern. „Stellen Sie Fragen, wie er die Begebenheit empfunden hat“, weiß der Rhetoriker. Chefs sollten zuhören, aber hart bleiben. Flume: „Formulieren Sie eine klare Forderung, wie und bis wann Sie eine Verbesserung erwarten. Oder lassen Sie Ihren Mitarbeiter vorschlagen, wie er solche Vorkommnisse in Zukunft verhindert.“
Wenn Abstimmungsprobleme auftauchen, Schichtwechsel floppen oder Zahlen nicht stimmen, kann es auch an der Führungskraft liegen. „Reflektieren Sie, ob der Mitarbeiter überhaupt die Chance hatte, alles richtig zu machen. Und geben Sie ihm klare Anweisungen für die Zukunft“, rät der Trainer.