Anzeige

„Für mich ist es sehr wichtig, Vertrauen zu einem Zahnarzt zu haben“

Menschen mit Down-Syndrom schreiben über Zahngesundheit und ihre Erfahrungen und Wünsche.

Zähne sind wichtig. Das sehen erwachsene Menschen mit Down-Syndrom auch so. Dennoch ist es für viele kein einfaches Thema. Manche haben Glück und haben gesunde Zähne. Andere haben nicht so viel Glück. Aber alle müssen lernen, wie es mit den Zahnarztbesuchen funktioniert. Was passiert dort und warum? Wie verstehe ich das? Warum ist es wichtig, Zähne zu pflegen? Was gibt es für Tipps? Für die Ärzteschaft und auch für die Leute mit Down-Syndrom? Und was haben sie für Wünsche?

Das Team Touchdown 21

Um mehr darüber zu erfahren, hat das Team des partizipativen Forschungsprojekts Touchdown 21 sich mit dem Thema Zahngesundheit beschäftigt.

Zunächst eine kurze Beschreibung des Teams: Wir sind eine Gruppe von erwachsenen Personen mit und ohne Down-Syndrom. Seit 2015 forschen wir zusammen. Unsere Themen haben alle etwas mit dem Leben von Menschen mit Down-Syndrom zu tun. Es geht um Alltagsthemen wie Freizeit, Sport, Liebe, Handy und Lernen und um Fachthemen wie Zwillinge mit Down-Syndrom, Chromosomen, alte Skelette und Lernen, aber auch darum, wie diese Inhalte der (Fach-)Welt vermittelt werden können. Deshalb gibt es das Informationsportal www.touchdown21.info. Die Texte sind in klarer Sprache geschrieben. So können alle Menschen sie verstehen.  

Touchdown 21 und das Thema Zahngesundheit

Das Touchdown 21 Team beschäftigt sich zurzeit mit dem Thema Gesundheit von erwachsenen Menschen mit Down-Syndrom – dazu gehören natürlich auch die Zähne. Daher haben wir fünf Personen mit Down-Syndrom zum Thema Zahngesundheit befragt. Zwei der Befragten fanden es hilfreich, einen Fragebogen auszufüllen. Zwei Personen haben einen Text geschrieben mit allem, was sie wichtig finden. Das haben sie selber und ohne Hilfe getan. Die fünfte Person hat sich entschieden das Thema künstlerisch zu bearbeiten, ihre Bilder illustrieren diesen Beitrag.

Anna Rossa Mund 2

„Zahnärzte sollen Geduld haben.“

Julia Bertmann: Sie ist 35 Jahre alt und beschreibt die für sie wesentlichen Punkte

Mein Zahnarzt hat eine Zahnklinik. Sie machen alles. Zähne nachgucken, säubern, bohren, Zähne ziehen, neue Zähne einsetzen und noch viel mehr. Mein Zahnarzt erklärt mir immer, was er macht. Einmal musste er bohren. Da habe ich eine Spritze bekommen. Alles war betäubt. Ich durfte nichts essen und nichts trinken. Viele Menschen mit Down-Syndrom haben nicht alle Zähne. Es gibt auch Menschen, die haben nur Milchzähne. Zahnärzte sollen Geduld haben. Sie müssen erklären, was sie tun. Sie können zeigen, wie man seine Zähne gut putzt. 2 Mal im Jahr soll man zum Zahnarzt gehen. Dann gibt es noch die Zahnreinigung. Da soll man auch 2 Mal im Jahr hingehen. Das kostet aber Geld. Das sollte die Krankenkasse eigentlich auch bezahlen. Morgens und Abends soll man die Zähne putzen.

Anna Rossa Mund 3

„Die müssen vorsichtiger werden.“

David Blaeser: Er ist 15 Jahre alt und hat alle Fragen am Computer beantwortet

Was sind die Aufgaben einer Zahnärztin, eines Zahnarztes?
Blaeser: Sie gucken, ob die Zähne sauber sind, wenn nicht, werden die Zähne repariert.
Was passiert beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin?
Blaeser: Zähneputzen, Zähne Kontrollieren, Zähne Wegziehen.
Können Sie das genauer beschreiben?
Blaeser: Ich setze mich auf dem Stuhl und der Zahnarzt/die Zahnärztin schaut in meinem Mund rein, ob ich Karies habe oder nicht. Ich muss immer ein oder zwei Schlucke Wasser nehmen und ausspülen und dann spuckt man in einem Waschbecken rein.
Die Zahnärztin/der Zahnarzt muss einen Zahn ziehen, wie ist das?
Blaeser: Es war unangenehm und es tat höllisch weh.
Beschreiben Sie, was Sie beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin gut finden.
Blaeser: Ich finde es besonders gut, dass sie mich Gesund hinterlassen haben.
Was finden Sie nicht gut beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin?
Blaeser: Die haben mir weh getan, dass fand gar nicht gut.
Was muss geändert werden, was haben Sie für Vorschläge?
Blaeser: Die müssen vorsichtiger werden.
Wie oft putzen Sie sich die Zähne und wie machen Sie das?
Blaeser: Ich putze immer meine Zähne. Ich nehme meine Elektronische Zahnbürste, mache einbischen Zahnpasta, stecke in meinem Mund, mache es an und lege los zu putzen.
Manche Menschen haben Angst zum Zahnarzt/zur Zahnärztin zu gehen. Haben Sie Tipps, damit Menschen diese Angst nicht mehr haben?
Blaeser: Nicht mehr darüber nachdenken, dass die keine Zähne raus gezogen werden, einfach denken es Passiert nicht.
Ist es wichtig, Zähne zu putzen? Warum?
Blaeser: Damit man keine Karies bekommt und es sieht nicht schön aus.
Verstehen Sie, was warum beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin gemacht wird?
Blaeser: Ich kann es verstehen, damit man keine Zahnschmerzen hat. Zahnschmerzen tut sehr weh.
Ist es wichtig, das alles zu verstehen?
Blaeser: Ja, es ist sehr wichtig zu verstehen, damit man weiß, was es wichtig ist.
Was ist Ihnen lieber – alleine oder mit Begleitung zum Zahnarzt/zur Zahnärztin?
Blaeser: Mir ist mir lieber alleine zu gehen, damit ich als Erwachsener zu verhalte.
Wie ist dieser Text entstanden?
Blaeser: Es wurde an meinem Computer getippt.

Anna Rossa Mund 4

„Mein Zahnarzt lobt mich, wenn meine Zähne in Ordnung sind“

Maria Trojer: Sie ist 30 Jahre alt schreibt seit vielen Jahren für das Ohrenkuss-Magazin www.ohrenkuss.de

Als Zahnarzt kann er es gut, seit ich klein war.
Die Arzthelferin ist nett, kennt mich auch so gut, sie hilft Ihm dabei.
Sie schaut nach ob alles in Ordnung sei.
Hatte früher eine Zahnspange und putze jeden morgen und abends die Zähne.
Angst bekam ich nie vor ihm, weil er immer lustig ist, lobt mich wenn meine Zähne in Ordnung sind, weil ich so brav putze. Ich gehe einmal im Jahr zu ihm.
Seine Frau die arbeitet als Sprechstundenhilfe .
In Wartezimmer warten wir nie so lange, kommen gleich dran.
Mein Zahnarzt ist mein Nachbar.

 

Anna Rossa Mund 5

„Dreimal am Tag Zähne putzen ist mein persönliches Maximum.“

Andrea Halder: Sie ist 33 Jahre alt und hat zu diesem Thema viel zu sagen

Kennen Sie eine Zahnärztin, einen Zahnarzt?
Halder: Klar kenne ich einen Zahnarzt. Der ist mit seiner Praxis hier bei uns in Lauf. Seit ich ein kleines Mädchen war, bin ich sehr gerne zum Zahnarzt gegangen. Unser Zahnarzt ist sehr gewissenhaft, freundlich und immer sehr geduldig und er nimmt sich immer viel Zeit für uns. Weil unser Zahnarzt in Lauf ist mit seiner Praxis kann ich sogar zu Fuß hingehen.
Können Sie den Beruf beschreiben? Was sind die Aufgaben einer Zahnärztin, eines Zahnarztes?
Halder: Um Zahnarzt zu werden muss man vorher Zahnmedizin studiert haben, und diese Aufgaben muss er dann üben in speziellen Fachkliniken. Der Zahnarzt informiert seine Patienten über die richtige Mundhygiene, und behandelt wenn man Zahnschmerzen hat. Bei gewissen Änderungen an den Zähnen muss der Zahnarzt eine Wurzelbehandlung machen. Manchmal muss er Zähne ziehen oder bohren. Was auch zu seinen Aufgaben zählt, ist das Zähne zählen und seine Assistentin muss dann alles notieren auf einer Kartei-Karte wo man mit Namen draufsteht. Sie muss auch die richtigen Akten und die Kartei-Karten vorschriftsmäßig heraussuchen und die für den Zahnarzt herauslegen. Die anderen Zahnarztassistentinnen sitzen vorne im Eingangsbereich und heißen die Patienten sehr freundlich willkommen mit ihren schönsten Lächeln. Sie brauchen die DAK-Karte, damit sie es in ihrem System abspeichern können im Computer, und dann bekommt man die Karte wieder zurück.
Was passiert beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin?
Können Sie das beschreiben?

Halder: Zuerst melde ich mich vorne an und dann muss ich kurz im Wartezimmer warten bis ich aufgerufen bin. Danach werde ich hineingebeten in das Behandlungszimmer vom Arzt und begrüße ihn mit einem kräftigen Handschlag. Er bittet mich auf seinen Behandlungsstuhl Platz zu nehmen, damit er meine Zähne kontrollieren kann. Und er stellt dann den Stuhl auf die richtige Höhe ein, die er braucht um mich besser behandeln zu können, und die Beleuchtungslampe zieht er vorschriftsmäßig über mich drüber um in meinem Mund zu schauen um meine wertvolle Zähne in Augenschein zu nehmen. Der Zahnarzt trägt bei seiner Arbeit immer einen Mundschutz. Und ich bekomme immer ein Lätzchen umgehängt mit einer Metallkette dran. Der Zahnarzt kontrolliert meine Zähne. Das macht mein Zahnarzt immer sehr ordentlich und sehr gewissenhaft, und er lobt mich immer für meine schöne und gepflegte Zähne.
Wie läuft das ab bei einer Zahnreinigung?
Halder: Ja, das macht er super gründlich mit seinen sehr speziellen Spritzen die dort an eine kleine spezielle Maschine angeschlossen sind. Das liegt immer schon griffbereit da und seine Zangen, seine Spiegeln und das ganzes Material liegen dort ebenfalls.
Erklärt Ihr Zahnarzt Ihnen, wie Ihre Zähne geputzt werden müssen?
Halder:
Das nicht unbedingt, weil das weiß ich gut genug. Sondern nur wie ich meine elektrische Zahnbürste verwenden soll mit speziellen Handgriffen und dass man den Bürstenkopf so drehen soll, wenn man die oberen Zähne putzt. Und er zeigt mir noch wie ich mit der Zahnseide umgehen muss, ich habe eine sehr spezielle Zahnseide geschenkt bekommen.
Wie oft putzen Sie sich die Zähne? Und wie machen Sie das? Womit?
Halder: Ich putze meine Zähne dreimal am Tag. Das ist mein persönliches Maximum. Außerdem ist sehr wichtig die Zähne zu putzen. Ich putze immer von rot nach weiß. Also von oben bis nach unten. Mit meiner elektrischen Zahnbürste. Und man sollte die Zähne besser schützen. Und auch wegen der Vorsorge.
Wissen Sie, warum es wichtig ist, gut zu kauen?
Halder: Ja wegen der Verdauung ist es sehr wichtig gründlich zu kauen. Und man will auch nicht dass die Reste ansetzen zwischen den Zähnen, das führt zu weiteren Zahnkomplikationen und auch zu Karies. Manche Leute verstehen das nicht unbedingt.
Wissen Sie, warum es wichtig ist, nach dem Zähneputzen (abends) nichts mehr zu essen?
Halder: Weil sonst die Reste die ganze Nacht an den Zähnen kleben. Und man möchte auch gut aussehen. Und auch wegen der Figur sollte man nicht spät am Abend in der Regel zu naschen oder zu essen. Ich habe da öfters meine Probleme damit.
Was ist mit dem Zahnfleisch? Haben Sie da Probleme?
Halder: Das hatte ich mal ganz früher gehabt nach dem Zähne putzen. Aber auch nur wenn ich zu fest und zu gefährlich mit meiner Zahnbürste dran gekommen bin. Da hat mein Zahnfleisch mal nachgegeben und ist komplett wund aufgerissen beim Zähne putzen. Ich habe dann Blutfäden gespuckt ins Waschbecken. Das hatte ich dann meinen Zahnarzt mal gebeichtet. Und ich wollte vom ihm wissen woher das Zahnfleischbluten überhaupt herkommt. Da bin ich schon damit auf den Grund gegangen. Jetzt habe ich mit dem Zahnfleisch keine solche Probleme mehr.  
Was gibt es zum Thema Mundhygiene zu sagen?
Halder: Über Mundhygiene kenne ich mich selbst gut genug aus. Ich achte immer darauf einen frischen Atem zu haben auch auf meiner Arbeit. Und überhaupt ist mir das am allerwichtigsten bei diesem Thema.
Musste der Zahnarzt bei Ihnen schon mal bohren?
Halder: So was kenne ich überhaupt nicht. Bei mir war das nie der Fall gewesen. Und mein Zahnarzt hat bei mir noch nie einen Zahn gebohrt wegen Karies.
Haben Sie denn Angst zu Ihrem Zahnarzt zu gehen?
Halder: Angst kenne ich überhaupt nicht. Weil ich ein festes Vertrauen zu meinem Zahnarzt habe. Für mich ist es sehr wichtig Vertrauen zu einem Zahnarzt zu haben. Wenn man kein Vertrauen hat, dann ist man allein mit diesem Thema aufgeschmissen. Und ohne Vertrauen kann man nicht zum Arzt hingehen. Das ist ein sehr wichtiges Thema. Ängstliche Menschen müssen lernen ein festes Vertrauen zu einem speziellen Arzt aufzubauen. Das ich persönlich sehr wichtig. Man sollte dieses Thema weiter ausbauen.
Ist es wichtig, zum Zahnarzt/zur Zahnärztin zu gehen? Warum?
Halder: Ja man sollte regelmäßig einen Vorsorgetermin machen, Um zu kontrollieren ob alles okay ist. Für die Patienten ist es sehr wichtig die Zähne gesund zu halten. Es gibt viele Probleme wenn man zu viel Süßigkeiten isst. Das führt zu schlimmen Zahnschmerzen und dann muss man auch dagegen etwas tun.
Verstehen Sie, was warum beim Zahnarzt/bei der Zahnärztin gemacht wird?
Halder: Ich verstehe dort alles bei meinem Zahnarzt. Sie erklären mir immer sehr alles haargenau wie sie mich behandeln. Und sie nehmen sich immer sehr viel Zeit für ihre Patienten.
Ist es wichtig, das alles zu verstehen?
Halder: Für mich ist es sehr wichtig was mein Zahnarzt von mir will. Und es schadet ja nie noch mehr dazu zu lernen. Das sorgt immer für die Fortbildung.
Was ist Ihnen lieber – alleine oder mit Begleitung zu Ihrem Zahnarzt?
Halder: Ich könnte in der Regel selbst zum Zahnarzt hingehen weil er seine Praxis in Lauf hat. Aber ich gerne mit  männlicher Begleitung nämlich mit meinem Vater, weil er sich selbst ein Bild davon machen will.  
Wie sollte ein Wartezimmer aussehen? Sollte es Filme geben im Wartezimmer, auf dem Behandlungsstuhl?
Halder:
Ich unterstützte das nicht. Weil ich einfach strikt dagegen bin um irgendwelche dumme Filme anzubieten. Außerdem geht es mir um die Zahnärzte allgemein. Ich brauche in der Regel keine Filme anzuschauen auf dem Behandlungsstuhl, ich habe es viel lieber mit den Ärzten um mich herum. Das ist ein besseres Klima dort. Das Wartezimmer sollte hell, freundlich und sauber sein.
Wie wichtig ist es, dass die Zahnärztin und die anderen Personen freundlich sind?
Halder: Wenn man selbst zu den Zahnärzten freundlich, höflich und zuvorkommend ist, dann bekommt man diese Werte von den entsprechenden Leuten auch zurück. Und das fühlt sich richtig gut und erwachsen an. Für mich ist das sehr ein wichtiges Thema.  Im allgemeinen müssen diese Ärzte Freundlichkeit, Höflichkeit und Offenheit und Ehrlichkeit besitzen. Ohne diese Eigenschaften von den Ärzten sollten sie nicht weiter praktizieren. Das ist die Vorschrift. Und das müssen auch diese Ärzte einhalten. Ich habe da meine jahrelange nur gute Erfahrungen gesammelt.
Verraten Sie uns noch, wie ist dieser Text entstanden?
Halder:
Ich habe diesen Fragebogen selbstständig durchgelesen und alles gut verstanden, habe mir meine Gedanken zu diesem Thema gemacht und alles selbst getippt.

Das Touchdown 21 Team wird weiter am Thema Gesundheit arbeiten. Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Fragen an uns senden. Bitte schreiben Sie eine E-Mail an: braganca@touchdown21.info.


Texte: Julia Bertmann, David Blaeser, Andrea Halder und Maria Trojer
Bilder: Anna Rossa. Sie ist 31 Jahre alt und Künstlerin im Kölner KAT 18: www.kunsthauskat18.de
Zusammengestellt von Katja de Bragança