In unserer Rubrik Hausbesuch stellen wir junge Zahnärztinnen und Zahnärzte vor, die ihren Beruf mit viel Herz und Verstand ausüben. Dazu zählen alle, die eine Praxis gegründet oder übernommen haben, als angestellte Zahnärzte in Praxen arbeiten oder in Unikliniken tätig sind. Diesmal sind wir zu Gast bei Dr. Natalie Hülsmann-Petry. Sie hat sich zum 1. März 2017 in ihrer Heimatstadt Neuss niedergelassen – in einer modernen, lichtdurchfluteten Praxis. Ihr Schwerpunkt ist die Implantologie.
Frau Dr. Hülsmann-Petry, warum wollten Sie Zahnärztin werden?
Dr. Natalie Hülsmann-Petry: Eigentlich wollte ich in die Fußstapfen meines Vaters treten, der Orthopäde ist. Weil ich schon als Kind gerne filigran gebastelt und gearbeitet habe, sagte er aber immer, ich soll lieber Zahnärztin werden. Nach dem Abitur habe ich mich für einen Studienplatz in der Humanmedizin beworben, parallel für die Zahnmedizin. Die Zusage für die Zahnmedizin bekam ich direkt. Als ich nach einem Jahr dann doch die Möglichkeit hatte, zur Medizin zu wechseln, wollte ich es gar nicht mehr.
Sie sind Implantologin und Expertin für Laserfachkunde. Was fasziniert Sie an diesem Bereich?
NHP: Die Chirurgie fand ich schon immer spannend. Ich muss sagen, als Assistenzzahnärztin hatte ich wirklich Glück mit meinem Chef, der hat mich gefördert und einfach machen lassen. Die Laserfachkunde sehe ich eher als begleitendes Beiwerk. Nach Operationen nutze ich den Laser zur Wundheilung, manchmal auch, um Wucherungen wegzunehmen. Praktisch ist es auch, um das Lippenbändchen bei Kindern zu kürzen.
Als Implantologin sind Sie eine erfolgreiche Frau in einer Männerdomäne. Gibt es da manchmal Probleme?
NHP: Also, mit den Kollegen jedenfalls nicht. Mit den Patienten ist es allerdings manchmal kurios. Als ich noch Assistenzzahnärztin war, sogar anfangs in meiner eigenen Praxis, kam schon mal die Frage: „Wann kommt der Chef?“ Ich habe dann einfach geantwortet: „Ich bin doch schon da.“ Als junge Frau war mir deshalb wichtig, schnell meinen Doktortitel zu machen.
Was die Implantologie betrifft: Bei den Fortbildungen gibt es zwar mehr Männer, aber auch das ändert sich. Dass immer mehr Frauen Zahnärztinnen werden, liegt, glaube ich, an unserem NC-gesteuerten Studienkonzept. Die Mädels machen oft ein besseres Abi und haben dadurch eher die Chance, einen Studienplatz zu bekommen. Ich kenne aber viele Männer, die auch gern Zahnmedizin studieren wollen und das über einen Umweg auch schaffen.
Sie behandeln Kinder, Erwachsene, aber auch Angstpatienten. Was ist dabei die größte Herausforderung?
NHP: Das kann ich so eigentlich gar nicht sagen. Ich wollte auf jeden Fall eine Praxis eröffnen, in die Familien kommen können, also Eltern und Kinder. Das kenne ich so aus der Praxis meines Vaters, und ich fand es immer schön zu sehen, wie die Kinder langsam groß werden. Mit Angstpatienten hatte ich schon als Assistenzzahnärztin zu tun. Das sind Patienten, die auf lange Sicht am dankbarsten und treuesten sind. Klar, muss man anfangs viel Zeit investieren, aber sobald das Vertrauen da ist, läuft es.
Ist der Schritt in die Selbstständigkeit für eine Frau schwieriger?
NHP: Also, ich habe es jedenfalls nicht so empfunden, wobei ich keine Kinder habe. Allerdings musste ich meinen Praxisberater wechseln. Bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er mich und meine Wünsche nicht ernst nimmt. Er fragte beispielsweise, ob ich mich wirklich schon niederlassen will, es könnte doch sein, dass ich einen Mann in München kennenlerne und dann dort hinziehen möchte. Ob ich nicht doch lieber in eine große Praxis einsteigen will? Aber dafür bin ich nicht der Typ. Ich wollte mein eigenes Ding machen, und als ich den Standort meiner Praxis gefunden hatte, war ich begeistert. Also habe ich mich von meinem Berater getrennt. Ein guter Freund hat mir dann Dirk Schulz empfohlen, der mich so beraten hat, wie ich es brauchte. Da hat alles gepasst.
Ihre Praxis hat fünf Räume auf insgesamt 220 Quadratmetern. Wie werden sie genutzt?
NHP: Ein Raum ist für die Prophylaxe vorgesehen, die anderen vier für Behandlungen. Irgendwann einmal möchte ich gern zwei Prophylaxe- und drei Behandlungsräume haben, um in Schichten arbeiten zu können. Aber so weit sind wir noch nicht. Seit Juli 2018 habe ich einen Assistenzarzt, der frisch von der Uni kommt. Wo er seinen Schwerpunkt setzen möchte, steht noch nicht fest. An festen Tagen kommt außerdem noch mein Mann in meine Praxis. Er kümmert sich um die CEREC-Versorgung. Komplizierte Frontzahnversorgungen sind da sein Steckenpferd.
Sie hatten bei Ihrer Niederlassung die Möglichkeit, Ihre Praxis brandneu einzurichten. Worauf haben Sie geachtet? Und was war Ihnen wichtig?
NHP: Mir war eigentlich schon immer klar, dass die Farbgebung rot und grau sein sollte. Ich wollte keine sterile, weiße Praxis. Der Röntgenraum mit DVT hat seinen Platz zentral in der Mitte, ist also von jedem Zimmer aus gut zu erreichen. Ganz hinten ist der Privatraum, das finde ich optimal. Gründern kann ich nur raten, sich das Depot genau auszusuchen. Ich habe mehrere Angebote eingeholt und mich schließlich für SHR entschieden. Das ist ein kleines Depot, bei dem ich die persönliche Beratung und Erreichbarkeit sehr schätze.
In diesem Jahr haben Sie sich für den Gründer- und Mutmachpreis LUXX der DZW beworben und wurden von der Jury ausgewählt. Wie empfanden Sie den Wettbewerb?
NHP: Das war alles sehr spannend. Wir haben im Wartezimmer die DZW mit dem Artikel über mich ausgelegt und unsere Patienten angeregt, für uns abzustimmen. Viele haben richtig mitgefiebert. Es kamen viele positive Rückmeldungen, auch zu meiner Lebensgeschichte. Ich bekam sogar eine Bewerbung von einer Zahnärztin, weil sie gelesen hatte, dass ich jemanden suche. Es war wirklich eine schöne, aufregende Zeit.
Wer auf Ihre Website geht, sieht, dass Ihr Praxismarketing aus einem Guss ist. Wer hat Sie beraten?
NHP: Über meinen alten Chef habe ich Jan Worlitz von Medical Instinct kennengelernt. Ich fand immer gut, was er gemacht hat, und auch meine Corporate Identity hat er so umgesetzt, wie ich es wollte. Dass meine Praxis Novesiadent – was lateinisch Neuss bedeutet – heißt, hat den Hintergrund, dass ich nicht mit meinem Namen im Vordergrund stehen wollte; meine Praxis hat das Potenzial, mit mehreren Ärzten groß zu werden.
Welchen Stellenwert hat Ihr Team für Sie?
NHP: Einen sehr großen. Ohne das Team funktioniert es nicht. Und ich bin froh, dass ich Mitarbeiterinnen habe, die voll mitziehen und hinter der Praxis stehen. Klar gab es anfangs Wechsel, und ich hatte auch den Klassiker, dass eine Mitarbeiterin nach drei Tagen aufgehört hat, weil sie schwanger geworden ist. Trotzdem: Ich habe ein riesen Glück, denn wie die meisten Kollegen wissen, ist es nicht leicht, qualifizierte Helferinnen zu finden.
Ihre Praxis ist fünf Minuten von Ihrem Elternhaus entfernt. Welche Rolle spielt die Familie in Ihrem Leben? Ihren Mann habe Sie ja auch über den Beruf kennengelernt?
NHP: Meine Familie spielt eine sehr große Rolle in meinem Leben. Ich war zehn Jahre in Hannover, habe dort meine Assistenzzeit gemacht, aber dann doch gemerkt, dass ich wieder in die Heimat möchte. Ich bin zwar in Düsseldorf geboren, aber in Neuss groß geworden. Ich bin hier fest verwurzelt, und gerade in der Startzeit meiner Niederlassung hat es geholfen, dass die Patienten den Namen meines Vaters schon kannten. Meinen Mann habe ich bei einer Fortbildung kennengelernt – und zwar am gleichen Tag, an dem ich die Zusage für meine Praxis bekam.
Kurze Vita
Dr. Natalie Hülsmann-Petry
Geboren: 20. 01. 1986 in Düsseldorf
Assistenzzeit: In Hannover von 2012 bis 2014 bei Dr. Klaus Lotzkat. Bis 2016 ebenfalls dort als angestellte Zahnärztin
Hobbys: Reiten, reisen und kochen
Motto: Et kütt wie et kütt und: Et hätt noch immer jot jejange.
Praxisporträt
Art der Praxis: Einzelpraxis mit einem angestellten Assistenzzahnarzt
Größe: 220 Quadratmeter, 4 Behandlungszimmer, 1 Prophylaxeraum
Standort: Neuss-Reuschenberg
Zahl der Angestellten: acht (eine ZFA in Ausbildung, eine ZFA, eine ZMV, fünf ZMF)
Website: novesiadent.de
Sind Sie ein LUXXter?
Dieses Jahr verleihen wir zum vierten Mal den LUXX Award. Für den Gründer- und Mutmachpreis können sich junge Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner wegen der IDS diesmal bis zum 31. März 2019 auf www.luxxaward.de bewerben.