Startschuss für die Sommerferien:
In Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sind die Schultore bereits geschlossen, die anderen Bundesländer folgen in den nächsten Wochen. Ergebnis: Verstopfte Straßen und kilometerlange Staus. Da liegen schnell die Nerven blank, und so mancher Autofahrer macht seinem Ärger lautstark Luft. Doch wer allzu freimütig schimpft und gestikuliert, riskiert eine saftige Strafe. Womit Autofahrer im Einzelfall rechnen müssen und was bei Beleidigungen im Ausland gilt, fasst Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), nachstehend zusammen.
Beleidigung im Straßenverkehr ist eine Straftat
„Cool bleiben“: Das ist laut Rassat das Wichtigste für Autofahrer auf dem Weg in den Urlaub. Denn nach der Straßenverkehrsordnung (Paragraf 1 Absatz 1 StVO) erfordert die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Die gehen schon mal verloren nach mehrstündigen Staus in brütender Hitze, womöglich noch mit quengelnden Kindern auf der Rückbank.
Da eine Beleidigung im Straßenverkehr nach dem Strafgesetzbuch eine Straftat (Paragraf 185 StGB) ist, zieht sie unter Umständen eine Geld-, im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe nach sich. Voraussetzung: Der Beleidigte stellt innerhalb von drei Monaten, der sogenannten Antragsfrist, einen Strafantrag. Anders als bei Verkehrsverstößen gibt es für Beschimpfungen und beleidigende Gesten jedoch keinen festen Bußgeldkatalog. Über die Höhe des Betrags entscheidet das Gericht. Dabei berücksichtigt es sowohl die Tatumstände als auch das Einkommen des Beschuldigten.
Was kosten Beleidigungen?
Auch wenn es keine vorgeschriebenen Summen pro Beleidigung gibt, können sich Autofahrer an bestimmten Durchschnittswerten orientieren: Bei einem gestreckten Mittelfinger, dem sogenannten „Stinkefinger“, haben Gerichte bisher Geldstrafen bis zu einer Höhe von 4.000 Euro verhängt. Zeigt ein empörter Autofahrer einen Vogel, kann ihn das 750 Euro kosten. Verbale Beleidigungen bemessen Richter mit Geldstrafen zwischen 250 Euro („Bekloppter“) und 1.500 Euro („Idiot“). „Und auch indirekte Aussagen, wie ‚Am liebsten würde ich A…loch zu dir sagen‘, sehen die Gerichte in der Regel als vollwertige Beleidigungen an“, ergänzt die D.A.S.-Expertin.
Übrigens: Richtet sich die Beleidigung gegen einen Polizisten, kann dies den Hitzkopf besonders teuer zu stehen kommen. Bereits das Duzen eines Polizisten im Eifer des Gefechts kann mehrere Hundert Euro Strafe ausmachen.
Wichtig: Seit der Reform des früheren Punktesystems 2014 gibt es für Beleidigungen im Straßenverkehr keine Punkte mehr. Allerdings können Gerichte zusätzlich zur Hauptstrafe noch ein zeitweiliges Fahrverbot aussprechen.
Teuer kann es aber auch für den Beleidigten werden, und zwar wenn er eine Vollbremsung hinlegt, um den Beleidiger zur Rede zu stellen, und dabei einen Unfall verursacht. Nach dem Oberlandesgericht Nürnberg muss die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers bei einer solchen „unangemessenen Reaktion” nämlich nicht zahlen (Urteil vom 2.12.2004, Az.: 2 U 2712/04).
Andere Länder, andere Gesten
Nicht nur in Deutschland, auch im Ausland sind Beleidigungen in der Regel kein Kavaliersdelikt. Deshalb sollten sich Autofahrer auch in anderen Ländern mit unfreundlichen Gesten am Steuer zurückhalten – gerade der „Stinkefinger” gilt weltweit als Beleidigung. Andere Gesten sind nicht so eindeutig: So kann der hochgestreckte Daumen, der hierzulande als positiver Ausdruck oder als Tramper-Zeichen gilt, in anderen Ländern als Beschimpfung missverstanden werden. Beispielsweise in der Türkei, in Nordafrika und dem Mittleren Osten ist dringend davon abzuraten. Bewegen Reisende den Daumen dann auch noch auf und ab, ist das in vielen Mittelmeerländern, Russland und Teilen Afrikas sogar eine obszöne Beleidigung.
„Auch wenn es manchmal schwerfällt: Autofahrer sollten in stressigen Situationen Ruhe bewahren und auf unflätige Bemerkungen, Ausdrücke und Gesten gänzlich verzichten“, so der Tipp von Rassat. Wer um sein Temperament weiß, kann Mitfahrer vorab bitten, bei angespannter Verkehrslage beruhigend auf ihn einzuwirken – auch wenn sie dann riskieren, selbst zum Blitzableiter zu werden.
Quelle: D.A.S.