Beitrags-Reihe „Der faire Praxiswert” (Teil 1): Mit diesem und den folgenden kurzen Beiträgen möchte ich allen Zahnärzten, Steuerberatern, Bankern und anderen Interessierten näherbringen, was eigentlich genau unter dem Begriff „Praxiswert“ zu verstehen ist. Eine professionelle Begutachtung kann das nicht ersetzen, aber vielleicht das Verständnis dieser komplizierten Materie etwas verbessern. Ein besonderes Augenmerk habe ich auf Kürze und Verständlichkeit gelegt. Experten mögen mir die damit verbundene Oberflächlichkeit verzeihen.
Was ist mit „Wert“ gemeint?
Das Wichtigste zuerst: Den Wert an sich gibt es nicht. Es gibt nur Werte für jemanden. Die Angabe eines Werts in Euro erfolgt stets aus einem bestimmten Blickwinkel. Nehmen wir an, Sie wollen Ihre Praxis abgeben und haben einen Übernahmekandidaten gefunden. Es ist nicht auszuschließen, dass Sie beide verschiedene Wertvorstellungen vom Preis Ihrer Praxis haben. An dieser Stelle handelt es sich meistens um sogenannte „Entscheidungswerte“: Sie verkaufen nicht unter 100.000 Euro, der Übernehmer zahlt nicht mehr als 150.000 Euro. Wie man auf solche Zahlen überhaupt kommt, erkläre ich später.
Jedenfalls gibt es hier einen positiven Einigungsbereich, irgendwo zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Das ist beim Bewertungsanlass „Verkauf/Kauf“ oft so. Anders kann sich das darstellen im Trennungs- oder Scheidungsfall. Der Praxisinhaber hält seine Praxis für nicht besonders wertvoll, der geschiedene und zugewinnausgleichsberechtigte Partner aber sehr wohl. Hier muss dann ein rechtssicherer Wert ermittelt werden, und dazu benötigt man ein Bewertungsmodell.
Modifiziertes Ertragswertverfahren hat sich durchgesetzt
Durchgesetzt hat sich das modifizierte Ertragswertverfahren zur Bestimmung des immateriellen Praxiswerts. Das ist das Rechenmodell. Gesucht wird von den Beteiligten in den meisten Fällen der sogenannte Verkehrswert. Das ist der Wert, der durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
Die Berechnung ist nicht einfach, da wir im Praxisbereich keinen vollkommenen Markt mit vielen realisierten Transaktionen haben (wie beim Autokauf die „Schwacke-Liste“). Die Schwankungsbreite ist erheblich. Außerdem bestimmen gerade die persönlichen Verhältnisse den Preis. Es ist sehr viel Fachwissen erforderlich, um zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen.
Wichtig ist schließlich noch die Stichtagbezogenheit. Es muss stets der Wert an einem bestimmten Tag ermittelt werden. Morgen kann der Wert schon ein anderer sein.