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Zähneknirschen und Jubel

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Voraussichtlich im September geht der umstrittene Urheberrechtsentwurf in die nächste Runde.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Voraussichtlich im September geht der umstrittene Urheberrechtsentwurf in die nächste Runde.

Netzaktivisten jubeln, Presseverlage und Künstler ärgern sich. Denn: Das Plenum des Europaparlaments in Straßburg hat mit 318 zu 278 Stimmen die geplante europaweite Urheberrechtsreform vorerst ausgebremst. Mitte Juni sprach sich der Rechtsausschuss des EU-Parlaments für die Pläne der EU-Kommission aus, die seit 2001 geltende EU-Urheberrechtsrichtlinie zu reformieren.

Ein Gesetz als Zankapfel

Der Entwurf hat im Vorfeld für große Aufregung gesorgt. Kritiker und Netzaktivisten befürchteten das Ende des Internets. Die geplante Neuregulierung gefährde die Meinungs- und Informationsfreiheit und bedeute eine Abkehr vom Providerprivileg, das die Plattformbetreiber von einer Haftung für Urheberrechtsverletzungen innerhalb ihrer Dienste befreit. Sowohl Gegner als auch Befürworter des Reformvorschlags warfen sich gegenseitig Täuschungsmanöver vor.

Umstritten sind dabei zwei der 24 Artikel. So hat der Rechtsausschuss des EU-Parlaments bereits die Einführung von Upload-Filtern (Artikel 13) wie auch eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger (Artikel 11) mehrheitlich beschlossen. Durch den Artikel 11 (Leistungsschutzrecht für Presseverleger) sollen neben Musik- und Filmproduzenten jetzt auch Verleger ein Recht auf geschützte Inhalte bekommen. Kommerzielle Onlinedienste, die Inhalte von Verlagen digital nutzen, sollen künftig im Rahmen eines Lizenzmodells dafür bezahlen. Konkret würden beispielsweise Suchmaschinen wie Google keine Snippets (kurze Ausschnitte von Pressetexten) in ihren Suchergebnissen ohne Erlaubnis des Verlags anzeigen dürfen. In Deutschland ist das umstrittene Leistungsschutzrecht seit August 2013 in Kraft. Ein Jahr später erteilten etliche Verlage innerhalb der Verwertungsgesellschaft Media eine „Gratiseinwilligung“ an Google, um weiterhin in den Suchergebnissen mit Snippets dargestellt zu werden.

Der Artikel 13 des Gesetzentwurfs würde kommerzielle Onlineplattformen wie YouTube dazu verpflichten, bereits während des Hochladens neuer Inhalte zu prüfen, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Wenn der Hochladende keine Lizenz zur Verbreitung erworben hat, wird der Upload durch entsprechende Filter gestoppt.

Wie geht es weiter?

Der Reformvorschlag ist mit dem aktuellen EU-Entscheid nicht endgültig gescheitert. Voraussichtlich im September wird sich das EU-­Parlament erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Bis dahin sind Änderungsanträge von Fraktionen oder Gruppen von mindestens 38 Abgeordneten möglich.