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Praxislabor – ein Modell mit Zukunft?
Zahntechniker bei der Arbeit

Die Bestrebungen der Dentalindustrie, Zahnärzten im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung die Fertigung von Zahnersatz chairside oder im Praxislabor schmackhaft zu machen, bestärken die kritische Einstellung bei den gewerblichen Betrieben weiter.

In letzter Zeit schien es jedoch ruhiger um das Thema geworden zu sein, zumal die Zahl der Praxislabore ohne und mit Zahntechniker relativ konstant beziehungsweise leicht rückläufig ist. 2015 waren laut VDZI in 8.328 zahntechnischen Betrieben 65.663 Zahntechniker und zahntechnische Hilfskräfte beschäftigt – damit kommt auf jeden Vertragszahnarzt (Mitte 2015 waren es laut KZBV-Jahrbuch 2015 61.657) mehr als ein Zahntechniker im gewerblichen Labor.

Juristisches Gutachten in Auftrag gegeben

Jetzt hat der Arbeitgeberverband Zahntechnik (AVZ), angeführt vom umtriebigen Zahntechnikermeister Manfred Heckens (zugleich Obermeister der Zahntechnikerinnung Rheinland-Pfalz, die dem VDZI schon lange nicht mehr angehört), ein juristisches Gutachten zum Praxislabor beauftragt und dieses an Bundestagsabgeordnete weitergegeben.

Dieses Gutachten legt im Schluss seiner sehr akribischen, umfangreichen, ja mitunter fast spitzfindigen Betrachtungen nahe, dass das Praxislabor in den von der Zahnärzteschaft mit Verweis auf Approbationsordnung, Berufsordnung und Rechtsprechung für legitim erklärten Formen eigentlich nicht mehr tragbar ist. Begründet wird das unter anderem mit dem Patientenwohl und den berechtigten Interessen der Patienten an einer auch wirtschaftlich unabhängigen Auswahl eines qualitätsgesicherten Labors, wenn es um Zahnersatz geht. Aus Sicht der Gutachter müsste das Praxislabor, soweit es über einen reinen Hilfsbetrieb hinausgeht, der Handwerksordnung und damit dem Meisterzwang unterliegen.

Marion Marschall

Gutachter sehen Verletzung des Wettbewerbsrecht

Zudem sehen die Gutachter Verletzungen des Wettbewerbsrechts durch das Praxislabor, da es eben nicht dem Meisterzwang unterliegt und damit der Handwerksbetrieb Dentallabor benachteiligt wird. Schon jetzt herrscht unter den gewerblichen Laboren selbst ein starker Wettbewerb – nicht zuletzt, wenn man berücksichtigt, dass der Anteil der Fertigung und Wertschöpfung bei Zahnersatz im gewerblichen und im Praxislabor zusammen schon 2013/14 in Deutschland unter 50 Prozent an der ZE-Gesamtfertigung/Wertschöpfung lag. Die andere Hälfte liegt längst bei Fräs- und Fertigungszentren oder Auslandsfertigung (Zahlen aus der DZW Bonner Runde).

Kleine Labore: Anschluss verloren?

Gerade viele kleine Labore kämpfen zudem mit der immer rascher fortschreitenden Digitalisierung der Fertigungsprozesse, die eigentlich ständige Investitionen und Re-Investitionen erfordert. Ein Ganzteil der Labore hat hier den Anschluss wohl schon verloren.

Diesem Druck aus technischer Entwicklung und notwendigen Investitionen durch die fortschreitende Digitalisierung können sich die Praxislabore ebenfalls auf Dauer nicht entziehen. Ganz abgesehen davon, dass ein Praxislabor mit Technikern zusätzlich zur eigenen Praxis unternehmerisch geführt werden muss – und ebenso wie in der Praxis immer mehr bürokratischen Auflagen zu erfüllen sind. Das Anti-Korruptionsgesetz bringt viele Zahnärzte dazu, ihre Praxislabor-Modelle kritisch unter die Lupe zu nehmen.

„Kampf gegen das Praxislabor“ könnte nur Nebenschauplatz sein

Kurz: Die Welt der Zahntechnik, der gewerblichen Labore und der Praxislabore, verändert sich weiter rasch und gravierend. Das wird auf die Erfolgschancen gewerblicher Labore mehr Einfluss haben als die Frage, ob das Betreiben eines Praxislabors in der Konsequenz aus einem solchen Gutachten eventuell erschwert wird. Der Kampf gegen das Praxislabor könnte sich als Nebenschauplatz erweisen.