Der 127. Deutsche Ärztetag hat in Essen Dr. Klaus Reinhardt erneut zum Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK) gewählt. Der 62-jährige Allgemeinmediziner aus Bielefeld steht damit für weitere vier Jahre an der Spitze der deutschen Ärzteschaft.
Reinhardt forderte einen echten Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik. „Der politische Ansatz, unter planwirtschaftlichen Vorgaben einen kommerziellen Wettbewerb zu verankern, ist gnadenlos gescheitert. Das Gesundheitswesen ist kein Kostenfaktor, sondern wesentlich für unsere Gesellschaft. Und deshalb streite ich dafür, dass das Thema Gesundheit ebenso zukunftsweisend diskutiert wird wie das Thema Klima“, sagte er. Die Ärzteschaft werde unter seiner Führung von der Politik einen Kurswechsel weg vom Staatsdirigismus der kleinteiligen Vorgaben, der Misstrauenskultur, hin zu einer von Verantwortung getragenen Kultur der Freiberuflichkeit einfordern.
Reinhardt ist seit 29 Jahren als Facharzt für Allgemeinmedizin niedergelassen. Er ist seit zwölf Jahren Vorsitzender des Hartmannbundes, seit vier Jahren Präsident der Bundesärztekammer und dort seit 2016 Vorsitzender des Ausschusses „Gebührenordnung“. Reinhardt konnte sich im ersten Wahlgang mit 125 zu 122 Stimmen gegen seine Mitbewerberin aus dem Bundesärztekammer-Vorstand Dr. Susanne Johna durchsetzen.
Zwei BÄK-Vizepräsidentinnen
Nach der Wiederwahl von Reinhardt zum Präsidenten hat der 127. Deutsche Ärztetag in Essen auch zwei BÄK-Vizepräsidentinnen gewählt. Damit ist das Präsidium der Bundesärztekammer komplett.
In ihrem Amt als Vizepräsidentin bestätigt wurde die 72-jährige Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Ellen Lundershausen. Sie arbeitet seit 1991 in Erfurt als niedergelassene HNO-Ärztin. Seit 2015 ist Lundershausen Präsidentin der Landesärztekammer Thüringen. Von 2008 bis 2020 war sie Vizepräsidentin des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte.
In Anbetracht der Herausforderungen durch die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens rief Lundershausen die Ärzteschaft zur Geschlossenheit auf. „Wir müssen füreinander einstehen. Gemeinsam sind wir aktiver Gegner der Kommerzialisierung. Krankenhäuser gehören nicht an die Börse und Praxen nicht in die Hände von Investmentfonds. Wir Ärztinnen und Ärzte sind ausschließlich unseren Patientinnen und Patienten verpflichtet“, erklärte sie.
Neu ins Amt der Vizepräsidentin gewählt wurde Dr. Susanne Johna. Sie arbeitet als Oberärztin für Krankenhaushygiene am St. Josefs-Hospital in Rüdesheim. Seit 2016 ist Johna Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer und seit November 2019 1. Vorsitzende des Marburger Bundes Bundesverband.
Johna betonte die Bedeutung von Kooperation und Koordination zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung. „In Anbetracht des Fachkräftemangels müssen wir gemeinsam Konzepte entwickeln, wie wir die gesundheitliche Versorgung sicherstellen können. Versorgungssicherheit erfordert, dass wir die Sektorengrenzen überwinden und Doppelstrukturen abbauen“, sagte Johna.
Deutscher Ärztetag wählt zwei „weitere“ Vorstandsmitglieder
Gewählt wurde Christine Neumann-Grutzeck mit 122 von 240 gültigen Stimmen. Die 58-jährige Fachärztin für Innere Medizin hat fast zwanzig Jahre lang bei der Asklepios Klinik Altona in Hamburg in der Gastroenterologie und im Medizincontrolling gearbeitet. Seit 2016 ist sie in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Hamburg-Harburg tätig. Aktuell ist Neumann-Grutzeck Mitglied der Vertreterversammlung der KV Hamburg und seit September 2020 zudem Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten.
Des Weiteren gewählt wurde Dr. Andreas Botzlar. Er erhielt 139 von 238 gültigen Stimmen. Der 55-jährige Facharzt für Chirurgie arbeitet als Oberarzt an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau. Seit 2007 ist Botzlar 2. Vorsitzender des Marburger Bundes Bundesverband, seit 2016 Landesvorsitzender des Marburger Bundes Bayern und seit 2018 1. Vizepräsident der Bayerischen Landeskammer.
Die „weiteren“ Vorstandsämter sind Ärzten vorbehalten, die nicht Präsidentin oder Präsident einer Ärztekammer sind.