Oft wird nach Ablauf der Probezeit aber „vergessen“, die Vermögensbeteiligung zu gewähren. Gerade die Zulassungsausschüsse sehen solche Verträge in letzter Zeit zunehmend negativ, sodass die Genehmigung solcher Gesellschaften abgelehnt wurde. Noch schlimmer: Teilweise wurde die Genehmigung solcher Gesellschaften mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen. Letzteres kann dann zur Rückforderung vertragszahnärztlicher K(Z)V Honorare führen. Dass dies existenzgefährdende Auswirkungen für die betroffenen Zahnärzte/Ärzte hat, versteht sich von selbst.
Die Anerkennung von Berufsausübungsgemeinschaften zwischen Zahnärzten/Ärzten wurde in der Vergangenheit mehrfach höchstrichterlich von unterschiedlichen Gerichten entschieden. Im Einzelnen sind die Anforderungen der Rechtsprechung durchaus unterschiedlich, was zu einer großen Verunsicherung in der Rechtspraxis führt.
Bundesozialgericht (BSG)
Urteil vom 23. Juni 2010, Az.: B 6 KA 7/09
1. Ein Vertragsarzt übt seine Tätigkeit nicht in „freier Praxis“ aus, wenn er weder das wirtschaftliche Risiko der Praxis (mit)trägt noch am Wert der Praxis beteiligt ist.
2. Weder der Status als Vertragsarzt noch die statusbegründende Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis stehen Richtigstellungen aufgrund einer gesetzwidrigen Gestaltung der beruflichen Kooperation entgegen.
Unterschiedliche Gerichtsentscheidungen: Von besonderer Bedeutung für die Einbindung von Juniorpartnern sind hier die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), 6. Senat, vom 23. Juni 2010 (Az.: B 6 KA 7/09 R), die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. April 1987 (Az.: II ZR 101/86, Nullbeteiligungsgesellschafter), und zuletzt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. November 2015 (Az.: VIII R 62/13).
Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 6. April 1987, Az.: II ZR 101/86
Auch wenn ein Gesellschafter nicht am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt ist, nur einen Anspruch auf Tätigkeitsvergütung hat, nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist und auch in der Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht hat, so schließt dieser Befund eine Gesellschafterstellung nicht aus.
Bundesfinanzhof (BFH)
Urteil vom 3. November 2015, Az.: VIII R 62/13
Die Einkünfte einer Ärzte-GbR sind insgesamt solche aus Gewerbebetrieb, wenn die GbR auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen erzielt, die in nicht unerheblichem Umfang ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Mitunternehmer-Gesellschafter erbracht werden.
Ebenso gibt es Entscheidungen von Arbeitsgerichten, die sich mit der Tätigkeit solcher Juniorpartner auseinandersetzen mussten und diese dann wegen Ablehnung der Arbeitnehmereigenschaft an die ordentlichen Zivilgerichte verwiesen (zum Beispiel Beschluss des Arbeitsgerichts [ArbG] Frankfurt/Oder, Az.: 4 CA 1011/14 vom 20. August 2014). Soweit es um die Sozialversicherungspflicht von Juniorpartnern geht, ist auch die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2014 (Az.: L 4 R 1333/13) zu berücksichtigen.
Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt (Oder)
Beschluss vom 20. August 2014, Az.: Ca 1011/14
Nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen ist entscheidendes Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft vor allem die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters. Danach ist derjenige Arbeitnehmer, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (BAG, Urteil vom 20.01.2010-5 AZR 106 / 09). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht eines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unterliegt also der Beschäftigte hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht, liegt ein Arbeitsverhältnis vor.
Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg
Urteil vom 12. Dezember 2014, Az.: L 4 R 1333/13
Zur abhängigen Beschäftigung eines Zahnarztes auf der Grundlage eines Vertrags „über eine zahnärztliche nicht gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis“.
Versicherungspflichtig sind in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Wichtig ist zunächst einmal, dass der BGH und ihm folgend die Oberlandesgerichte (OLG) die Nullbeteiligungsgesellschaft für rechtlich zulässig erachten und darüber hinaus dem Gesellschafter, der kein Gesellschaftsvermögen hat, gleichwohl den Gesellschafterstatus zuerkannt haben (vergleiche zum Beispiel das oben genannte Urteil des BGH vom 6. April 1987, Beschluss des OLG Frankfurt vom 20. September 2012, Az.: 20 W 264/12, „NZG“ 2013, S. 338).
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, vergleiche Urteil vom 5. Juli 2000, Az.: 5 AZR 888/98) ist Arbeitnehmer, wer seine Dienstleistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte einem umfassenden Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist namentlich der Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Paragraf 84 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Handelsgesetzbuch – HGB). Für die Abgrenzung maßgeblich sind die tatsächlichen Umstände, die die Beziehung prägen und nach denen diese in Wirklichkeit durchgeführt wird. Dabei argumentiert das BAG, dass ein Angewiesensein auf den Ort der Praxis, das heißt, eine dadurch bedingte örtliche Beschränkung bei der Ausübung der geschuldeten Tätigkeit, für sich allein nicht zur persönlichen Abhängigkeit führe (BAG 30. November 1994, Az.: 5 AZR 704/93 – BAGE 78, 343, unter B II 2b [2] der Gründe). Vielmehr ist für den Arbeitnehmerstatus entscheidend, ob er im Wesentlichen seine Arbeitszeit frei bestimmen kann (BAG, Urteil vom 5. Juli 2000, Az.: 5 AZR 888/98).
Auch wenn ein Zahnarzt nicht am Vermögen einer Gesellschaft beteiligt ist, und wenn sich zudem seine Vergütung anhand seiner persönlich erwirtschafteten Honorare ermittelt, so können die Gesellschaftsverträge unschwer so formuliert werden, dass der Juniorpartner keinen Weisungsrechten seiner Partner unterliegt und er seine Arbeitszeit frei verfügen kann, zumal der Juniorpartner auch die Tätigkeit nach den vertrags(zahn)ärztlichen Regeln im Verhältnis zur K(Z)V schuldet.
Der Bundesfinanzhof (BFH) geht ebenfalls davon aus, dass ein nicht am Vermögen, sondern nur am eigenen Honorar beteiligter Zahnarzt/Arzt Gesellschafter im Sinne des Zivilrechts sein kann. Gleichwohl ist er dann nicht steuerlicher Mitunternehmer, wenn er nur an den von ihm erwirtschafteten Honoraren beteiligt ist und seine fehlenden wirtschaftlichen Risiken und Chancen nicht durch ein besonders großes unternehmerisches Initiativrecht mit entsprechendem Einfluss auf die Gesellschafterversammlung ausgleichen kann (vergleiche BFH, Urteil vom 3. November 2015, Az.: VIII R 62/13). Das führt aber nicht dazu, dass der Juniorpartner nicht selbstständig tätig ist, sondern nur dazu, dass die Einkünfte des oder der Seniorpartner anders qualifiziert werden, als wenn der Juniorpartner auch Mitunternehmer wäre.
Leider haben die Sozialgerichte nochmals eine andere Sichtweise, die besonders folgenschwer sein kann. Mehr dazu im zweiten Beitrag dieser Serie.