Nachdem das Bundeskabinett den Entwurf für das GKV Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen hat, drohen durch die darin vorgesehenen drastischen Vergütungskürzungen und Budgetierungen gravierende Leistungskürzungen mit erheblichen Folgen für die Patientenversorgung.
„Die geplanten Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich sind weder sachgerecht noch in irgendeiner Form verhältnismäßig. Sie werden fatale Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit der Versicherten bewirken und werden strikt abgelehnt“, kommentierte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), den Beschluss der Bundesregierung.
Mehrfach und aktuell im Anschluss an die Kabinettssitzung hatte Bundesgesundheitsminister Lauterbach bekräftigt, dass mit dem Gesetz keine Leistungskürzungen verbunden seien. „Hier führt der Minister die GKV-Versicherten hinters Licht,“ kritisierte Eßer. „In einer budgetierten Gesamtvergütung, wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, würden die erst kürzlich freigegebenen notwendigen Finanzmittel für neue Leistungen und insbesondere die neue Versorgungsstrecke bei der Parodontitis-Therapie massiv gekappt. De facto werden damit dringend notwendige Leistungen, auf die die Versicherten neuerdings einen Rechtsanspruch haben, durch die Hintertür wieder gestrichen.“
Erst im Juli 2021 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Konsens und mit Genehmigung des Gesundheitsministeriums in Kenntnis der dafür erforderlichen Finanzmittel eine bahnbrechende Richtlinie zur Bekämpfung der großen Volkskrankheit Parodontitis beschlossen. Für die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung stellt die neue Parodontitis-Versorgungsstrecke einen Quantensprung dar. Unbehandelt ist Parodontitis die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Die Erkrankung steht im Zusammenhang mit schweren Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes und stellt ein Risiko für Schwangere, demenzielle Erkrankungen und schwere Verläufe bei Infektionen mit dem Coronavirus dar. Der Behandlungsbedarf in Deutschland ist extrem hoch: Jeder zweite Erwachsene leidet an einer behandlungsbedürftigen Parodontitis.
„Viele Jahre hat man in der gemeinsamen Selbstverwaltung um diese als Leuchtturmprojekt der zahnmedizinischen Versorgung gefeierte Innovation, die auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen einer modernen Parodontaltherapie beruht, gerungen. Jetzt wird ihr mit einem Federstrich die Grundlage entzogen und die Menschen faktisch ihres Leistungsanspruches beraubt. Das ist unverantwortlich und sollte nicht verschwiegen oder beschönigt werden. Die finanziellen Mittel für die erforderlichen Behandlungen waren eingeplant und beschlossen und dürfen jetzt nicht durch die kalte Küche wieder einkassiert werden“, so Eßer. „Da Minister und Bundesregierung vor diesen drohenden Realitäten offenbar die Augen verschließen, ist jetzt das Parlament gefordert, in die Bresche zu springen und die notwendigen Korrekturen am Gesetzentwurf vorzunehmen.“
Weitere Stimmen
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Land Brandenburg (KZVLB) und die Landeszahnärztekammer Brandenburg (LZÄKB) wenden sich mit „Brandbrief“ an brandenburgische Politiker.
Auf der Homepage der KZV Westfalen-Lippe kann ein offener Brief an Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach heruntergeladen werden mit der Aufforderung, die zahnärztliche Versorgung betreffenden Regelungen aus dem Gesetzentwurf zu streichen.
Die gemeinsame Stellungnahme von BZÄK und KZBV zum Referentenentwurf eines GKV-FinStG kann hier nachgelesen werden.
Auch die DG Paro hat „unaufgefordert“ und aus wissenschaftlicher Sicht eine Stellungnahme herausgegeben. Die DG Paro lehnt die im Gesetzentwurf vorgesehene „Wiedereinführung einer Budgetierung aufgrund ihrer fatalen Auswirkungen auf die parodontologische Versorgung ab.“
"Klares Nein zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz" seitens der Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin (KZV Berlin). Dies ergeht aus einem Rundschreiben (Nr.9) vom 19. Juli 2022.
Stellungnahme des DGZ-Verbundes zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vom 27. Juli 2022
Hier gelangen Sie zur Themenseite zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vom Bundesministerium für Gesundheit.