Hat Napoleon sich eigentlich die Zähne geputzt? Mit welchem Instrumentenset ist Sir Edwin Saunders, der Zahnarzt von Queen Victoria, seiner Majestät zu Leibe gerückt? Was schreiben Kinder an die Zahnfee? Und: Überzeugt ein Eichhörnchen als Werbeträger für Zahnpasta? Diesen und anderen Fragen kann nachspüren, wer sich die Sommerausstellung in der Londoner Wellcome Collection anschaut. „Teeth“ heißt es dort kurz und knapp noch bis zum 16. Sepember 2018.
Interessante und skurrile Zeitreise
Mehr als 150 Exponate illustrieren, wie sich die Beziehung der Menschen zu ihren Zähnen über die Jahrhunderte entwickelt und verändert hat. Eine interessante, witzige und skurrile Zeitreise für die Besucher.
Votivgaben aus der römischen Antike und Amulette aus dem 19. Jahrhundert, die vor Schmerzen schützen sollten, zeugen von wohl immer schon bestehenden Ängsten rund um die Zähne. Einen Blick in die Anfänge der wissenschaftlichen Zahnmedizin erlaubt das zweibändige Schlüsselwerk der Zahnheilkunde: „Le Chirugien Dentiste“ von Pierre Fauchard aus dem Jahr 1728 mit Darstellungen früher Behandlungstechniken, von Instrumenten – und Prothesen aus Nilpferd-Elfenbein.
Zahnpflege bei Reich und Arm
Als Beispiele für die Zahnpflege der Wohlhabenden zeigt die Ausstellung das Hygiene-Set von Queen Victorias Zahnarzt Sir Edwin Saunders (1814-1901) und Prothesen von König Wilhelm IV. Etwas robuster ging es beim Schmied oder Barbier zur Sache, die sich um die Zähne der weniger Privilegierten kümmerten, dargestellt in Gemälden und Karrikaturen beispielsweise von Thomas Rowlandson.
Orale Mundhygiene als Recht und Verantwortung
Neu aufkommende Technologien veränderten im 19. und 20 Jahrhundert den Ansatz zur Zahnpflege vollständig, Zahnbürsten und -Pasta waren auf einmal verfüg- und bezahlbar, dazu kamen die Entwicklung von Zahnbohrern, der Einsatz von Röntgenstrahlen und die Einführung der Anästhesie. Anhand von Posterkampagnen, Filmen und Animationen zeigt „Teeth“ weiter, wie die Menschen ermutigt wurden, sich um ihre Zähne zu kümmern. Die Idee von oraler Mundhygiene als Recht und Verantwortung entwickelte sich.
Als einzig sichtbarer Teil des menschlichen Skeletts sind Zähne untrennbar mit der – individuellen und kulturell geprägten – Identität verbunden. Dabei reicht das Spektrum vom vielfach angestrebten strahlend-breiten Hollywood-Lächeln bis zur Bereitstellung von wichtigen forensischen Anhaltspunkten nach Kriegen oder Naturkatastrophen. Zähne sagen viel darüber aus, wer wir sind.
Katrin Ahmerkamp/Wellcome Collection
Die Sammlung der Wellcome Collection, Museum und Bibliothek, umfasst eine Mischung aus medizinischen Artefakten und Kunstwerken, die in wechselnden, Ausstellungen präsentiert werden. Sie ist Teil des Wellcome Trust, eine Wohltätigkeitsorganisation für biomedizinische Forschung, die von Sir Henry Solomon Wellcome (1853-1936) gegründet wurde. Sir Henry Solomon Wellcome war ein interessierter Reisender, der eine beeindruckende Sammlung von Büchern, Gemälden und Objekten zur historischen Entwicklung der Medizin weltweit zusammengetragen hat. Die Adresse: 183 Euston Rd, Kings Cross, London NW1 2BE, Vereinigtes Königreich. Info unter wellcomecollection.org.