Wie die meisten Unternehmen in Deutschland sind auch Zahnarztpraxen stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen. Die Patientenzahlen sind spätestens seit den am 22. März eingeführten Kontaktverboten stark zurückgegangen. Bisher konnte jedoch niemand beziffern, wie hoch die Umsatzausfälle der Zahnarztpraxen tatsächlich ausfallen.
Um diese Frage zu beantworten, hat die FIBU-doc Praxismanagement GmbH (Hünstetten) die täglichen Leistungsdaten von teilnehmenden Praxen auf anonymer Basis ausgewertet und in einem Index, dem „solvi Leistungsindex in der Coronavirus-Pandemie“ (kurz: SLIC), aggregiert. Die Ergebnisse werden nachfolgend vorgestellt und in den kommenden Wochen in weiteren Beiträgen ausführlicher untersucht und aktualisiert.
Leistungserbringung in KW13 und KW14
Bereits am 25. März hatten wir in einem ersten Beitrag zu den Folgen der Coronavirus-Pandemie berichtet, dass sich als direkte Folge der Pandemie und der eingeleiteten Gegenmaßnahmen bereits in Kalenderwoche 13 (letzte Märzwoche) ein Rückgang der erbrachten Leistungen in Deutschlands Zahnarztpraxen von ca. 40 Prozent beobachten ließ. Bereits damals hatten wir ebenfalls die Befürchtung geäußert, dass es im Jahresverlauf zu massiven Liquiditätsengpässen und einer existenzbedrohenden Lage für viele Zahnarztpraxen kommen wird, sollte sich dieses niedrige Niveau fortschreiben. In unserer Analyse vom 12. April mussten wir leider konstatieren, dass sich der negative Trend in Kalenderwoche 14 weiter verfestigte.
Leistungserbringung in KW15
Um die Entwicklung der zahnärztlichen Leistungserbringung in Zeiten der Coronavirus-Pandemie kontinuierlich beobachten zu können, berechnet FIBU-doc aus den täglichen Leistungsdaten von teilnehmenden Praxen einen Index, der die Entwicklung der Leistungserbringung abbildet und die Veränderung gegenüber dem Vergleichszeitraum Ende Februar einfach veranschaulicht. Der Index wurde dafür auf den 1. März 2020 mit einem Wert von 100 Punkten indexiert, sodass die Leistungserbringung im weiteren Verlauf einfach anhand des Indexstandes abgelesen werden kann.
Zum Ende der Kalenderwoche 15 stand der Index bei 55 Punkten, was folglich einem Rückgang von 45 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum Ende Februar bedeutet.
Dies entspricht einem weiteren Rückgang von 7 Punkten im Vergleich zum Ende der Kalenderwoche 14, in der der Index noch bei 62 Punkten stand.
Die Schwankungsbreite reicht dabei zuletzt von 30 Punkten (70 Prozent Rückgang der Leistungserbringung im 1. Quartil der teilnehmenden Praxen) bis 78 Punkten (22 Prozent Rückgang der Leistungserbringung im 3. Quartil der teilnehmenden Praxen).
Vergleich mit anderen Studien zum Einbruch des Dentalmarkts
Die Entwicklung des SLIC bestätigt ähnliche Studien, die das Warenwirtschaftssystem Wawibox und das Marktforschungsunternehmen Exevia zusammen veröffentlichten sowie mit den kürzlich veröffentlichten ersten Ergebnissen einer Umfrage der BZÄK.
So kommen Wawibox und Exevia bei Betrachtung der Einkaufsdaten von Zahnarztpraxen auf einen Einbruch des Dentalmarkts um ca. 59 Prozent im Monatsmittel. Auf Wochenbasis ergab sich sogar ein Einbruch von knapp 73 Prozent. Die Abweichung zu den Ergebnissen des SLIC lassen sich dadurch erklären, dass Zahnarztpraxen in der aktuellen Situation die Einkäufe liquiditätsschonend überproportional zurückfahren und diese Werte daher stärker zurückgehen als die Leistungserbringung.
Ebenso wie der SLIC kommt die Studie von Wawibox und Exevia zu dem Ergebnis, dass es eine weite Bandbreite bei den Patientenzahlen und Behandlungsmöglichkeiten der Praxen gibt. Die Bandbreite reicht demnach von Praxen, die ganz oder überwiegend geschlossen haben (71 Prozent) bis hin zu Praxen, die noch weitgehend wie vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie agieren (21 Prozent).
Die BZÄK kommt in der Auswertung ihrer Umfrage zu den Auswirkungen der Pandemie auf Zahnarztpraxen zu dem Ergebnis, dass das Arbeitsaufkommen in den Praxen um mehr als 50 Prozent gesunken ist. Sie stellt dabei ebenfalls eine große Varianz fest, die je nach Bundesland bei –22 Prozent bis –72 Prozent liegt und sich durch die jeweiligen gesetzlichen Festlegungen und die jeweiligen Empfehlungen der Berufsorganisationen in den Bundesländern erklärt.
Diese Ergebnisse sind weitgehend konsistent mit unseren Beobachtungen und stützen die Aussagekraft des SLIC. Zusammen zeichnen sie ein klares Bild der bedrohlichen Lage, in der sich Deutschlands Zahnarztpraxen aktuell befinden.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach aktuellem Wissensstand weiterhin von einem akuten Rückgang der Leistungserbringung im Bereich von 40 bis 50 Prozent auszugehen ist. Dieser Trend hat sich im Verlauf der Kalenderwoche 15 bestätigt und wir gehen davon aus, dass sich diese Zahlen auch in Kalenderwoche 16 bestätigen werden. Aufgrund der beschlossenen Lockerungen des Kontaktverbots ist ab Kalenderwoche 17 jedoch mit einer Erholung der Leistungserbringung zu rechen. Ob diese wie erhofft eintritt und in welchem Umfang, werden wir in weiteren Veröffentlichungen des SLIC in den kommenden Wochen untersuchen.
Da viele Fachleute damit rechnen, dass uns die Coronavirus-Pandemie noch bis weit in das Jahr 2021 hinein beschäftigen wird und da auch der geplante Schutzschirm für Zahnarztpraxen im aktuellen Entwurf dazu führen wird, dass die Praxen auch in 2021 noch Liquiditätseffekte aus dem jetzigen Umsatzrückgang spüren werden, halten wir es für äußerst wichtig, die weitere Entwicklung der Leistungserbringung im weiteren Jahresverlauf und in das kommende Jahr hinein genau zu beobachten. Wir werden den SLIC daher im weiteren Verlauf der Pandemie fortlaufend aktualisieren, auf unserem Blog veröffentlichen und in unserem Podcast besprechen.
Mehr dazu unter www.solvi.de/news/slic-kw15