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Zirkonoxidimplantate – und dann?

Die Motivation, eine Alternative zu den Titanimplantaten zu suchen, war der Wunsch nach einem metallfreien, der Zahnfarbe ähnlichen Material. Welche Vor- oder Nachteile gibt es darüber hinaus, und welche Materialien kommen als Suprakonstruktion infrage? Der Vorteil bei Zirkonoxidkeramik-Implantatsystemen wird in der guten Biokompatibilität bei Allergikern und in den hervorragenden Weichgewebseigenschaften gegenüber der Anlagerung des Zahnfleisches gesehen. Besonders bei einem sehr dünnen, periimplantären Zahnfleischsaum kann man so vermeiden, dass dunkle metallfarbene Anteile des Implantats oder des Implantataufbaus aus Titan durch das Zahnfleisch hindurchschimmern.

Geringeres Periimplantitis-Risiko
Und was passiert bei Zahnfleischrezessionen, wie sie im Laufe der Jahre eintreten können? Es kommt zum Freiliegen des Kronenrands (Abb. 2), Abutments oder Implantatkörpers, der – wenn er aus Metall besteht – oft ästhetisch sehr störend empfunden wird. Das Durchschimmern des weißlichen Zirkonoxids wird hingegen deutlich weniger wahrgenommen. Die Anlagerung von Zahnstein und Plaque ist aufgrund der plaqueabweisenden Keramik-Oberfläche deutlich geringer als bei den herkömmlichen Zahnimplantaten. Folglich ist auch das Risiko einer Periimplantitis als geringer einzustufen.

Nachteile, die zu Indikationseinschränkungen der Zirkonoxidimplantate führen, liegen bei den physikalischen Werten. So besteht zwar keine Frakturgefahr, wie sie von den ersten spröden Aluminiumoxid-Implantaten her bekannt ist, es gibt jedoch Einschränkungen in Bezug auf die angebotenen Durchmesser der Implantate. Zudem sind Angulationen und die Vielfalt der Aufbauteile nicht mit denen von Titansystemen vergleichbar. Es gibt zum Beispiel keine Kugelkopfanker. Hier ist die Vielfalt der Titanimplantate deutlich höher. Einige Hersteller bieten zwar neben dem einteiligen Implantat auch eine zweiteilige Version, eine Verschraubung des Aufbauteils bei zweiteiligen Implantaten ist jedoch nur bei Titan möglich. Bei zweiteiligen Zirkonoxidimplantaten wird das Aufbauteil verklebt. Bei der Oberfläche des Zirkonoxids gibt es herstellungsbedingt Unterschiede in der Oberflächenrauheit, die wiederum das Osseointegrationsverhalten beeinflusst. Hier gab es bereits vor mehr als 20 Jahren unterschiedliche Philosophien bei den Titanimplantatherstellern, die sich – wie es der Markt heute zeigt – eindeutig zur mikrorauen Oberfläche entwickelt haben.

Kleinste und filigrane Strukturen
Diesbezüglich konnten die Mikroretentionen der Zirkonoxid-Implantatoberfläche (Omnis-Implantat, Creamed, Marburg) verbessert werden, was die Osseointegration der Implantate günstig beeinflusst. Durch spezielle Produktionsverfahren wie die Keramikpulver-Spritzgusstechnik ist es möglich, kleinste und filigrane Strukturen in wirtschaftlichem Rahmen zu produzieren. Das yttrium-stabilisierte, hochverschleißfeste, tetragonale Zirkondioxid bekommt so eine mikrostrukturierte Oberfläche, die mit der von Titanimplantaten vergleichbar ist. Eine In-vitro-Studie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald zur Beeinflussung der Proliferation von Fibroblasten durch Keramikimplantate zeigt beim Zytotoxizitätstest dieser Implantate eine deutlich geringere Anzahl an toten Zellen. Die Proliferationsrate stieg zudem bei dieser Oberflächenstruktur deutlich an.

Konsequent metallfrei
Bei der Suprakonstruktion auf Zirkonoxidimplantaten liegt es nahe, auch diese konsequent metallfrei zu gestalten. Hierbei fallen einem zunächst alle klassischen vollkeramischen Systeme ein, bei deren Auswahl daran gedacht werden sollte, dass eine Säure-Ätz-Technik wie bei einem natürlichen Stumpf nicht möglich ist. Besonders bei Systemen, die einen Großteil ihrer Stabilität durch diese Technik gewinnen, ist Zurückhaltung geboten. Als Alternativen wurden Hochleistungspolymere und vergleichbare Materialien entwickelt. So handelt es sich bei dem Material High-Class (Creamed) um ein Strontiumaluminium-Borosilikatglas (zu 70,1 Volumenprozent) mit den Nanofüllstoffen BODMA, Bis-GMA und UDMA. An verschiedenen physikalischen Werten kann man seine Einsatzmöglichkeiten in der Brücken- und Kronentechnik messen (Tabelle). Die Herstellung erfolgt im CAD/CAM-Verfahren. Eine ausgezeichnete Passgenauigkeit bei sehr hoher Abrasionsresistenz macht einen breiten Einsatz in der Prothetik möglich.

 

High-Class, Strontiumaluminiumborosilikatglas 70,1 Volumenprozent. Nanofüllstoffe, BODMA, Bis-GMA, UDMA
Biegefestigkeit 191 MPa
E-Modul 13.812 MPa
Vickers-Härte 815 MPa
Wasseraufnahme 13,9 μg/mm³
Wasserlöslichkeit 0,00 μg/mm³
Druckfestigkeit 380 MPa

 

Ein besonderer Vorteil dieser Materialien ist die intraorale Reparaturfähigkeit mittels Komposits. Die im Vergleich zu Kronen und Brücken auf natürlichen Zähnen häufiger auftretenden Keramikfrakturen bei Implantatsuprakonstruktionen lassen sich so besser in den Griff bekommen. Wobei ein typisches Abplatzen oder Chipping, wie man es bei der klassischen Keramik kennt, im Hinblick auf die physikalischen Werte ohnehin nicht zu erwarten ist. So sind auch größere Rekonstruktionen von Brücken über den ganzen Kiefer ohne große Risiken umsetzbar (Abb. 3 bis 12).

Immer häufiger Wunsch nach zahnfarbenen Implantaten
Zusammenfassend ist in der metallfreien Implantologie einiges möglich geworden, aber noch lange nicht so viel wie mit Titanimplantaten. Die Indikationen sind zum einen anamnestisch begründet, wenn es gilt, metallfrei arbeiten zu müssen, sowie aus ästhetischer Sicht besonders im Frontzahngebiet. Zudem bleibt der Wunsch des Patienten zu berücksichtigen, der immer öfter ein zahnfarbenes Implantat anfragt. Wobei Wirtschaftlichkeit und anatomische Gegebenheiten die Einsatzmöglichkeiten dieser „schönen“ Implantate eingrenzen.

Für einen erfahrenen Implantologen ist die Umsetzung der Implantation von Zirkonoxidsystemen sicher nicht schwierig. Wer einmal das extrem gute Weichgewebsverhalten kennengelernt hat, lässt sich auch nicht von der Tatsache abschrecken, dass es deutlich mehr Publikationen zu Titanimplantaten als zu Zirkonimplantaten gibt. Auch das Fehlen von Langzeitstudien, vergleichbar mit denen von Titanimplantaten, heißt nicht, dass Zirkonimplantate nicht genauso lange oder nicht noch länger halten können. Solche Studien gab es zu Beginn der Titanimplantate, wie wir sie heute kennen, auch nicht. Gleiches gilt wohl auch für Suprakonstruktionsmaterialien.