Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) begrüßt die Initiative von Bund und Ländern, Mund-Nasen-Bedeckungen als wirkungsvollen Schritt zum Infektionsschutz zu erachten. In ihrer Stellungnahme vom 26. Januar stellt die DGP den Schutzmechanismus und -grad der verschiedenen Modelle vor.
„Man geht momentan davon aus, dass in etwa 1000 Viren erforderlich sind, um eine Infektion beim Menschen auszulösen. Diese Zahl kann bei den neu aufgetretenen Virusmutationen auch niedriger sein. Ein Mund-Nasen-Schutz kann in Abhängigkeit von seiner Filterleistung die Anzahl inhalierter und exhalierter Partikel reduzieren", schreiben führende Pneumologen in ihrer Stellungnahme. Dabei würde die Filterleistung einer Maske bestimmt durch den Wirkungsgrad (die Filterleistung) des Maskengewebes und den Anteil der Luft, der beim Einatmen das Filtermedium nicht durchströmt (die sogenannte Leckage). Drewnick et al. konnten zeigen, dass eine Leckage, die lediglich 1 Prozent der Filterfläche des Maskentuches ausmacht, die Filterleistung auf etwa 50 Prozent reduziert. Der Luftstrom suche sich dabei immer den Weg des geringsten Widerstandes. Bestünde eine Leckage, so ginge umso mehr Luft durch diese Leckage je höher der Strömungswiderstand der Maske ist, da sich Widerstand und Strömung umgekehrt proportional zueinander verhalten.
Nachfolgend Auszüge aus der Stellungnahme:
1. FFP-Masken
Bauart und Funktionsweise:
1. Das Maskenvlies von FFP-Masken wird in der Regel im sogenannten Melt-Blow-Verfahren hergestellt. Dabei wird Kunststoffgranulat (Polypropylen) geschmolzen und durch winzige Düsen gepresst. So entstehen feine Kunststofffasern, die durch schnelle, heiße Luftströme zu noch kleineren Filamenten verformt werden. Aus diesen Filamenten bildet sich dann das Vliesmaterial, welches unter dem Mikroskop aus einem dreidimensionalen Gangsystem (vergleichbar mit einem Fuchsbau) besteht. Durchströmt bei der Atmung nun die Luft dieses Vlies, so sind Partikel und Aerosole im Luftstrom schnellen Richtungsänderungen unterworfen. Vor allem die größeren Partikel können aufgrund ihrer Trägheit diese schnellen Richtungsänderungen nicht bewerkstelligen und prallen an die Wand des Gangsystems. Dieser Vorgang wird Impaktion genannt.
2. Die Oberfläche des Vliesmaterials ist elektrostatisch aufgeladen, ebenso wie die Oberfläche von Aerosolen und Partikeln. Durch die elektrostatische Wechselwirkung (Anziehung und Abstoßung) werden vor allem die kleineren Partikel und Aerosole mit einer geringeren Masse im Vlies absorbiert. Dieser Mechanismus betrifft vor allem Partikel mit einer Größe unterhalb von 3 μm 5, also vor allem die Partikel, die bei der normalen Atmung abgegeben werden und die sich länger im Schwebezustand halten können. FFP-Masken sind per Definition filtrierende Halbmasken, die sowohl feste Partikel als auch Aerosole abscheiden.
Technische Aspekte:
Die beim Atmen in der Maske entstehenden Drücke bzw. Unterdrücke sind deutlich spürbar und sie bewirken, dass bei nicht dicht sitzender Maske die Leckageflüsse sehr hoch sein können. Diese Leckageflüsse entstehen vor allem im Nasenbereich und können die Filterleistung der Maske erheblich reduzieren.Solche Leckagen bei FFP-Masken treten vor allem bei erhöhter Atemanstrengung und erhöhter Atemfrequenz auf. Anders als in den USA und England ist in Europa bei der Benutzung einer FFP-Maske kein Test auf Dichtigkeit vorgeschrieben, lediglich vom Tragen eines Bartes bei der Anwendung von FFP-Masken wird abgeraten
Wiederverwendbarkeit von FFP-Masken:
FFP-Masken verlieren ihre elektrostatischen Eigenschaften und somit einen Teil ihrer Filterleistung, wenn sie nass werden. Dies würde zum Beispiel bei einem Waschvorgang passieren. Sars-CoV-2 Viren haben außerhalb ihres Wirtes jedoch nur eine begrenzte Überlebenszeit. Auf festen Oberflächen konnte nach 96 Stunden kein vitales Virus mehr nachgewiesen werden. Eine aktuelle Initiative der Fachhochschule Münster empfiehlt daher das siebentägige Lagern von FFP-Masken an der Luft vor erneuter Wiederverwendung. Alternativ schlägt das Gremium eine Trocknung über 60 Minuten bei konstant 80 °C im Backofen vor. Beide Verfahren werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine vitalen Viren auf der Maske belassen. Jedoch können sich bei der Nutzung der Maske auf deren Oberfläche auch Bakterien ansammeln, die mit den angegebenen Verfahren nicht zuverlässig zu beseitigen oder zu inaktivieren sind.
2. Community-Masken
Im Gegensatz zu FFP-Masken unterliegen die in der Regel aus textilen Stoffen gefertigten Mund-Nasen-Masken (im weiteren Community Masken genannt) keiner Normenvorgabe. Eine Stichprobenuntersuchung der Filtrationsleistung von Community Masken großer Hersteller im Frühjahr 2020 zeigte daher eine große Bandbreite an Messdaten mit Filtrationsleistungen zwischen 35 und 89 Prozent. Die Filtrationsleistung von Community-Masken kann durch das Hinzufügen weiterer Lagen gesteigert werden.
Für Community Masken gilt, wie für alle anderen Maskentypen auch, dass die Leckage zwischen Maskenstoff und Gesichtshaut so gering wie möglich zu halten ist, da jede Leckage die Filterleistung reduziert. Auch ohne vorliegende Studien hierzu, werden vorgeformte Maskendesigns in der Regel eine bessere Passform und somit eine geringere Leckage haben und sind daher zu bevorzugen als Masken mit glattem, zweidimensionalen Zuschnitt.
Die Weiterentwicklung von Community-Masken mit elektrostatischen Eigenschaften, die gereinigt und wiederverwendet werden können, ohne den Filterschutz zu verlieren, wird von der DGP begrüßt. Ihre Rolle als Alternative zur Verwendung von FFP-Masken für die Bevölkerung ist jedoch vor Einführung noch zu prüfen.
3. Chirurgische Masken nach EN 14683
Chirurgische Masken wurden ursprünglich entwickelt, um das Operationsfeld vor einer bakteriellen Verunreinigung durch den Operateur zu schützen. Man unterscheidet drei Klassen mit unterschiedlicher Leistungsanforderung (Typ I, II, IIR).
Durch den zweidimensionalen Zuschnitt der chirurgischen Masken entsteht in der Regel eine unsichere Abdichtung zum Gesicht hin. Die einzige während der aktuellen Corona-Pandemie durchgeführte randomisierte Interventionsstudie zur Effektivität von chirurgischen Masken konnte keine Reduktion der Infektionsrate durch chirurgische Masken feststellen.
Chirurgische Masken sind nach Einschätzung der DGP daher weniger gut geeignet, die Übertragung von Sars-CoV-2 von Mensch zu Mensch zu unterbinden.