Beitrags-Reihe „Der faire Praxiswert” (Teil 5): Mit diesem und weiteren kurzen Beiträgen in der dzw möchte ich allen Zahnärzten, Steuerberatern, Bankern und anderen Interessierten näherbringen, was eigentlich genau unter dem Begriff „Praxiswert“ zu verstehen ist. Eine professionelle Begutachtung kann das nicht ersetzen, aber vielleicht das Verständnis dieser komplizierten Materie etwas verbessern. Ein besonderes Augenmerk habe ich auf Kürze und Verständlichkeit gelegt. Experten mögen mir die damit verbundene Oberflächlichkeit verzeihen.
Das modifizierte Ertragswertverfahren, Teil I
Wir haben bis jetzt, wie in den vorangegangenen Artikeln dargestellt, den materiellen Wert mit 80.000 Euro und den nachhaltigen Zukunftsertrag mit 200.000 Euro pro Jahr ermittelt. Wie hoch ist jetzt der Gesamtwert? Für die Zahnradfabrik aus dem vorigen Beispiel wurden uns ja 2 Millionen Euro geboten. Das wäre für eine Zahnarztpraxis sicher nicht marktüblich. Wie geht man nun vor?
Etabliert hat sich das modifizierte Ertragswertverfahren, an das sich auch der Verfasser anlehnt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Zahnarzt, der einen nachhaltigen Zukunftsertrag von 200.000 Euro erwirtschaftet, dafür selbst arbeiten muss. Das ist bei dem Besitzer der Zahnradfabrik anders. Der hat einen angestellten Geschäftsführer, spielt tagsüber Golf und hat trotzdem jährlich einen Gewinn von 200.000 Euro. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, müssen wir vom Ertrag das abziehen, was der Übernehmer woanders bei gleicher Tätigkeit als angestellter Zahnarzt verdienen würde, sagen wir mal 100.000 Euro. Das nennt man den kalkulatorischen Arzt-/Unternehmerlohn. Dann bleiben als „Rendite“ 100.000 Euro „Übergewinn“ übrig (= 200.000–100.000 Euro).
Schließlich müssen wir das Ganze noch in eine Nettobetrachtung umwandeln, weil auch hier die Vergleichbarkeit unabhängig von den persönlichen Verhältnissen sichergestellt werden muss. Der Übernehmer ist ja nur fiktiv, deshalb wählen wir den Steuersatz der typisierten Ertragssteuer von 35 Prozent. Es verbleibt ein „nachhaltiger Reinertrag“ von 65.000 Euro pro Jahr (= 100.000–35 Prozent).
Und jetzt soll dieser Betrag mit einem Faktor multipliziert werden. Aber womit und wie begründet? Im nächsten Beitrag wollen wir uns mit dieser Frage beschäftigen: Was ist der Ergebniszeitraum, das heißt, wie lange hat der Übernehmer etwas vom Zukunftsertrag?