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Amalgamverbot – alternative Füllungswerkstoffe

DGZMK und der DGZ zum EU-Ausstieg am 1. Januar 2025

Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund – und Kieferheilkunde (DGZMK) und die Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) sehen das vom EU-Parlament und Rat beschlossene Amalgamverbot ab dem 1. Januar 2025 aufgrund seiner Kurzfristigkeit mit Sorge. Zwar ist das mit dem Verbot verfolgte Ziel, der in der Minimata-Konvention festgeschriebene Ausstieg aus der Quecksilberproduktion und -verarbeitung aus Umweltschutzgründen durchaus nachvollziehbar und begrüßenswert. Dennoch wirft der kurzfristige Ausstieg aufgrund aktuell fehlender Regelungen zu alternativen Restaurationsmaterialien viele Fragen auf.

Dentalamalgame und Alternativen

Dentalamalgame sind nicht nur eine sehr weitverbreitete, langlebige und gut untersuchte zahnärztliche Werkstoffgruppe mit karieshemmenden Eigenschaften. Aufgrund ihrer einfachen Anwendung und Fehlertoleranz können Amalgame schnell und zu vergleichsweise niedrigen Kosten verarbeitet werden. Daher wird die Anfertigung von Amalgamfüllungen bis heute in Deutschland als Standardversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Zwar ist die Verwendung von Amalgam in den letzten Jahrzehnten rückläufig, da viele Patienten zahnfarbene Restaurationen, zum Beispiel aus dentalen Komposit-Kunststoffen, bevorzugen. Die Verarbeitung letzterer ist jedoch deutlich aufwändiger, sodass die Patienten den zusätzlichen Aufwand in der Regel selbst tragen müssen. Daher sind Restaurationen aus Dentalamalgamen heute insbesondere bei Patienten mit hohem Kariesrisiko für Kavitäten aller Größen im kaulasttragenden Bereich noch immer eine weit verbreitete Versorgungsform. Mit dem Verbot von Dentalamalgamen in der EU ab dem 1. Januar 2025 stellt sich die Frage nach alternativen Restaurationsmaterialien, insbesondere für diese Indikationsbereiche.

Heute stehen in der Zahnmedizin eine Reihe von alternativen Füllungswerkstoffen zur Verfügung, die verschiedene Vor- und Nachteile haben und daher in unterschiedlichen Indikationen eingesetzt werden. Hierzu zählen neben den bereits erwähnten Komposit-Kunststoffen die (kunststoffmodifizierten) Glasionomerzemente, Kompomere oder selbstadhäsiven Komposit-Hybride. Während jede dieser Materialklassen spezifische Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile aufweist, ist allen gemeinsam, dass keine dieser Materialen allein einen echten Amalgamersatz darstellt. Vielmehr muss je nach Indikation entschieden werden, welches Material jeweils am ehesten den individuellen Anforderungen entspricht.

Dentalkomposite

Dentale Komposit-Kunststoffe oder Dentalkomposite bestehen aus Füllkörpern, einer Kunststoff-Matrix sowie Silanen und werden durch Anmischen und/oder durch eine Lichtreaktion zum Aushärten gebracht. Da Dental-Komposite während ihrer Aushärtung schrumpfen, müssen sie in der Regel schichtweise aufgetragen werden und benötigen spezielle Haftvermittler, Adhäsivsysteme, die eine Haftung der Komposite an den Zahnhartsubstanzen ermöglichen. Die Anwendung von Adhäsivsystemen ist im Vergleich zu der Verbreitung von Amalgamen deutlich aufwändiger und fehleranfälliger. So können bereits leichte Verunreinigungen durch Speichel oder Blut zu einem Versagen der Haftung und damit der Restauration führen. Dentalkomposite haben ausgehärtet hervorragende Materialeigenschaften und können im kaulasttragenden Bereich bei Kavitäten aller Größen eingesetzt werden. Zudem sind mit ihnen hochpolierbare zahnfarbene Restaurationen im Front- wie im Seitenzahngebiet möglich.

Bulk-Fill-Komposite

Eine Unterklasse der Dentalkomposite sind die „Bulk-Fill-Komposite“. Diese Materialen zeichnen sich durch besondere Füllstoffe und Photoinitiatoren aus, die es erlauben, die Materialen auch in größeren Schichtstärken anzuwenden. Hierdurch kann auf eine Schichtung verzichten werden oder zumindest die Anzahl der Schichten deutlich reduziert werden, was den Arbeitsaufwand bei der Füllungslegung etwas verringert. Dennoch werden auch bei Bulk-Fill-Kompositen Haftvermittler benötigt und die Verarbeitung ist daher ähnlich techniksensibel, wie bei herkömmlichen Dental-Kompositen.

Glasionomerzemente

Glasionomerzemente (GIZ) werden aus speziellen Glas-Pulvern und einer Flüssigkeit, die Polyalkensäuren enthält, zusammengemischt und binden durch eine Säure-Base-Reaktion ab. Der große Vorteil von Glasionomerzementen gegenüber Kompositen besteht darin, dass sie direkt durch chemische Bindungen an den Zahnhartsubstanzen haften und nicht auf separate Haftvermittler (Adhäsive) angewiesen sind. Das macht ihre Anwendung deutlich einfacher und schneller. Auch ist keine Schichtung notwendig. Glasionomerzemente können im begrenzten Umfang Fluoride speichern und abgeben. Nachteilig gegenüber Kompositen ist, dass Glasionomerzemente weniger abrasionsstabil sind und schlechter poliert werden können, als Komposite und bei großen kaulasttragenden Restaurationen eine höhere Frakturanfälligkeit zeigen. Daher sind Glasionomerzemente vor allem bei kleinen bis mittelgroßen kautragenden Kavitäten (Klassen I und II), sowie im Zahnhalsbereich (Klasse V) indiziert.

Kunststoffmodifizierte Glasionomerzemente enthalten neben den Bestandteilen herkömmlicher GIZ zusätzliche Kunststoffmonomere. Hierdurch können die mechanischen und ästhetischen Eigenschaften gegenüber konventionellen GIZ verbessert werden, während man auch hier keine Haftvermittler benötigt.

Kompomere

Auch Kompomere enthalten sowohl Bestandteile von Glasionomerzementen als auch von Kompositen, um die positiven Eigenschaften beider Materialklassen zu kombinieren und sind besonders in der Kinderzahnheilkunde verbreitet. Dennoch sind Kompomere auf die Verwendung von Haftvermittlern angewiesen.

Selbstadhäsive Komposit-Hybrid-Kunststoffe

Selbstadhäsive Komposit-Hybrid-Kunststoffe sind Komposite, die spezielle funktionelle Monomere enthalten, die eine direkte chemische Bindung zu den Zahnhartsubstanzen herstellen sollen. Im Vergleich mit herkömmlichen Haftvermittlern zeigen selbstadhäsive Komposit-Hybride deutlich geringere Haftwerte an den Zahnhartsubstanzen. Allerdings quellen die Materialien aufgrund ihrer hydrophilen Bestanteile durch Wassereinlagerung etwas, wodurch dieser Nachteil partiell ausgeglichen wird. Da selbstadhäsive Komposit-Hybride verhältnismäßig neue Restaurationsmaterialien sind, fehlen hierfür bisher noch ausreichende klinische Langzeituntersuchungen.

Fazit

Dentalamalgame sind bis heute das von den gesetzlichen Krankenkassen übernommene Standard-Füllungsmaterial im Seitenzahnbereich. Bisher steht in der Zahnmedizin kein alternatives Füllungsmaterial zur Verfügung, welches einen vollständigen Ersatz für Dentalamalgame darstellt, da entweder die Verarbeitung deutlich aufwändiger und fehleranfälliger ist (etwa Komposite) oder der Indikationsbereich eingeschränkter ist (etwa Glasionomerzemente, Komposit-Hybride). Daher müssen zeitnah Regelungen geschaffen werden, welche Materialien in welchen Indikationen ab 2025 als Amalgam-Ersatz von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Hierbei sollte auch zukünftig die Wahlfreiheit für eine patientenorientierte und indikationsgerechte Verwendung der jeweils am besten geeigneten und vom Patienten gewünschten Materialien bestehen.