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Mundgesundheit von Flüchtlingen: Prävention hilft

Pressekonferenz zum Deutschen Zahnärztetag 2017 (von links): Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, Prof. Dr. Michael Walter, Präsident der DGZMK, Prof. Dr. Christian Splieth, Universität Greifswald, Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK, und Jette Krämer, Leiterin Abt. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der BZÄK

Pressekonferenz zum Deutschen Zahnärztetag 2017 (von links): Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, Prof. Dr. Michael Walter, Präsident der DGZMK, Prof. Dr. Christian Splieth, Universität Greifswald, Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK, und Jette Krämer, Leiterin Abt. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der BZÄK

Die Mundgesundheit von Flüchtlingen entspricht etwa dem nationalen Stand der Bevölkerung vor 30 Jahren. Viele der Defizite könnten jedoch mit gezielter Prophylaxe und Prävention aufgefangen werden. Das sind einige Ergebnisse der repräsentativen Studie „Flüchtlinge in Deutschland – Mundgesundheit, Versorgungsbedarfe und deren Kosten“ der Universität Greifswald unter Beteiligung der DGZMK, BZÄK und KZBV, die anlässlich des Deutschen Zahnärztetages 2017 vorgestellt wurden.

 

Ali Al-Ani, Universität Greifswald, Prof. Dr. Michael Walter, Dr. Wolfgang Eßer, Prof. Dr. Christian Splieth, Universität Greifswald, Katharina Stocks, Corporate Affairs Manager, Wrigley Oral Healthcare Program, und Dr. Peter Engel auf der Pressekonferenz des Deutschen Zahnärztetages am 10. November 2017 in Frankfurt am Main

Ali Al-Ani, Universität Greifswald, Prof. Dr. Michael Walter, Dr. Wolfgang Eßer, Prof. Dr. Christian Splieth, Universität Greifswald, Katharina Stocks, Corporate Affairs Manager, Wrigley Oral Healthcare Program, und Dr. Peter Engel auf der Pressekonferenz des Deutschen Zahnärztetages am 10. November 2017 in Frankfurt am Main

Die multizentrische Erhebung bietet erstmals einen wissenschaftlich abgesicherten, systematischen Überblick über die Mundgesundheit von Menschen, die in Deutschland Schutz vor Not, Vertreibung und Krieg gesucht haben. Insbesondere Kinder weisen einen deutlich erhöhten Kariesbefall auf. Die Karieswerte im bleibenden Gebiss steigen bei jugendlichen und erwachsenen Geflüchteten an. Die geschätzten Kosten des zahnmedizinischen Behandlungsbedarfs variieren je nach Alter erheblich und liegen bei 45- bis 64-jährigen Patienten am höchsten.

 

Weshalb BZÄK, KZBV und DGZMK gemeinsam die Studie "Flüchtlinge in Deutschland – Mundgesundheit, Versorgungsbedarfe und deren Kosten“ in Auftrag gegeben haben und welche Kosten zu erwarten sind, erläutert Prof. Dr. Michael Walter im Video-Interview.

 

Prof. Walter: eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Prof. Dr. Michael Walter, Präsident der DGZMK: „Der Erhalt oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist ein Beitrag zur erfolgreichen Integration und stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Dieser stellen wir uns mit unserer Fachkompetenz. Die Studie zeigt klare Versorgungsbedarfe in wesentlichen zahnmedizinischen Disziplinen wie Zahnerhaltung, Parodontologie oder Kieferorthopädie und beziffert mögliche Kosten. Damit liegt eine wissenschaftliche Datenbasis vor, die sowohl die orale Erkrankungslast als auch den zahnmedizinischen Behandlungsbedarf bei Flüchtlingen valide erfasst."

Dr. Peter Engel: gesellschaftspolitische Initiative gefragt

Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK: „Aufgrund der in der Studie erkannten Probleme ist es notwendig, die erfolgreichen Präventionskonzepte von Gruppen- und Individualprophylaxe gezielt auf Flüchtlinge und vor allem deren Kinder auszuweiten. Mit einer kulturspezifischen Vermittlung, wie man Krankheiten vorbeugt, erreicht man die Menschen. Damit Flüchtlinge an den sehr erfolgreichen zahnmedizinischen Präventionsstrukturen in Deutschland teilhaben können, bedarf es gesellschaftspolitischer Initiativen. Der zahnärztliche Berufsstand steht dafür zur Verfügung, denn Vorbeugung ist immer besser und günstiger als Nachsorge.“

Dr. Wolfgang Eßer: Für Kostenträger kein Grund für Alarmismus

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV: „Diese Daten schaffen die Grundlage für eine Versachlichung der Diskussion um Kosten für die zahnmedizinische Versorgung von Flüchtlingen. Fest steht jetzt: Für Krankenkassen und öffentliche Hand besteht kein Grund für Alarmismus. Die Behandlungskosten bleiben in einem vertretbaren Rahmen."

Dies gelte ebenso für die akute Schmerzversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wie für den Aufwand, der nach Anerkennung von Asyl durch Regelleistungen der GKV entsteht. "Auch bei der Behandlung von Flüchtlingen kommt dem Ansatz der Wissenschaft selbstverständlich besondere Bedeutung zu: Vermeidung von Mundgesundheitsschäden durch Prävention hat Vorrang, bestehende Schäden sollten so früh wie möglich – und in der Folge zu vergleichsweise geringen Kosten – behoben werden. Durch regelmäßige Kontrollen gilt es dann, eine stabile Mundgesundheit zu erhalten, idealerweise dauerhaft.“

Überschaubare Kosten – abhängig von der Altersgruppe

Die Kosten für eine vollständige Wiederherstellung der Mundgesundheit betragen der Studie zufolge zwischen 178 bis 1.759 Euro pro Flüchtling – in Abhängigkeit von der Altersgruppe. Die tatsächlichen Kosten durch die Inanspruchnahme der Behandlungen nach der regelhaften GKV-Versorgung dürften diese hypothetisch ermittelten Gesamtkosten jedoch deutlich unterschreiten. Alle genannten Berechnungen sind Schätzungen, die von den Rahmenbedingungen des Einzelfalls abhängig sind. Prof. Christian Splieth, Leiter des Autorenteams, empfiehlt bestehende Präventions- und Prophylaxekonzepte für Flüchtlinge anzubieten, um restaurative Maßnahmen möglichst zu vermeiden.

Für die repräsentative Querschnittsstudie wurden von Ende des Jahres 2016 bis Mitte 2017 insgesamt 544 Flüchtlinge aller Altersgruppen von Zahnärztinnen und Zahnärzten an verschiedenen Standorten untersucht. Im Gegensatz zu anderen Erhebungen, die sich meist auf spezielle Erkrankungen in einzelnen Altersgruppen von Flüchtlingen beschränken, werden in der vorliegenden Studie die wesentlichen Mundgesundheitsprobleme und mögliche Therapiekosten bei Patienten im Alter von drei bis 65 Jahren erfasst.

 

Prof. Dr. Christian Splieth (Universität Greifswald), federführender Autor der auf dem Deutschen Zahnärztetag 2017 vorgestellten Studie zur Mundgesundheit von Flüchtlingen, erläutert im Video-Interview die Ergebnisse der Untersuchung – und welcher gesellschafts- und gesundheitspolitische Handlungsbedarf sich aus dieser Datenbasis ergibt.

Förderung der Studie

Die » Studie zur Mundgesundheit von Flüchtlingen wurde von der Wrigley Company Foundation gefördert. Wrigley sieht in diesem Engagement den Auftakt gemeinsamer Bemühungen mit Wissenschaft, Politik und Selbstverwaltung, um die orale Morbidität bei Flüchtlingen systematisch, koordiniert und bedarfsgerecht zu beheben. Die Studie, eine Zusammenfassung zentraler Ergebnisse sowie weitere Informationen für Praxen sind jeweils auf den Websites der beteiligten Institutionen abrufbar, zum Beispiel hier.