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Zähneknirschen ist keine Krankheit

zähneknirschen

Die DGFDT und die DGZMK präsentieren eine neue S3-Leitlinie und Patienteninformation zum Bruxismus.

Die Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) präsentieren eine neue S3-Leitlinie und Patienteninformation zum Bruxismus.

Jeder fünfte Deutsche ist ein Bruxer. Die gute Nachricht: „Das Zähneknirschen selbst wird nicht als Krankheit angesehen, es kann jedoch ernsthafte Folgen für die Gesundheit der Zähne, Kaumuskulatur und Kiefergelenke haben“, so DGFDT-Präsidentin Prof. Dr. Ingrid Peroz (Charité) anlässlich der Vorstellung der ersten deutschen Leitlinie zum Bruxismus vergangenen Donnerstag in Berlin. Erarbeitet wurde die S3-Leitlinie von DGFDT, DGZMK sowie 30 involvierten Fachgesellschaften und Institutionen.

Eine Erkenntnis: Neben Schäden an der Zahnhartsubstanz oder Funktionsstörungen im Kauorgan kann Bruxismus auch eine schützende Funktionen für die Gesundheit haben. Unterschieden wird einerseits zwischen rhythmisch verlaufendem (phasischem) und einem über einen gewissen Zeitraum andauernden (tonischen) Bruxismus und andererseits dem (häufigeren) Wachbruxismus und dem Schlafbruxismus. Er kann bereits mit dem Durchbruch der ersten Zähne beginnen, tritt am häufigsten im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt auf und nimmt mit zunehmendem Alter eher ab. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Ursachen nicht eindeutig identifiziert

Die Ursachen für Bruxismus sind nicht eindeutig identifiziert, hieß es in Berlin. Während früher fehlerhafte Zahnkontakte als Auslöser im Verdacht standen, stehen heute zentrale Faktoren wie emotionaler Stress, Angststörungen, Schlafstörungen, Reflux, Nikotin-, Alkohol-, Koffein- und Drogenkonsum, Nebenwirkungen von Medikamenten oder genetische Faktoren im Vordergrund. Wachbruxismus scheint eher psychologisch bedingt (emotionaler Stress und andere emotionale Faktoren), während Schlafbruxismus eher als zentralnervöse Störung angesehen wird. Es wird diskutiert, dass Bruxismus eine stressabbauende Funktion hat – eine mögliche Erklärung für eine physiologische Funktion des Bruxismus in Zusammenhang mit Stress.

Gelegentliche Muskelaktivitäten sind ein völlig harmloses Verhalten, dessen sich Patienten gar nicht bewusst sind. Auch Redewendungen wie „die Zähne zusammenbeißen“, „sich in ein Problem verbeißen“, „zerknirscht sein“ weisen auf Bruxismus hin. Er kann auch protektive Auswirkungen auf die Gesundheit haben, etwa in Verbindung mit schlafbezogenen Atmungsstörungen wie Schlafapnoe, wobei die Muskelanspannungen die oberen Atemwege offenhalten. Bei Sodbrennen (Reflux) bewirkt Bruxismus eine vermehrte Speichelproduktion und damit eine Reduktion der Säurewirkung.

Bruxismus ist ein Risiko für das Entstehen von Beschwerden und/oder Funktionsstörungen an den Zähnen, der Kaumuskulatur oder den Kiefergelenken (CMD). Durch Überbelastung der Zähne und Abrieb von Zahnsubstanz werden die Zähne überempfindlich, die Kaumuskulatur kann mit Muskelbeschwerden reagieren, wobei die Regionen der Wange und der Schläfe am häufigsten betroffen sind. Gerade weniger starken Muskelanspannungen führen zu schmerzhaften Muskelreaktionen oder morgendlicher Muskelsteifigkeit.

Die Anspannung der Kaumuskulatur kann auch zu einer Überlastung der Kiefergelenke führen. Symptome sind Schmerzen im Bereich der Kiefergelenke etwa beim Kauen harter Speisen, bei weiter Kieferöffnung oder bei Seitwärtsbewegungen des Unterkiefers. Kiefergelenkgeräusche oder blockierte Kiefergelenke sind ebenfalls häufiger mit Bruxismus verknuüpft.

Schon ein kurzes Screening kann Anzeichen für Bruxismus aufdecken. Hinweise liefern auch Berichte von Patienten, die von ihrer Familie oder ihrem Partner auf Knirschgeräusche im Schlaf aufmerksam gemacht werden oder nachts mit zusammengebissenen Zähnen erwachen. Typische Schäden und Abnutzungserscheinungen an den Zähnen, Schmerzen in der Kaumuskulatur und Probleme bei der Mundöffnung oder im Tagesverlauf auftretende Überempfindlichkeiten der Zähne ergänzen das Bild. Die klinische Untersuchung beginnt mit der Beurteilung der Kaumuskulatur. Es folgt eine Bestandsaufnahme der Schäden an der Zahnhartsubstanz und die Bewertung des Zahnabnutzungsgrads.

Schutz der Zähne vorrangig

Da derzeit noch keine Therapie zur Heilung oder zur Beseitigung von Bruxismus existiert, zielt die Behandlung vor allem auf den Schutz von Zähnen und Restaurationen, die Reduktion der Bruxismusaktivität und die Linderung von Schmerzen ab. Interventionsmaßnahmen können Aufklärung/Beratung, Schienen, Verhaltenstherapie und Biofeedback sein. Botulinumtoxininjektionen können erwogen werden. Bruxismus gilt als eine Ursache für die übermäßige Abnutzung der Zähne. Ob und wann eine zahnärztliche Intervention eingeleitet werden muss, hängt neben dem Grad der Abnutzung und der Anzahl betroffener Zähne auch vom Alter der Patienten, der Abnutzungsgeschwindigkeit und der Art der auslösenden Faktoren ab.

Hier finden Sie das vollständige Leitlinien-Dokument. Eine Zusammenfassung für Patienten gibt es hier kostenfrei.