Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Im Schulterschluss für Regulierung und gegen Vergewerblichung
Seit Jahren werden die Standesvertreter der Ärzte und Zahnärzte gleichermaßen von der Sorge um die zunehmende Vergewerblichung des Gesundheitswesens getrieben. Und diese Sorge lässt sich in vier Buchstaben auch eindeutig benennen: iMVZ. Gemeint sind große und übergroße medizinische Strukturen im ambulanten Bereich, deren Investoren vor allem – so die Befürchtung – eins im Sinn haben: Gewinnmaximierung beziehungsweise die Erfüllung von Renditeversprechen an die Geldgeber.
Mittlerweile liegt der Anteil dieser investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) in der Zahnmedizin an allen Z-MVZ bei 30,4 Prozent (so die Zahlen von KZBV und BZÄK, Stand 3. Quartal 2023). Anders ausgedrückt wird es nicht mehr lange dauern, bis die imposante Zahl von 500 iMVZ erreicht sein wird.
Zwar hat es den Anschein, als seien die Zeiten großer Einkaufstouren auf der Suche nach infrage kommenden, gut aufgestellten und damit besonders vielversprechenden Praxen erst mal vorbei, aber die Akquisephase ist allenfalls erlahmt, keineswegs beendet.
- Hinzu kommt, dass sich nicht alle akquirierten Praxen als wirklich lohnende Investition entpuppt haben. Diese Praxen müssen, um das Gesamtkonstrukt nicht zu gefährden und rentabel zu halten, abgestoßen, sprich wieder auf den Markt geworfen werden.
- Viele dieser bei genauerem Blick der Investoren weniger lukrativen Praxen fehlen unter Umständen direkt in der Versorgungslandschaft.
- Hinzu kommen die Praxen, die nach der Strategie buy & sell nur erworben wurden, um sie anschließend – idealerweise mit Gewinn – weiter zu verkaufen. Das gelingt erstens nicht immer, und zweitens besteht die Gefahr, dass diese Praxen trotz erfolgreichem Verkauf auf Dauer dann doch nicht lebensfähig sind.
Die befürchtete Schwächung und Ausdünnung der zahnärztlichen Versorgungslandschaft sind aber nur das Eine, die Verkehrung des ursprünglichen Sinn und Zwecks Medizinischer Versorgungszentren ist eine andere Sache. Selbst die Bundeszahnärztekammer bestreitet in einem Positionspapier von 2023 nicht, dass „Medizinische Versorgungszentren als Organisationsform (…) eine sinnvolle Ergänzung der ambulanten Versorgungslandschaft“ sein können – wenn sie denn interdisziplinär aufgestellt sind. Nur dass dieser Gedanke von der 2015 geschaffenen Möglichkeit zur Gründung sogenannter Mono-MVZ gründlich konterkariert wird.
Fachgruppengleiche MVZ tragen nicht zur Bereicherung der Versorgungslandschaft bei und erleichtern die sektorenübergreifende Versorgung nicht.
Es braucht demnach Rahmenbedingungen, die diesen Namen auch verdienen. Rahmenbedingungen, die auf sinnvolle Weise die dynamische Entwicklung der iMVZ- und iMVZ-Ketten auf ein gesundes Maß reduziert.
Die Liste der Vorschläge mit unterschiedlichen Maßnahmen zur Begrenzung des weiteren Vordringens von iMVZ ist lang. Nicht alle dürften am Ende hilfreich sein. Ob die im Forderungskatalog genannte Transparenzpflicht zur Inhaberschaft zielführend sein wird, ist zum Beispiel eher fraglich. Und ob ein Auslaufen der Bestandsschutzregelungen juristisch haltbar und umsetzbar ist, ebenfalls.
Letztlich muss der Gesetzgeber die sich abzeichnende Entwicklung in Richtung einer Monopolisierung als solche wahrnehmen, dann aber auch aktiv werden. Die Fakten liegen seit 2022 auf dem Tisch, und nun hat sich auch die Bundesärztekammer aus aktuellem Anlass erneut an Bundesgesundheitsminister Lauterbach gewendet, „endlich entsprechende gesetzliche Regulierungen auf den Weg zu bringen“.
Vielleicht gelingt es mit einem noch engeren Schulterschluss von Zahnärzten und Ärzten, gemeinsam Bewegung in das Regulierungsvakuum zu bringen.
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