„Noch Mitte der 1960er-Jahre waren ausschließlich Mehrfachkanülen im Einsatz“, erinnert sich Michael Hager aus der zweiten Generation der Duisburger Firma Hager & Werken GmbH & Co. KG im Gespräch mit DZW-Redakteurinnen Birgit Strunk und Joanna Cornelsen.
„1967 haben wir die erste hygienische Einweginjektionskanüle auf dem deutschen und europäischen Dentalmarkt eingeführt“, erzählt der 78-Jährige stolz weiter. Er verweist auf Miraject – ein Produkt aus dem Hause Hager & Werken, das die Arbeit der Zahnärzte und das Wohlbefinden der Patienten seinerzeit revolutionierte.
Inspirieren ließ sich Hager bei seinem Besuch der damals größten Nadelfabrik der Welt am Mount Fuji und war begeistert – von den Produkten, den hohen Sterilitäts- und Qualitätsstandards, der japanischen Mentalität und von Japan überhaupt. Auf dem Weltärztetag 1966 in Paris stellte er die Einmalkanüle vor und warb für das neue Produkt. „Wenn Sie das nächste Mal zum Zahnarzt gehen, brauchen Sie keine Angst mehr vor Nadelstichverletzungen zu haben“, überzeugte er die Besucher. „Die Nachfrage war immens groß und übertraf sämtliche Erwartungen“, erinnert sich Hager. Umgehend war er gezwungen zu handeln und bestellte zwei Millionen zusätzliche Einwegnadeln nach. Über den Pazifik und per Luftfracht ließ er sie in Rekordzeit nach Deutschland transportieren. „Die Überfahrt hat drei Wochen gedauert und kostete uns so viel wie ein S-Klasse-Mercedes seinerzeit“, so der Unternehmer. „Aber unsere Kunden haben es uns gedankt!“
Für den Zahnarzt hatte Miraject von Anfang an wesentliche Vorteile: Die Einwegkanüle wurde von der Herstellerfirma steril geliefert und war jederzeit einsatzbereit. Der Zeitaufwand für Säuberung und Sterilisation entfielen. Auch für den Patienten war Miraject eine große Erleichterung. Dank der scharfen Nadelspitze und dem leichten Gleiten war der Einstich für den Patienten nahezu schmerzfrei. Da die Plastikhülse erst kurz vor der Injektion von der Nadel abgezogen wurde, sah der unter Umständen ängstliche Patient die Nadel kaum.
Von Anfang an war jede Nadel mit einem Siegel versehen, das bei der Anwendung gebrochen werden musste, erklärt Hager. Angefangen habe man mit zwei Varianten in Stärke 0,5 und 0,3 Millimeter. Heute werden unter den rund 4.000 von Hager & Werken vertriebenen Produkten insgesamt 24 verschiedene Miraject-Injektions-, Endo- und Applikationskanülen angeboten.
„Wir hatten schon immer einen guten Riecher für zahnarzt- und patientenfreundliche Innovationen“, betont Hager. Als Beispiel nannte er den Myerson-Zahn, den er schon 1954 als Erster in Deutschland angeboten hatte. „Der Kunststoffzahn hat uns richtig groß gemacht“, erinnert er sich. Ein weiteres Novum war das Miramatic-System, das 2001 auf den Markt gebracht wurde – ein innovatives patentiertes Sicherheitssystem zur Entsorgung benutzter Kanülen.
„Nach der Einführung von Miraject wurden wir zuerst belächelt, dann bewundert“, sagt Hager. Mit Miraject, so der Unternehmer, sei man ein Jahr lang nach der Einführung allein auf dem Markt gewesen. „Wir haben immer reinvestiert und stets ein Auge auf den Markt gehabt“, so Hager zu seinem Erfolgsrezept. Nach jedem Misserfolg habe er sofort nach einem neuen Erfolg gestrebt. Und ein Stubenhocker sei er ohnehin noch nie gewesen – nach dem Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung habe der umtriebige Geschäftsmann in Genf, Paris, London, in Italien und den USA gearbeitet und dort nach unternehmerischer Inspiration gesucht.
Die Geschichte des traditionsreichen Familienunternehmens geht auf das Jahr 1912 zurück, als Erwin Hager die Zahnbohrerfabrik Hager & Meisinger in Düsseldorf gründete. Nachdem einige Jahre später die Firma von der Familie Meisinger komplett übernommen wurde, gründete Erwin Hager 1927 das Dentaldepot Hager Dental in Duisburg. Später bauten sein Sohn Edgar und nachfolgend Jan und Jochen Odermann die Firma zu einem deutschlandweit führenden Dentalhandelsunternehmen mit Niederlassungen in Duisburg, Dortmund, Düsseldorf, Köln und Neuwied aus.
1946 gründete Edgar Hager die Firma Hager & Werken als Tochterunternehmen des Depots mit dem Ziel, spezielle Dentalprodukte herzustellen und über den Fachhandel zu vertreiben. Seine Frau Lilo spielte bei der Gründung allerdings eine Schlüsselrolle. „Die Firma war quasi eine Nebenbeschäftigung meiner Mutter, die sich als Tennisspielerin einen Namen gemacht hatte“, erzählt Michael Hager. „Meine Mutter war eine kluge Frau, die zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten Tennis gespielt hat“, schmunzelt er.
1963 übernahm Michael Hager die Firma und setzte sich das Ziel, Hager & Werken als einen führenden Anbieter von Dentalspezialitäten zu etablieren. Und das mit Erfolg: Bei dem weltweit agierenden Unternehmen, das mit drei Mitarbeitern gegründet wurde, sind heute rund 140 Mitarbeiter tätig. Neben Duisburg als Stammsitz ist Hager & Werken mit eigenen Niederlassungen in den USA, in China, Polen, Frankreich, Spanien und Kroatien vertreten.
Ein motiviertes Team stehe neben zufriedenen Kunden ganz oben auf der Prioritätenliste. Erst vor Kurzem habe man zwei langjährige Mitarbeiterinnen gefeiert, die ein halbes Jahrhundert im Unternehmen gearbeitet und die Geburtsstunde der Einwegnadel mitbekommen haben. „Wir verstehen uns nach wie vor als Innovationsführer und werden auch in Zukunft unserem Werbeslogan treu bleiben“, sagt Patrick Hager, der seit 2009 in dritter Generation die Geschicke des Unternehmens lenkt. Immer „eine Idee besser“ zu sein, lautet sein Ziel.