Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Zum In-Kraft-Treten am 1. April: Am Ostermontag war es soweit: Das vieldiskutierte Cannabisgesetz (CanG), dessen Ursprünge sich bereits im Koalitionsvertrag nachlesen lassen, ist am 22. März 2024 vom Bundesrat gebilligt worden und inzwischen in Kraft getreten – ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Ziel ist der kontrollierte Umgang mit Cannabis und eine gewisse Teilentkriminalisierung, denn seit dem 1. April wird der Besitz von 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit nicht länger strafrechtlich verfolgt. In den eigenen vier Wänden ist jetzt sogar der Besitz von 50 Gramm zum Eigenkonsum„erlaubt“. Hinzu kommt der nun ebenfalls erlaubte Eigenanbau von Cannabis sativa. Erwachsene dürfen künftig bis zu drei Pflanzen selbst anbauen; die Abgabe an Dritte bleibt allerdings weiter verboten.
Gesetzesvorhaben wurde rauf- und runterdiskutiert
Auch wenn das Gesetz zum 1. April in Kraft getreten ist, es ist kein Aprilscherz. Kaum ein Gesetzesvorhaben ist in breiter Öffentlichkeit derart intensiv rauf- und runterdiskutiert worden. Noch vor Inkrafttreten wurde vielerorts Änderungsbedarf angemeldet. So hat beispielsweise die CDU bereits angekündigt, das Gesetz rückgängig machen zu wollen – falls man die Bundestagswahl 2025 gewinnen sollte.
Ganz anders sieht das die treibende Kraft hinter dem Gesetz, Karl Lauterbach. „Der Kampf hat sich gelohnt, Legalisierung von Cannabis kommt Ostermontag“, schrieb er auf „X“. Seine Hoffnung ist, dass mit der Liberalisierung für den florierenden und kaum in den Griff zu bekommenden Schwarzmarkt „der Anfang vom Ende“ eingeläutet wurde.
Treibt der Eigenanbau neue Blüten?
Ob dazu kommen wird wird und ob der Straßenverkauf wirklich zurückgedrängt werden wird, ist allerdings mehr als fraglich. Der erlaubte Eigenanbau wird wohl kaum dazu führen, dass Millionen Cannabis-Konsumenten plötzlich ihren „grünen Daumen“ entdecken und in Kellern, Wintergärten oder im Garten zu privaten Hanf-Bauern werden.
Warnungen der Mediziner und Zahnmediziner
Neben der Politik melden aber auch Mediziner und Zahnmediziner Zweifel am neuen Gesetz und seinen Auswirkungen an. Zwar sehen Experten das Abhängigkeitspotenzial als vergleichsweise gering an, warnen aber dennoch vor dem Risiko psychischer Erkrankungen, vor allem bei jugendlichen Konsumenten – Stichwort Hirnreifung. Hinzu kommt die Gefahr, dass Cannabis-Konsumenten eher Gefahr laufen, zusätzliche Ko-Abhängigkeiten etwa zu Tabak oder Alkohol zu entwickeln.
Bedenken melden aber auch Zahnmediziner an. So warnt die DG Paro vor den Auswirkungen des Cannabis-Konsums auf die parodontale Gesundheit. Eine Reihe von Studien haben laut DG-Paro-Präsident Prof. Dr. Henrik Dommisch gezeigt, dass der langfristige Cannabis-Konsum negative Auswirkungen auf die parodontale Gesundheit hat. Durch den erwarteten Anstieg des Marihuana-Rauchens vor allem bei Jugendlichen könnte sich zudem der Krankheitsbeginn – etwa von rasch progressiven Formen der Parodontitis – in deutlich jüngere Lebensjahre verschieben.
Dies müsse besonders vor dem Hintergrund der mit dem Finanzstabilisierungsgesetz wieder eingeführten Budgetierung parodontaler Leistungen kritisch betrachtet und weiter diskutiert werden. Denn die Kombination aus strikter Budgetierung und einer zu erwartenden Zunahme parodontaler Erkrankungen ist mehr als ungünstig. Wieder einmal wurden und werden Zusammenhänge und Konsequenzen von den politischen Entscheidungsträgern offenbar zu wenig beachtet.
Es bleibt zu hoffen, dass mit der in Grenzen beschlossenen Legalisierung vielleicht der Reiz des Verbotenen schwindet und es künftig schlicht weniger attraktiv ist, Cannabis zu konsumieren.
„Es wäre wünschenswert, sich als nächstes der Themen Zuckerkonsum und Alkoholkonsum ähnlich intensiv anzunehmen, wie es in den vergangenen Wochen bei der Cannabis-Frage der Fall war.“
Lesen Sie auch folgende dzw-Artikel:
Cannabis-Konsum: Deutsche Gesellschaft für Parodontologie warnt
Cannabis-Konsum – Risiken und Nebenwirkungen für Zahnbehandlung