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Wettbewerbszentrale: Zwischenbilanz zu Krankenkassenwerbung

Telefonistin

In zwei Fällen hat die Wettbewerbszentrale jeweils Unterlassungsklage erhoben und in einem Fall eine einstweilige Verfügung beantragt. In vier Fällen wurden Hinweise erteilt. Diese Zwischenbilanz zieht die Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft für fairen Wettbewerb in Bad Homburg, wie sie in einer Pressemeldung mitteilt.

Irreführende Werbung

Der Schwerpunkt bei den Beanstandungen lag dabei auf irreführender Werbung, beispielsweise in Bezug auf Zusatzleistungen. Hier enthielt die von der Wettbewerbszentrale überprüfte Werbung teilweise nur die „halbe Wahrheit“: Eine AOK versprach zum Beispiel „Ab jetzt noch mit mehr Leistungen“ und erwähnte in diesem Zusammenhang die jährliche professionelle Zahnreinigung, verschwieg aber, dass die Kosten nur bis zu einer Höhe von 40 Euro übernommen werden. Dieser Betrag deckt die vom Zahnarzt in Rechnung gestellten Kosten aber regelmäßig nicht ab.

Selbstverpflichtung zur Unterlassung

Eine Betriebskrankenkasse suggerierte dem Interessenten mittels eines Beitragsrechners, sie übernehme die Kosten für Extraleistungen (zum Beispiel homöopathische Arzneimittel) in unbegrenzter Höhe, wies aber nicht darauf hin, dass die Kosten laut Satzung auf 200 Euro pro Kalenderjahr begrenzt sind. In beiden Fällen verpflichteten sich die Kassen gegenüber der Wettbewerbszentrale zur Unterlassung.

Zusatzbeitrag wird zum „Variobeitrag“

In einem anderen Fall wird die Wettbewerbszentrale gegen eine AOK Klage einreichen, die – nach Auffassung der Wettbewerbszentrale zu Unrecht – mit der Aussage warb, „16 Pluspunkte“ (unter anderem Gesundheitsnavigator, erweiterte Haushaltshilfe, Hilfe bei Behandlungsfehlern) gebe es nur bei ihr.

Eine Betriebskrankenkasse „schönte“ den bei Versicherten unbeliebten Zusatzbeitrag und bezeichnete ihn als „Variobeitrag“. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale lässt dies den Verbraucher im Unklaren über den Charakter dieses von ihm zu zahlenden Beitrags. Das Landgericht Frankfurt erließ auf Antrag der Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung, mit der der Krankenkasse die weitere Verwendung dieses Begriffs untersagt wurde (LG Frankfurt, Beschluss vom 11. März 2016, Az.: 3-.06 O 19/16, nicht rechtskräftig).

Aggressive geschäftliche Handlungen

Neben den Fällen irreführender Werbung waren auch sogenannte aggressive Geschäftspraktiken von Krankenkassen ein Thema. Zu den nach Paragraf 4a UWG verbotenen aggressiven geschäftlichen Handlungen zählen auch solche, die dem Verbraucher die Durchsetzung seiner Rechte erschweren: So forderte eine Krankenkasse den Versicherten nach dessen Kündigung auf, Kontakt mit ihr aufzunehmen, damit man einen Termin für ein persönliches Gespräch vereinbaren könne. Die Kündigungsbestätigung wurde erst auf ausdrückliches Verlangen des Versicherten übermittelt. Diese ist aber zwingend notwendig, um eine Mitgliedschaft in einer anderen Krankenkasse begründen zu können und muss von Gesetzes wegen innerhalb kurzer Frist ausgestellt werden. Durch die verzögerte Kündigungsbestätigung wurde der Wechsel des kündigenden Mitglieds in eine andere Krankenkasse erschwert. Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Praxis und erhielt daraufhin die geforderte Unterlassungserklärung.

Methoden der Versichertenakquise nicht immer regelkonform

Auch die aktive Versichertenakquise entspricht nicht immer den Regeln des lauteren Wettbewerbs: Gegen eine in Süddeutschland ansässige Betriebskrankenkasse hat die Wettbewerbszentrale im Februar Klage beim Landgericht Konstanz eingereicht (Az.: 9 O 6/16 KfH): Die Wettbewerbszentrale will der Krankenkasse untersagen lassen, sowohl bei Verbrauchern ohne deren Einwilligung anzurufen, um für eine Mitgliedschaft in dieser Krankenkasse zu werben, als auch die Mitgliedschaft in dieser Krankenkasse zu bestätigen oder die Mitgliedschaft gegenüber seiner bisherigen Krankenkasse ohne Wissen und Wollen des angerufenen Versicherungsnehmers zu kündigen.

Werbeanrufe ohne vorherige Zustimmung sind rechtswidrig

Aufgefallen waren die Aktivitäten der Kasse, weil zahlreiche Versicherte sich wunderten, als sie Kündigungsbestätigungen ihrer Krankenkasse erhielten – weder hatten sie eine Kündigung ausgesprochen noch stammten die Unterschriften auf den angeblichen Kündigungsschreiben von den Versicherten. Die Betriebskrankenkasse hatte offensichtlich die telefonisch erteilte Einwilligung der Versicherten zur Zusendung von Informationsunterlagen genutzt, um gleich den Eintritt in ihre Krankenkasse zu bestätigen und die Mitgliedschaft in der alten Krankenkasse zu kündigen. Bereits Werbeanrufe sind unzulässig, wenn der Verbraucher sich damit nicht ausdrücklich einverstanden erklärt hat.

Selbstkontrolle funktioniert offenbar

„Die Fälle belegen, dass die Selbstkontrolle der Wirtschaft gut funktioniert. Auf alle Verstöße wurde die Wettbewerbszentrale von Krankenkassen, also von der Branche selbst, aufmerksam gemacht.“, stellt Christiane Köber, Mitglied der Geschüftsführung der Wettbewerbszentrale und Expertin für das Wettbewerbsrecht im Gesundheitswesen, fest. „Verbrauchern wären die Wettbewerbsverletzungen möglicherweise gar nicht aufgefallen“, so Köber weiter.