Es ist heiß in Deutschland. Und das ist nicht nur Freud des einen, sondern auch Leid des anderen. Denn wenn es im Hochsommer in angemieteten Praxisräumlichkeiten unerträglich wird, dann tut ein Praxisinhaber als Mieter gut daran zu wissen, ob und welche rechtliche Handhabe ihm während einer Hitzeperiode gegenüber seinem Vermieter zusteht. RAin Walburga van Hövell von lennmed.de Rechtsanwälte hat aktuell einige Tipps zusammengestellt.
Vorab ist festzuhalten, dass es im Mietrecht – im Gegensatz zum Arbeitsrecht – keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich einer bestimmten Raumhöchsttemperatur gibt. Auch existiert keine höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH hierzu und die Oberlandesgerichte sind sich zu dieser Frage uneins. Für den Mieter von Praxisräumen empfiehlt sich während einer „heißen Phase“ deswegen folgende Vorgehensweise:
Regelung im Praxismietvertag
Zunächst sollte man als Praxisinhaber einen Blick in seinen Mietvertrag werfen. Denn es könnte tatsächlich eine bestimmte und konstante Raumtemperatur während der Öffnungszeiten vereinbart sein. In diesem Fall spricht man juristisch von der Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft. Und kann diese im Hochsommer nicht eingehalten werden, so liegt es am Vermieter dafür Sorge zu tragen, dass er seiner vertraglichen Verpflichtung durch geeignete Maßnahmen nachkommt (etwa Klimaanlage, Sonnenschutzfenster, Jalousien). Passiert allerdings – trotz Aufforderung – keine Abhilfe, so steht dem Mieter aufgrund des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft auch und daneben die Möglichkeit zu, die monatliche Miete anteilig für die Tage zu mindern, an denen die vertraglich vereinbarte Raumtemperatur der Praxisräume nicht gewährleistet wurde.
Elementar wichtig ist hierfür allerdings die genaue Dokumentation des Mieters, um im Streitfall den Minderungsgrund (nämlich die Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Raumtemperatur) nachweisen zu können. Diesbezüglich empfiehlt sich ein „Temperaturprotokoll“. Hierfür sollte die Messung mit einem geeigneten Thermometer in der Raummitte etwa einen Meter über dem Boden durchgeführt werden. Gleichzeitig sind auch die korrespondierenden Außentemperaturen zu dokumentieren. Dann kann die „Hitze“ aus dem Nichteinhalten eines Abstands zwischen Außen- und Innentemperatur hergeleitet werden.
Im Extremfall kann gegebenenfalls - beispielsweise wegen Gesundheitsgefährdung - sogar nach erfolgloser Aufforderung zur Wiederherstellung der vertraglich vereinbarten Raumtemperatur eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht kommen. Auch hierfür ist dann eine genaue Dokumentation bezüglich des Kündigungsgrundes seitens des Mieters unbedingt nötig.
Keine Regelung im Praxismietvertrag
Typischerweise wird in Praxismietverträgen aber vereinbart, dass der Mieter für den Betrieb seiner Praxis auf eigene Kosten An- oder Einbauten wie Klimaanlage oder Marquise vornehmen darf. Gibt es eine solche Regelung, so ist unbedingt auf deren genauen Inhalt zu achten bezüglich bestimmter bautechnischer Vorgaben oder einzuholender Zustimmungen des Vermieters. Eine solche wird der Vermieter in der Regel auch erteilen müssen, es sein denn, dem stehen triftige Gründe wie besipielsweise die Substanzveränderung oder -gefährdung seines Eigentums entgegen – CAVE: hierbei kommt es immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls an! Zudem ist in diesem Zusammenhang auch immer zu prüfen, ob der Mieter bei Vertragsende zum Rückbau verpflichtet ist.
Ist weder eine bestimmte Raumtemperatur noch eine bauliche Regelung zugunsten des Mieters vertraglich vereinbart und will der Vermieter von sich aus keine Abhilfe in Hitzeperioden schaffen oder zulassen (oder ist die Mängelbeseitigung vertraglich sogar wirksam ausgeschlossen), so wird es für den Mieter schon schwieriger – aber nicht aussichtslos.
Zwar herrscht, wie bereits erwähnt, in der Rechtsprechung bislang keine Einigkeit darüber, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen überhitzte Räumlichkeiten einen Mietmangel darstellen. Einige Oberlandegerichte (etwa Frankfurt, Karlsruhe, Berlin) sind der Ansicht, dass dies in nicht baurechtswidrigen Gebäuden ein allgemeines Lebensrisiko des Mieters darstellt. Andere Oberlandesgerichte (wie Hamm, Düsseldorf, Rostock) wiederum gehen davon aus, dass ein Mietmangel vorliegt, wenn entsprechend arbeitsrechtlicher Regelungen die Raumtemperatur von 26° C am Arbeitsplatz/in den zum Betrieb genutzten Praxisräumlichkeiten überschritten ist.
Was aber tun, gerade wenn man im „falschen“ Gerichtsbezirk wohnt? Wiederum ist es ratsam, ein Temperaturprotokoll anzufertigen. Denn ist die unerträgliche Hitze in den Mieträumen präzise dokumentiert, so wird der Nachweis leichter fallen, dass das Mietobjekt nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch – nämlich dem Betrieb einer Praxis – geeignet ist. Und ist dies der Fall, so stehen dem Mieter die mietrechtlichen Gewährleistungsrechte wie Mängelbeseitigung und/oder Mietminderung (je nach Einzelfall zwischen 10 und 20 Prozent) zu.