Anzeige

Asthma bronchiale und orale Gesundheit

Asthma bronchiale

Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, deren Prävalenz besonders bei Kindern und Jugendlichen eine deutliche Zunahme zeigt.

 

Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, deren Prävalenz in den vergangenen 40 Jahren besonders bei Kindern und Jugendlichen eine deutliche Zunahme zeigt. Laut WHO sind immerhin 300 Millionen Menschen weltweit betroffen. Die Genese ist vorwiegend allergischer Natur, wobei aber eine genetische Disposition mit polygener Vererbung der Atopie besteht.

Atmung wird erschwert

Durch entsprechende Allergene kommt es zu einer Reaktion vom Soforttyp (Typ-1-Reaktion), teilweise nach mehreren Stunden zu einer weiteren Spättyp-Reaktion. Die Allergene lösen über IgE eine massive Degranulation von Mastzellen mit Ausschüttung von Leukotrienen, Histamin und Bradykinin aus. Die Luftwege reagieren mit zunehmender Hyperresponsibilität, Bronchospasmus und massiver Schleimproduktion, welche die Atmung erschweren.

Zusätzlich zu den primären Auswirkungen der Erkrankung belegen immer mehr Studien einen Zusammenhang mit einer Beeinträchtigung der Mundgesundheit. Karies, Exazerbationen gingivaler und parodontaler Erkrankungen und zunehmende Neigung zu Candidiasis werden beschrieben. Die Ursachen für diese Läsionen liegen sowohl in der Krankheit selbst als auch in der erforderlichen Medikation.

Karies und Parodontitis sind häufige Begleitsymptome von Asthma

Beim Asthma bronchiale kommt es zu einer pathologischen Hyperreaktivität der Immunantwort, wobei auch in Gingiva und Sulkus die Konzentration von IgE signifikant ansteigt. Potenziell pathogene Keime lösen eine überproportionale Abwehr mit einer letztlich gegen das eigene Gewebe gerichteten Reaktion aus. Dazu kommt noch, dass durch die bronchiale Verengung verstärkt durch den Mund geatmet wird.

Dies führt zu einer Austrocknung der alveolären Mukosa. Der Speichelfluss ist eingeschränkt, die nachfolgend beschriebenen Nebenwirkungen von diversen Medikamenten begünstigen zusätzlich eine Xerostomie. Im Speichel kommt es zu einer Anreicherung von Kalzium- und Phosphorionen sowie von Myeloperoxidase. Dadurch wird vermehrt Zahnstein gebildet und die Entzündungsbereitschaft steigt.

Unerwünschte Wirkungen auf der Zahnoberfläche

Bronchodilatoren und antiinflammatorische Arzneimittel zur Therapie der asthmatischen Erkrankung haben durchwegs beträchtliche Auswirkungen auf die oralen Gewebe. Steroide und anticholinergische Medikamente wie Ipratropiumbromid und Mastzellstabilisatoren wie Cromoglycinsäure beeinflussen die Speichelbildung und die Zusammensetzung der Saliva.

Die medikamentös induzierte Xerostomie geht mit unangenehmem Bennen der Schleimhaut, Rötungen, Geschmacksveränderungen, Mundgeruch und Neigung zu Ulzerationen einher.
Die meisten Medikamente werden mittels eines Inhalators oder Verneblers verabreicht. Aber nur ein Bruchteil der applizierten Wirkstoffe erreicht tatsächlich die Bronchialschleimhaut, der Rest verbleibt auf der oralen Mukosa und der Zahnoberfläche und entfaltet hier unerwünschte Wirkungen.

Inhalative Therapie fördert Mundtrockenheit

Beta-2-Agonisten reduzieren die Sekretionsrate von Speichel um bis zu 36% des normalen Volumens. Auch die Zusammensetzung wird verändert. Die Saliva beinhaltet deutlich weniger Amylase, Speichelperoxidase, Lysozym und IgA. Viele dieser Faktoren sind aber wichtig für die primäre Keimabwehr. Veränderungen in Menge und Viskosität des Speichels führen zu mangelhafter Benetzung der Mukosa.

Damit geht eine wichtige Schutzbarriere des Epithels gegenüber mechanischen Noxen verloren. Muzin und Speichelglykoproteine modulieren und begrenzen außerdem die Adhäsion von Bakterien und Hefepilzen. Der Mangel an Bikarbonat, Fluoriden und Mineralstoffen führt zu verminderter Remineralisation des Zahnschmelzes und verringerter Pufferkapazität gegenüber Säuren. Das saure Milieu nach Nahrungsaufnahme bleibt deutlich länger bestehen. Besonders bei asthmatischen Kindern fällt der pH-Wert häufig über längere Perioden unter den kritischen Punkt von 5,5.

Medikamente enthalten Milchzucker

Durch die reduzierte Reinigungswirkung des Speichels werden Nahrungsreste nur unzureichend entfernt und bilden daher Nährböden für verstärktes Wachstum von Laktobazillen und Streptococcus mutans. In den inhalatorisch applizierten Medikamenten ist zudem oft Milchzucker enthalten. Wird der Mund nach Gebrauch des Inhalators nicht ausreichend mit Wasser gespült, so verbleibt der Zucker auf den oralen Oberflächen. Jugendliche und Kinder mit Asthma leiden vermehrt unter gastroösophagealem Reflux, welcher wiederum das asthmatische Geschehen verstärken kann.

Zusätzlich gerät Magensäure in die Mundhöhle und senkt dort den pH-Wert weiter ab. Die Kombination all dieser Faktoren führt dann zu einer erhöhten Neigung zu Erosionen und Karies an den Zähnen der betroffenen Patienten.

Soor und Atrophie als Nebenwirkung von Steroiden

Die häufig verwendeten inhalativen Glukokortikoide bewirken bei Langzeitanwendung eine Atrophie und damit erhöhte Vulnerabilität der Schleimhaut. Abhängig von ihrer Dosierung werden sie auch systemisch aufgenommen und können negative Folgen für den Stoffwechsel der Knochen haben.

Eine Verminderung der Knochendichte wirkt sich selbstverständlich auch am Kiefer aus. Die immunsuppressive und antiinflammatorische Wirkung von Kortison hemmt besonders die Abwehr von Candidaspezies. Gemeinsam mit dem in Trockenpulver-Inhalatoren enthaltenem Milchzucker führt dies oft zu massiver Soorbildung.

In der Zahnarztpraxis sind Asthmatiker in jedem Fall als Risikopatienten zu behandeln. Intensivierte Mundhygiene, häufigere Recalls und Instruktionen bezüglich der Verwendung der Inhalatoren, wie das Ausspülen des Mundes nach Applikation und die Verwendung von Spacern, können bleibende Schäden verhindern.

Nachdruck aus Zahn.Medizin.Technik, Wien, mit freundlicher Genehmigung der Autoren und der Redaktion


Buchtipp: „Infektion Risiko Notfall“

Das Buch zeigt in praxisnaher Weise die umfassenden Aspekte der Infektions- und Risikovermeidung bei der zahnärztlichen Behandlung. Die Mundhöhle als Lebensraum von mehr als 700 Arten von Mikroorganismen ist ein natürlicherweise kontaminierter Bereich und stellt daher besondere Ansprüche an den behandelnden Zahnarzt. Hygiene in der zahnärztlichen Routine umfasst nicht nur die Bereiche Desinfektion und Sterilisation, sondern auch den sinnvollen Umgang mit Antibiotika, Fragen der Schleimhautdesinfektion ohne Störung der natürlichern Mundhöhlenökologie, Eliminierung von Infektionserregern bei Wahrung der Integrität des oralen Mikrobioms und vieles mehr. Mögliche Gefahrenquellen für Patienten und zahnärztliche Mitarbeiter wie etwa durch Biofilmbildung in wasserführenden Systemen werden aufgezeigt und diskutiert. Am Ende jeden Kapitels werden die wichtigsten Aussagen in kurzen Zusammenfassungen übersichtlich rekapituliert.

DDr. Christa Eder, Infektion Risiko Notfall, Der Verlag Dr. Snizek e.U.,Wien 2017, 188 Seiten, 12 Abbildungen, durchgehend vierfärbig, 39,90 Euro, ISBN 978-3-903167-02-5, www.der-verlag.at, Faxbestellung: 0043 1 478 74 54