In der Parodontitistherapie bietet die mechanische Entfernung sub- und supragingivaler Beläge eine gute Prognose. Bei schweren Formen ist es ratsam, unterstützend Antibiotika zu verwenden. Drei aktuelle Fachartikel verdeutlichen in Anlehnung an die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) und Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) die Indikationen für lokale und systemische Antibiotika.
Bakterielle, strukturierte Plaque kann besonders in schwierig zu reinigenden Zahnregionen zu parodontalen Entzündungen führen. Betroffen ist vor allem der Sulkus, der sich aufgrund nicht entfernter Bakterienkolonien und ungünstiger oraler Mikroflora in Verbindung mit der körpereigenen Immunantwort pathologisch erweitert. Ein organisierter Biofilm wirkt zudem als Barriere für körpereigene Abwehrmechanismen, aber auch für Spüllösungen und Antibiotika. Wird die Entzündung nicht bekämpft, können die parodontalen Hart- und Weichgewebe irreversibel geschädigt werden.
Bei mäßigen Parodontitisformen genügt in der Regel die mechanische Zerstörung des Biofilms. Hierbei werden in einem geschlossenen Verfahren alle erreichbaren Beläge entfernt (antiinfektiöse Therapie). In 10 bis 20 Prozent der Fälle sind jedoch unterstützende Antibiotika notwendig, die lokal oder systemisch verabreicht werden können.
Lokale versus systemische Antibiose
Lokal applizierte Therapeutika entfalten rasch und hochkonzentriert ihre Wirkung. Nach Abgabe von einer Trägersubstanz oder einem Träger haftet der Wirkstoff an Hart- und Weichgeweben. Dadurch wird eine kontinuierliche Freisetzung im Sulkus über einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen ermöglicht („Controlled Release Devices“). Als Antibiotika werden Doxyzyklin (Ligosan) oder Minozyklin (Arestin) eingesetzt. Ein weiteres Produkt enthält den antimikrobiellen Wirkstoff Chlorhexidin (PerioChip). Anzuwenden sind diese Produkte primär unterstützend bei verbleibenden Taschen im Recall.
Bei schweren generalisierten chronischen und aggressiven Parodontitisformen mit multiplen Taschensondierungstiefen von mehr als sieben Millimetern sollte die Antibiose systemisch verabreicht werden. Auch bei Nachweis des hochvirulenten Keims Aggregatibacter actinomycetemcomitans (A.a.) mithilfe mikrobiologischer Tests wird eine systemische Behandlung empfohlen [3]. Des Weiteren ist die systemische Gabe laut DGZMK/DGP-Stellungnahme bei Parodontalabszessen mit Ausbreitungstendenz und bei nekrotisierender ulzerierender Gingivitis oder Parodontitis (NUG/NUP) indiziert.
Als gut wirksame Kombination für die systemische Gabe hat sich Amoxicillin plus Metronidazol erwiesen. Liegt eine Penizillinallergie vor, kann Amoxicillin durch Ciprofloxacin ersetzt werden. Um während der Antibiose den Patienten vor einer möglichen antibiotika-induzierten Superinfektion mit Candida zu schützen, sollte parallel das Antiseptikum Chlorhexidin (0,2 Prozent) verabreicht werden. Bei schweren Parodontitisformen ohne A.a. entscheidet der klinische Zustand des Patienten, ob adjuvant ein Antibiotikum hilfreich ist.
Im Grenzfall ist trotz gastrointestinaler Nebenwirkungen und Sensibilisierungsgefahr eine systemische Darreichungsform gegenüber einer lokalen Antibiotika-Applikation vorzuziehen. Hintergrund ist, dass systemisch verabreichte Medikamente nicht nur die Bakterien in der Zahnfleischtasche, sondern des gesamten Mund-Rachen-Raums erfassen. Somit ist mit einem besseren therapeutischen Effekt zu rechnen. Eine alleinige Antibiotikagabe ohne vorherige gründliche mechanische Entfernung des Biofilms ist kontraindiziert, da das Medikament durch die Biofilmbarriere nicht ausreichend wirken kann. Zudem besteht die Gefahr einer Resistenzbildung gegen das verschriebene Antibiotikum.
Therapiekonzepte
Konzept „Göteborg“: Als erste Therapiemaßnahme erfolgt das mechanische antiinfektiöse Debridement ohne Antibiotika. Bei voranschreitender Parodontitis trotz adäquater Therapie werden mikrobiologische Tests durchgeführt und gegebenenfalls Antibiotika verabreicht. Diese Herangehensweise ermöglicht den sparsamen antibiotischen Einsatz und beugt Resistenzbildungen vor.
Konzept „Würzburg“ oder „Genf“: In jedem schweren Parodontitisfall, der trotz mechanischer Therapie nicht ausheilt, werden systemische Antibiotika (Amoxicillin/Metronidazol oder Ciprofloxacin/Metronidazol) eingesetzt – im Unterschied zum Göteborger Konzept ohne vorangehende molekularbiologische Diagnostik. Mit diesem Vorgehen kommen häufiger Antibiotika zur Anwendung, mit entsprechend erhöhtem Risiko für Resistenzbildung.
„Mittelweg-Konzept“: Nur wenn der Leitkeim A.a. subgingival nachgewiesen wurde, soll die Kombination Amoxicillin und Metronidazol eingesetzt werden. Nach aktuellen Metaanalysen erzielen diese Wirkstoffe dreimal täglich über sieben Tage im Anschluss an die mechanische Therapie gute Ergebnisse in Bezug auf Attachmentgewinn und Reduktion der Taschensondierungstiefen. Diese Kombination kann jedoch subgingivale Pseudomonaden und Enterobakterien nicht entfernen. Gegen diese beiden Keimarten hilft Metronidazol in Kombination mit Ciprofloxacin zweimal täglich für eine Woche. Die Gabe systemischer Antibiotika sollte unmittelbar nach der Instrumentierung, also nach Zerstörung des Biofilms, begonnen werden.
Die Verabreichung von Antibiotika im Rahmen der Parodontitistherapie sollte nicht routinemäßig, sondern nur in schweren Fällen und bei Nachweis spezifischer Erreger erfolgen. Dieses Vorgehen hilft, Allergien und Resistenzen zu vermeiden. Für langfristig stabile Erfolge muss eine engmaschige Zusammenarbeit zwischen dem Zahnarzt, seinem Team und dem Patienten gewährleistet sein.