In der Hektik des Alltags passieren Fehler. So auch in dem vom Bundesgerichtshof (BGH) in letzter Instanz entschiedenen Fall. Was war passiert?
Eine Zahnärztin hatte einem Patienten einen Plan zur Erbringung kassenzahnärztlicher Leistungen ohne Eigenanteil sowie einen Heil- und Kostenplan mit Eigenanteil, der zusätzliche zahnmedizinisch nicht notwendige Leistungen erhielt, erstellt. Der Patient entschied sich für die Leistungen mit Eigenanteil und reichte den von seiner Krankenkasse genehmigten Heil- und Kostenplan an die Zahnärztin mit dem Genehmigungsvermerk der Krankenkasse zurück. Die Leistungen wurden daraufhin erbracht, ohne dass darauf geachtet wurde, dass die Anlage zum Plan mit Eigenleistung vom Patienten unterschrieben war. Der ungünstigste Fall trat ein: Der Patient zahlte nicht!
Der BGH entschied: Ein Behandlungsvertrag zwischen der Zahnärztin und dem Patienten ist – jedenfalls konkludent – auf der Grundlage des Heil- und Kostenplans zustande gekommen.
Eine wirksame Honorarvereinbarung haben die Parteien aber nicht abgeschlossen, weil der Heil- und Kostenplan nicht der Form des Paragraf 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ genügt. Aufgrund der fehlenden Unterschriften ist der Heil- und Kostenplan gemäß Paragraf 125 Satz 1 i.V.m. Paragraf 126 BGB Abs. 2 Satz 1 BGB nichtig. Der Zahnarzt darf über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen Behandlung hinausgehende Versorgung dem Patienten nur in Rechnung stellen, wenn sie auf Verlangen des Patienten erfolgt, der Patient zuvor über die Kosten aufgeklärt wurde und zuvor die Leistungen in einem Heil- und Kostenplan einschließlich der Vergütung schriftlich vereinbart wurden (Paragraf 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ). Dabei ist die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform einzuhalten (Paragraf 126 BGB), was wiederum voraussetzt, dass beide Parteien diese Vereinbarung vor der Leistungserbringung schriftlich durch ihre Unterschrift bestätigt haben. Die Nichteinhaltung dieser Formvorschriften führte zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (Paragraf 125 BGB). Folge der Nichtigkeit war, dass die Zahnärztin zwar die Leistungen beanstandungsfrei erbracht hat, wegen der nicht eingehaltenen Form aber keinen Anspruch auf das zahnärztliche Honorar hierfür hat.
Dieses ungerechte Ergebnis aber akzeptierte das Gericht nicht:
Der BGH führte in seiner Entscheidung weiter aus, die Berufung des Patienten auf die Formunwirksamkeit in dem von ihm zu entscheidenden Fall verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Paragraf 242 BGB). Der BGH macht zwar deutlich, dass nur in Ausnahmefällen nach Billigkeitsgesichtspunkten Formvorschriften außer Acht gelassen werden dürfen, wenn nach den gesamten Umständen es schlechterdings untragbar wäre und eine Partei besonders hart treffen würde, wenn das Rechtsgeschäft wegen Formmangels nichtig wäre. Ein solche schwerwiegende Treuepflichtverletzung liegt beispielsweise vor, wenn eine Partei die von ihr übernommene Verpflichtung verweigert, obwohl sie über einen längeren Zeitraum die Vorteile der formunwirksamen Leistungen in Anspruch genommen hat.
Paragraf 2 Abs. 3 GOZ soll den Patienten vor einer übereilten Bindung schützen. Er soll durch seine Unterschrift bestätigen, dass er ausreichend über die Kosten informiert wurde und diese für ihn kostenpflichtige Behandlung wünscht. Im vom BGH zu entscheidenden Fall war der Patient unstreitig über die Kosten und Behandlungsalternativen aufgeklärt. Er hat beide Kostenpläne mit nach Hause genommen und sich bewusst für die Variante mit Eigenanteil entschieden und diese bei seiner Krankenkasse zur Genehmigung eingereicht und später auch mit dem Genehmigungsvermerk in der Praxis abgegeben. Er hat anschließend die Versorgung in Anspruch genommen und sich erst zum Zeitpunkt der Zahlung auf das Formerfordernis berufen. Sein Verhalten, den Kostenplan mit nach Hause zu nehmen, ihn bei seiner Krankenkasse einzureichen und im Anschluss daran, die Leistungen zu verlangen, sie aber wegen eines Formmangels nicht bezahlen zu wollen, ist, so der BGH, widersprüchlich und als treuwidrig zu werten.
Im vorliegenden Fall fiel die fehlende Unterschrift lediglich aufgrund eines Büroversehens in der Praxis der Zahnärztin nicht auf. Daher sieht der BGH auch das Vertrauen der Zahnärztin in das Zustandekommen einer wirksamen Honorarvereinbarung für schützenswürdig an und verurteilt abschließend wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben den Patienten zur Zahlung des zahnärztlichen Honorars.
Dennoch ist es wichtig, dass der Heil- und Kostenplan vom Patienten unterschrieben wird. Sollte einmal die Unterschrift unter dem Heil- und Kostenplan fehlen und der Patient die Zahlung des Eigenanteils wegen Formmangels verweigern, müssen Zahnärzte im Detail vor Gericht darlegen, dass der Patient ausführlich über die Kosten und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt wurde, er sich ohne äußeren Einfluss für eine bestimmte Leistung entschieden hat und es nur ausnahmsweise wegen eines Versehens übersehen wurde, die Unterschrift des Patienten zu fordern. Es bleibt wichtig, dass die Formerfordernisse in der Praxis eingehalten werden.