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Buhmann oder Augenöffner?

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Die Zahnärzteschaft ist, was die mediale Berichterstattung zum Beispiel in den ­öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten angeht, nicht gerade verwöhnt. Man kann schon beinahe die Uhr danach stellen, dass es demnächst wieder so weit ist und eines der einschlägigen Formate sich der Berufsgruppe Zahnärzte – verbunden mit Sinn oder Unsinn einzelner zahnmedizi­nischer Behandlungen – annimmt.

Neben der Sinnhaftigkeit steht immer auch das Thema Kosten auf Patientenseite und Verdienst der Zahnärzte auf der anderen Seite im Fokus. Beides zusammen­genommen sorgt dann regelmäßig für Empörung unter den Zuschauern. Wie viel davon in Form kritischer Nachfragen ­tatsächlich in den Praxen ankommt, ist kaum exakt zu beziffern. Wahrscheinlich werden die wenigsten Patienten eine angeratene Behandlung unter dem Eindruck eines Fernsehbeitrags ernsthaft anzweifeln oder gar ablehnen. Zu groß ist das ­Vertrauensverhältnis zum eigenen Zahnarzt oder zur eigenen Zahnärztin. Und so sollte es im Idealfall ja auch sein.

Politisch eindeutig so gewollt

Nun hat sich der Satiriker (und Journalist) Jan Böhmermann dem Thema „Zahnärzte“ angenommen und in seinem Format „ZDF Magazin Royale“ die Zahnärzteschaft aufs Korn genommen. Wie groß der Anteil privater Leistungen in den Praxen ist – geschenkt, weil politisch eindeutig so gewollt. Dass viele kieferorthopädische Behandlungen unnötig seien – wird am besten die KfO-Fachfrau oder der -Fachmann beurteilen können – und der Patient mit seinem makellosen Lächeln. Ob die PZR etwas bringt oder nicht – da sind sich Wissenschaftler und Praktiker einig. Die Erfolge der Prävention auf die Kariesprävalenz in Deutschland sind jedenfalls beeindruckend.

Wo Böhmermann allerdings weniger Buhmann als vielmehr Augenöffner ist, ist der Bereich zahnärztliche Fortbildung. Hier haben er und sein Team tatsächlich eine Schwachstelle im System gefunden – nicht in ganz Deutschland, aber zumindest in einigen Regionen.

Nach Milchzahn-Veneers, Asbest-Implantaten und Zahnfleischhypnose werden am Montag nach der Sendung kaum Patienten gefragt ­haben. Möglicherweise haben sie aber im Wartezimmer die Fortbildungsurkunden betrachtet und sich gefragt, ob hinter diesen Urkunden fachliche und nachgewiesen qualifizierte Fortbildungen stehen und was jeweils Gegenstand dieser Fortbildungen war. Die wenigsten Patienten dürften um den Paragrafen 95d SGB V und die gesetzliche Verpflichtung zur kontinuierlichen Fortbildung wissen, zumindest bis zum Abend des 8. März.

Schwachstelle im System offenbart

Für diejenigen Landeszahnärztekammern, die sämtliche böhmermannschen Fantasie-Fortbildungsangebote samt Honorierung mit Fortbildungs­punkten durchgewunken ­haben, dürfte die Präsentation in der Sendung eine ziemliche Schmach gewesen sein. Auch wenn (relativ) schnell reagiert wurde und Asbest-Implantate wie Milchzahn-Veneers und Zahnfleischhypnose aus den Fortbildungskalendern getilgt wurden – das hat gesessen und eine Lücke im System offenbart. Ein guter Teil an vermuteter Seriosität der Kammern hat sich in herzhaftem Lachen aufgelöst, und das sicher nicht nur bei den Patienten unter den Zuschauern, sondern auch in der eigentlichen Zielgruppe, den potenziellen Teilnehmern dieser Fortbildungen, Zahnärztinnen und Zahnärzten.

Qualitätsmaßstäbe, die für Praxen landauf, landab seit zig Jahren verpflichtend sind, sollten künftig, wenn nicht ohnehin bereits angelegt, auch in die Fortbildungsreferate der Kammern Einzug halten. Selbsteintragungssysteme sind praktisch, weil sie helfen, unnötige Bürokratie zu ­reduzieren. Am Ende braucht es aber Menschen, die Themen und Inhalte von Fortbildungsveranstaltungen sorgfältig auf Plausibilität und Nutzwert für die Teilnehmer abklopfen. Schließlich stehen die Kammern als Dienstleister doppelt in der Pflicht: den Zahnärzten sowie den Patienten gegenüber.