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Karriereknick durch Schwangerschaft

Junge Ärztinnen und Medizinstudentinnen fühlen sich in der Schwangerschaft häufig unter Druck und bekommen wenig Unterstützung durch ihren Arbeitgeber. Das ist eines der Ergebnisse der bundesweit größten Umfrage unter schwangeren Ärztinnen und Medizinstudentinnen mit rund 4.800 Teilnehmerinnen. Aufgerufen zur Teilnahme waren angestellte und angehende Ärztinnen, die in der Zeit seit 1. Januar 2016 schwanger waren.

Die Online-Befragung im November und Dezember 2022 wurde von einem Netzwerk ärztlicher Organisationen, die sich für eine praxisorientierte Umsetzung des Mutterschutzes einsetzen, durchgeführt. Zu der gemeinsamen Initiative gehören der Marburger Bund (MB), der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB), die Initiative Operieren in der Schwangerschaft (OpidS), die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Verband der Chirurginnen (Die Chirurginnen e. V.) und der Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (vlk).

Tätigkeitsverbote befürchtet

Etwa die Hälfte der befragten Ärztinnen hatte Bedenken, ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber zu melden. Gründe dafür sind vor allem die Sorge, Einschränkungen bei der Weiterbildung zur Fachärztin hinnehmen zu müssen, ein Verbot von Operationen oder sonstige Tätigkeitsverbote. Viele Ärztinnen möchten in der Schwangerschaft weiterarbeiten, werden aber daran gehindert. Zu den meisten Beschäftigungsverboten kam es in der Zeit der Corona-Pandemie zwischen 2020 und 2022. Knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen erhielt vom Arbeitgeber ein betriebliches Beschäftigungsverbot, bei mehr als einem Drittel kam es zu Tätigkeitseinschränkungen.

„Corona wird uns weiter begleiten. Der aktuelle Wissensstand in der Pandemie muss stets in die individuelle Gefährdungsbeurteilung einfließen. Aktuell finden Sie kaum einen sichereren Arbeitsplatz als den einer Chirurgin im OP“, sagte Dr. Maya Niethard, Projektleiterin der Initiative Operieren in der Schwangerschaft (OPidS).

Gefährdungsbeurteilungen zu selten und ungenau

Die Arbeitgeber kommen jedoch häufig ihrer Verpflichtung aus dem Mutterschutzgesetz nicht nach, für jede Tätigkeit die Gefährdungen zu beurteilen. Bei 40 Prozent der befragten schwangeren Ärztinnen fanden allgemeine Gefährdungsbeurteilungen nicht statt. Schwangere Ärztinnen müssen dann häufig ihre bisherige Tätigkeit trotz Gefährdung ausführen oder sich in letzter Konsequenz um ein ärztliches Beschäftigungsverbot bemühen, weil sie sich den Belastungen nicht gewachsen fühlen.

Dass es auch anders geht, zeigt dieser „Freitext“-Kommentar einer Ärztin: „In unserer Abteilung wurde viel Wert auf die Mitbestimmung der Schwangeren gelegt. Wer operieren wollte, durfte dies auch unter Schutzmaßnahmen. Wenn dies nicht gewünscht war, wurde auch dies vollkommen akzeptiert.“

Wenn es zu Gefährdungsbeurteilungen kam, dann leitete sich daraus in den zurückliegenden zwei Jahren der Pandemie in etwa der Hälfte der Fälle ein betriebliches Beschäftigungsverbot ab und in einem Drittel eine Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit (etwa keine OPs).

„Oftmals machen sich die Arbeitgeber nicht die Mühe, genauer zu ermitteln, wie und in welchem Umfang eine Weiterarbeit während der Schwangerschaft möglich sein kann. Stattdessen werden Kolleginnen, die arbeiten wollen, Steine in den Weg gelegt. Das ist inakzeptabel. So wird unnötig ärztliche Arbeitskraft verschwendet – zum Nachteil für die Kolleginnen und die Gesundheitsversorgung insgesamt“, kritisierte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes.

Auf Tätigkeitseinschränkungen folgt Karriereknick

Mehr als die Hälfte der Ärztinnen, die in den Jahren 2016 bis 2019 schwanger waren, gaben an, durch Schwangerschaft und Tätigkeitseinschränkungen in ihrer weiteren Karriere behindert worden zu sein.

„Sowohl dem Beschäftigungsverbot als auch der Umstrukturierung des Arbeitsplatzes in eine andere, nicht der jeweiligen Weiterbildungsordnung unterliegende Tätigkeit folgt ein Karriereknick, weil die Facharztprüfung nach hinten verschoben werden muss. Folgen sind die spätere Option für oberärztliche oder chefärztliche Stellen oder die spätere Option sich niederzulassen“, beschrieb die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, Dr. Christiane Groß, die Auswirkungen für viele junge Ärztinnen.

In der Corona-Pandemie stieg der Anteil derer, die sich in ihrer Karriere zurückgeworfen sehen, sogar auf zwei Drittel (66 Prozent). Nachteile erfuhren die Ärztinnen vor allem in der Weiterbildung zur Fachärztin. Nur etwa ein Drittel konnte in der Zeit der Corona-Pandemie seit 2020 Weiterbildungsinhalte erwerben, bei knapp der Hälfte war das aufgrund von Einschränkungen oder Umgestaltungen der Tätigkeit nicht der Fall. Etwa ein Fünftel der Befragten erklärte, weniger Weiterbildungs­inhalte als vor der Schwangerschaft erworben zu haben.

„Oftmals machen sich die Arbeitgeber nicht die Mühe, genauer zu ermitteln, wie und in welchem Umfang eine Weiterarbeit während der Schwangerschaft möglich sein kann.“

Titelbild: Dimid - stock.adobe.com