Grund: In Hamburg findet nach Überzeugung des Hamburger Landgerichts bei Google kein Suchmaschinen-Betrieb und kein Vertrieb der Online-Werbung auf google statt. So lautet das finale Urteil der Hamburger Kammer in einem Rechtsstreit über eine Arzt-Bewertung.
Google in Hamburg und Google-Mountain-View
Wer von Google-Hamburg eine schlechte Patienten-Bewertung gelöscht haben will, bekommt die Antwort: Google Search wird von Google Inc., der Muttergesellschaft des Google-Konzerns mit Sitz in den Vereinigten Staaten, betrieben. Das klingt absolut, relativierte sich jedoch in den Augen des betroffenen Arztes. Was war geschehen?
(K)eine Behandlungsmöglichkeit und (k)ein Mitarbeiter?
Der Arzt hatte erfahren, dass bei Eingabe von Suchbegriffen (unter anderem sein Name und seine berufliche Tätigkeit) in die Google-Suchmaschine eine Google-Rezension über ihn verbreitet wurde (dzw.de berichtete hier). In dieser sah er nachweisbare Unwahrheiten: Der Schreiber der Rezension berichtete über eine Behandlungsart, die in seiner Praxis gar nicht angeboten würde. Auch solle es an entsprechendem Personal fehlen, obwohl doch gerade die vom Rezensenten geforderte qualifizierte Mitarbeiterin in der Praxis tätig wurde.
Diese Falsch-Behauptungen hätten schon allein für sich ausgereicht, das Löschungsbegehren zu rechtfertigen. Folgen konnte der Arzt auch nicht den Anschuldigungen zur Behandlungs-Qualität und seinen Informationen über die Honorar-Bildung.
Suchmaschinen-Betrieb in den USA mit Abstrichen?
Da der Arzt den Inhalt als unwahr, ruf- und geschäftsschädigend einstufte, wandte er sich an die Google Germany GmbH in Hamburg. Diese erteilte ihm die Standard-Antwort: Er solle sich an Google-Mountain-View mit Sitz in den USA wenden.
Mit dieser Antwort und „Bewertung“ wollte sich der Arzt jedoch nicht abfinden. In seinen Recherchen wälzte er Presse-Berichte und Auszüge aus offiziellen Registern. Dabei ergab sich nicht nur, dass Google Forschungsbüro außerhalb der USA betrieb. Unterhalten wird mit der Google Switzerland GmbH auch eine Firma, die nach dem Handelsregister mit der „Entwicklung und Verkauf von Produkten für den Internetgebrauch und die Erbringung von Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Internetsuche, der Internetprogramme, der Internetprodukte und Internetanwendungen“ befasst ist. So ausschließlich – wie von Google-Germany mitgeteilt – ließ sich für den Arzt der Suchmaschinen-Betrieb nicht mehr nur in den USA denken. Er zog vor das Landgericht Hamburg.
Klage gegen Google Mountain-View
Es ist möglich, Google Mountain-View in Deutschland zu verklagen. Dabei ist allerdings Folgendes zu beachten:
- Um ein unnötiges Kostenrisiko auszuschalten, ist vor Durchführung des Gerichtsverfahrens Google-Mountain-View zur Löschung aufzufordern.
- Diese außergerichtliche Aufforderung kann es erforderlich machen, sich das Anwaltsschreiben durch einen entsprechenden Dolmetscher in amerikanisches Rechtsenglisch übersetzen zu lassen. Das Gleiche kann für die Klageschrift gelten. Zum einen erwarten dies manche Gerichte, zum anderen hat dies den Vorteil, dass ein positives Urteil samt Einleitung in Amerika leichter in die Zwangsvollstreckung überführt werden könnte (dazu später). Zumindest dieser Teil bedürfte dann nämlich nicht mehr einer Übersetzung.
- Ein weiteres Problemfeld, das es zu beachten gilt, ist die Sicherstellung und der Nachweis des Zugangs/der Zustellung des anwaltlichen Schreibens in Amerika. Entsprechendes ist natürlich in Deutschland einfacher.
- Mit der Rechtsschutzversicherung ist abzustimmen, ob auch zum Beispiel Übersetzungs-Kosten getragen würden. Übersetzungs-Kosten richten sich nämlich häufig nach der Anzahl der zu übersetzenden Zeichen/Wörter.
- Hat man ein positives Urteil in den Händen, müsste dies – soweit Google dies nicht von sich aus umsetzt – der Zwangsvollstreckung überführt werden. Da diese Zwangsvollstreckung nicht in Deutschland stattfindet, sondern in Amerika, müsste das amerikanische Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils eingeleitet werden. Hier kann es sein, dass die Rechtsschutzversicherung nicht mehr mitspielt. Denn das Verfahren würde sich vor einem amerikanischen Gericht abspielen.
Google-Germany kann nicht belangt werden
Für das Landgericht Hamburg (Urteil vom 27. Januar 2017 – Az.: 342 0 428/16) reichten die Indizien jedoch nicht aus. Dass Mitarbeiter in München und eventuell in der Schweiz an der Technologie der Suchmaschine Google mitarbeiten, reichte der Hamburger Kammer nicht für eine Haftung. Es sei nicht ersichtlich, wie Google Germany auf die angezeigte Rezension Einfluss nehmen könne. Denn die Technologie für den Betrieb der Suchmaschine und die angezeigten Inhalte könnten getrennte Bereiche sein.
Kenntnis vom anonymen Google-Nutzer
Google Germany hatte sich im Prozess zusätzlich damit verteidigt, dass es hinreichende tatsächliche Bezugspunkte für den Erfahrungsbericht gebe. Auf diese Verteidigung kam es leider nicht an. Leider deswegen, weil es um einen Erfahrungsbericht des „Ein Google-Nutzer“ ging und damit einen anonymen Nutzer. Woher kennt Google-Germany die tatsächlichen Bezugspunkte, wenn der Nutzer anonym ist und man zu diesem wahrscheinlich keinen Kontakt aufnehmen kann? Erfahrungsberichte konnte man nämlich früher ohne Registrierung hinterlassen.
Diese Verteidigungs von Google sollen wohl von einem tiefer liegenden Problem ablenken: An falschen Tatsachenbehauptungen besteht kein Interesse und sind zum Beispiel von einem Portal-Betreiber zu entfernen.