Chirurgische Behandlungen erfordern hohe Ansprüche an die Hygiene und sind in der
Regel mit einem erhöhten Zeitaufwand verbunden. Im Privatbereich lässt sich das über
die Faktorgestaltung betriebswirtschaftlich darstellen, im Kassenbereich ist dies so
nicht möglich, deshalb ist es hier besonders wichtig, dass alle möglichen Leistungen
auch zur Abrechnung gelangen.
Viele Praxen verschenken immer noch viel Honorar, weil das Wirtschaftlichkeitsgebot
und der genaue Leistungsinhalt der Bema-Positionen zu wenig beachtet wird und
deshalb schlummert häufig gerade in diesem Bereich noch ungenutztes
Abrechnungspotenzial. Denn auch neben chirurgischen Kassenleistungen können
Leistungen, die über den Inhalt der GKV hinaus gehen, mit dem Patienten privat
vereinbart werden.
Entfernung von Zysten
Mit der Gebühr für die Entfernung eines Zahnes sind Maßnahmen für das Auskratzen
von Granulationsgewebe und die Entfernung kleiner Zysten mit abgegolten. Die
Abrechenbarkeit der Entfernung von Zysten nach der Bema-Nr. 56 a-d ist nur dann
möglich, wenn die Größe der Zyste einen Mehraufwand mit sich bringt. Deshalb sind
Zystenoperationen häufig Gegenstand von Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Ein entsprechender radiologischer Befund ist hier im Zweifel der beste Beweis für das
Vorliegen der Abrechnungsfähigkeit der Bema-Nr. 56 a-d. Liegt kein Röntgenbild vor
oder lässt sich die Größe der Zyste auf dem Röntgenbild nicht eindeutig bestimmen,
können histologische Befunde mit Größenangabe den Mehraufwand bei der
Entfernung belegen. Eine gute Dokumentation sollte auf jeden Fall vorhanden sein.
Bei der Entfernung von Zysten ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob die Zyste
vollständig im Rahmen einer Zystektomie entfernt wird oder ob eine Zystostomie mit
Fensterung der Zyste und teilweisem Erhalt des Zystenbalgs vorgenommen wird. Des
Weiteren wird unterschieden, ob die Zystenentfernung im Rahmen einer Extraktion
oder in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion vorgenommen
wird:
Bema-Nr. 56 Operation einer Zyste
a) durch Zystektomie als alleinige Leistung oder nach Extraktion
b) durch orale Zystostomie als selbstständige Leistung oder nach Extraktion
c) Zystektomie in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion
d) orale Zystostomie in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion
Blutstillung im Rahmen chirurgischer Eingriffe
Bei chirurgischen Eingriffen kommt es zwangsweise zu Blutungen, deshalb ist die
Stillung einer Blutung, die das übliche zu erwartende Ausmaß nicht übersteigt, mit der
Gebührennummer für die chirurgische Leistung bereits mit abgegolten.
Kommt es jedoch während eines Eingriffes aufgrund von Allgemeinerkrankungen, der
Einnahme von blutgerinnungshemmenden Medikamenten oder aufgrund der
Verletzung von Gefäßen zu stärkeren Blutungen, die das normale Maß übersteigen
und nur mit erheblichem Aufwand gestillt werden können, dann kann die
Blutungsstillung auch im Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff gesondert
berechnet werden.
Die Bema-Nr. 36 ist für die Stillung einer übermäßigen Blutung zum Beispiel durch
Kompression, Zahnfleischverbände, Naht, Elektrokoagulation oder
Medikamentengabe ansetzbar. Die Bema-Nr. 37 ist für die Stillung einer übermäßigen
Blutung durch Abbinden oder Umstechen eines Gefäßes oder durch Knochenbolzung
abrechenbar. Bei beiden Leistungen erfolgt die Abrechnung je Sitzung und je
Blutungsstelle.
Werden für die Blutstillung Medikamente injiziert, kann dies über die GOÄ-Nummern 252
(Injektion, subkutan, submukös, intrakutan oder intramuskulär) oder 253 (Injektion,
intravenös) berechnet werden.
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Hautlappenplastik
Im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ist die normale Wundversorgung,
auch mittels Naht, Bestandteil der operativen Zielleistung und kann deshalb nicht
gesondert berechnet werden. Medizinisch notwendige Wundversorgungen, die über
das übliche Maß hinausgehen, sind jedoch auch im Kassenbereich zusätzlich
berechnungsfähig.
Bei Patienten, die ein erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund von Blutgerinnungsstörungen
haben oder bei denen ein besonders hohes Risiko für Infektionen vorliegt, kann auch
bei einfachen Extraktionen eine Lappenplastik medizinisch notwendig sein. Eine KZV-interne Begründung ist in diesen Fällen nützlich, um Rückfragen seitens der KZV zu vermeiden. Folgende Positionen können zum Ansatz kommen:
- GOÄ-Nr. 2381 Einfache Hautlappenplastik je Lappenbildung
- GOÄ-Nr. 2382 Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation je Lappenbildung
Bei schwierigen Lappenplastiken werden Schleimhautteile aufwendig in ihrer Lage
zueinander gedreht, geschwenkt, gedehnt oder verschoben. Bei der einfachen
Hautlappenplastik können die Defektränder glatt aufeinander zugeführt und vernäht
werden.
Schnittstelle Bema/GOZ
Auch im Rahmen von chirurgischen Leistungen sind zahlreiche Zusatzleistungen mit
dem Patienten nach Paragraf 8 Absatz 7 BMV-Z privat zu vereinbaren. Zusätzliche
eigenständige Leistungen, die nicht vom Leistungsumfang der GKV-Hauptleistung
erfasst sind, können zusätzlich zur Kassenleistung privat berechnet werden.
Die beiden exemplarisch aufgeführten Leistungen dienen der Anregung, ihre eigene
Behandlungsweise zu prüfen, ob wirklich alle Behandlungsschritte im Leistungskatalog der GKV enthalten sind oder ob nicht auch in ihrer Praxis private Zusatzleistungen erbracht, aber nicht immer konsequent abgerechnet werden.
Die Oberflächenanästhesie zum Beispiel ist seit der Reformierung des Bema 2004
keine Vertragsleistung mehr und kann nach GOZ-Nr. 0080 einmal je Kieferhälfte oder
Frontzahnbereich auch neben Anästhesien nach Bema berechnet werden.
Eine weitere Leistung, die im Leistungskatalog der GKV nicht enthalten ist, ist das
Auffüllen der Extraktionsalveole im Sinne einer Socket Preservation.
Ziel der Behandlung ist hierbei das Volumen des Alveolarknochens in Höhe und Breite zu
erhalten. Diese Leistung ist weder in der GOZ noch in der GOÄ enthalten und ist demnach gemäß Paragraf 6 Absatz 1 GOZ analog zu berechnen. Auf die Angabe einer Analogleistung wird bewusst verzichtet, denn bei der Analogberechnung hat jede Praxis die Möglichkeit, die Leistung nach Aufwand und Schwierigkeit individuell zu kalkulieren.
Unsere Empfehlung
Chirurgische Leistungen bieten häufig viel Angriffsfläche für Regresse und
Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Deshalb sollte hier der lückenlosen Dokumentation
besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Anlage von speziellen OP-Protokollen kann den zeitlichen Aufwand minimieren und hilft dabei keine wichtigen Details zu vergessen. Die präoperative Aufklärung des Patienten zum Eingriff selbst, den Risiken der Behandlung, den Folgen bei Nichtbehandlung, die Verhaltensregeln und den eventuellen Kosten der Behandlung sollten ebenfalls Gegenstand der Dokumentation sein.
Werden beim Kassenpatienten zusätzliche Privatleistungen vereinbart, ist eine
schriftliche Vereinbarung nach Paragraf 8 Absatz 7 BMV-Z im Vorfeld der Behandlung
unbedingt zu empfehlen.
Weitere Anregungen und Abrechnungshinweise zu einzelnen Gebührennummern und Dokumentationshilfen finden sie unter abrechnung dental
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