Im Frühjahr 2021 wurde die S3-Leitlinie zur Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III verabschiedet. Für die Abrechnung von PAR-Leistungen bei gesetzlich Krankenversicherten wurden bereits zum 01.07.2021 neue Leistungen in den BEMA aufgenommen und die PAR-Richtlinie wurde entsprechend angepasst. Für die Kassenpatienten ist seither eine Abrechnung der PAR-Therapie nach geltendem medizinischem Standard möglich. Doch wie ist die Abrechnung der S3-leitliniengerechten PAR-Strecke bei privaten Behandlungen möglich?
Medizinische Leitlinien stellen anders als Richtlinien keine Rechtsnorm dar. Sie beruhen jedoch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und stellen systematisch entwickelte Aussagen dar, die den zu Behandelnden Therapiesicherheit gewährleisten und Behandelnde bei der richtigen Wahl der Behandlungsoption unterstützen.
Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e. V. (DG PARO) hat sich bereits im Oktober 2022 mit der Thematik PAR-Behandlung nach S3-Leitlinie in der Gebührenordnung für Zahnärzte beschäftigt. Sie kommt in ihrer Stellungnahme zum Schluss, dass viele Leistungen der aktuellen Behandlungsstrecke in der GOZ nicht beschrieben werden. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die derzeit gültige GOZ stammt aus dem Jahre 2012. Betrachtet man die Beschreibungen der dortigen PAR-Leistungen, dann fanden sich viele bereits mit gleichem Wortlaut in der GOZ 88. Viele der neuen PAR-Leistungen können also in der amtlichen Gebührenordnung gar nicht enthalten sein.
Der Verordnungsgeber war sich bei Verabschiedung der GOZ natürlich bewusst, dass der Fortschritt in der Zahnmedizin weiter geht und im Laufe der Jahre immer wieder neue Verfahren entwickelt werden. Um diesem Umstand gerecht zu werden, wurde § 6 Absatz 1 in die GOZ aufgenommen. Er besagt, dass Gebühren für selbstständige zahnärztliche Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden dürfen.
Wer „Analoge Leistungen“ in der Praxis abrechnet, hat bestimmt schon Erfahrungen mit abschlägigen Leistungsbescheiden der Beihilfe und der Privatversicherer gemacht, die sich häufig weigern, analog berechnete Leistungen zu erstatten. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass zu einigen Leistungen zur PAR-Therapie Beschlüsse des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen vorliegen.
Dem Gremium gehören neben Vertretern der Zahnärzteschaft auch Vertreter des PKV-Verbandes und der Beihilfeträger an. Auf Grundlage der Beschlüsse sollte die Erstattung der gemeinsam abgestimmten Leistungen gewährleistet sein, die Bezeichnung der Analogleistung sollte jedoch so gewählt werden, wie im Beratungsforum abgestimmt.
Der Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 4000 „Erstellen und Dokumentieren eines Parodontalstatus“ beschreibt lediglich die Messung
der Sondierungstiefen und enthält keine weitere Aufnahme zusätzlicher Parameter, die zum Beispiel die Progression der Erkrankung berücksichtigen. Gerade diese Befunde, die zur Einteilung nach Stadium und Grad der Erkrankung notwendig sind, werden jedoch vom Parodontalstatus in der S3-Leitlinie gefordert. Die Vertreter waren sich deshalb einig, dass die GOZ-Nr. 4000 den Leistungsinhalt nicht mehr abbildet und eine analoge Berechnung der parodontalen Diagnostik einschließlich Staging und Grading gerechtfertigt ist. Als gleichwertige Leistung sieht der Beschluss die GOZ-Nr. 8000a mit dem Leistungstext „PAR-Diagnostik, Staging/Grading, Dokumentation“ vor. Eine Berechnung der GOZ-Nr. 4000 daneben ist ausgeschlossen.
Bekommen Zahlungspflichtige eine Ausfertigung des Formblattes mit, kann die GOZ-Nr. 4030a mit der Beschreibung „Ausfertigung PAR-Formblatt“ zusätzlich berechnet werden.
Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG)
Vor Einführung der S3-Leitlinie wurde im Vorfeld der PAR-Therapie lediglich über die Erkrankung und ihre Behandlung aufgeklärt. Auf Ernährungsempfehlungen wurde am Rande eingegangen; Risikofaktoren, Wechselwirkungen mit Allgemeinerkrankungen und Lebensgewohnheiten blieben jedoch unbeachtet. So findet sich der Leistungsinhalt des qualifizierten parodontologischen ATG zum personalisierten Behandlungsplan, wie es in der jetzigen Leitlinie gefordert wird, in keiner GOZ- oder GOÄ-Nummer wieder. Als Analogleistung hält das Beratungsforum die GOZ-Nr. 2110a mit der Beschreibung „Parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG)“ für angemessen.
Die Leistung umfasst die Aufklärung über:
- Diagnose,
- Gründe der Erkrankung,
- Risikofaktoren,
- Therapiealternativen,
- zu erwartende Vor- und Nachteile der Behandlung,
- die Option, die Behandlung nicht durchzuführen.
Subgingivale Instrumentierung
In der 2. Therapiephase fordert die S3-Leitlinie die Durchführung einer nicht-chirurgischen Therapie. Im Rahmen dieser subgingivalen Instrumentierung erfolgt die Entfernung des Biofilms sowie mineralisierter Ablagerungen wie subgingivaler Zahnstein und Konkremente von den Wurzeloberflächen im Sinne einer geschlossenen Therapie. Die in der GOZ benannten Gebührennummern 4070/4075 sprechen von einer parodontal-chirurgischen Therapie und erfassen den Leistungsinhalt der antiinfektiösen Therapie (AIT) nicht.
Laut Beschluss erfolgt die Berechnung über die Analogleistungen
• GOZ-Nr. 3010a „Subgingivale Instrumentierung – PAR (AIT) einwurzeliger Zahn“
• GOZ-Nr. 4138a „Subgingivale Instrumentierung – PAR (AIT) mehrwurzeliger Zahn“.
Die Berechnung der GOZ-Nrn. 4070 und 4075 daneben ist ausgeschlossen. Jedoch kann die Entfernung von gingivalen und supragingivalen weichen und harten Belägen zusätzlich berechnet werden.
Müssen im Rahmen der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) Resttaschen subgingival instrumentiert werden, erfolgt die Berechnung nach der GOZ-Nr. 0090a für den einwurzeligen Zahn und der GOZ-Nr. 2197a für den mehrwurzeligen Zahn. Als Leistungstext ist „Subgingivale Instrumentierung – UPT“ anzugeben. Wie bei der AIT ist die Berechnung der GOZ-Nrn. 4070 und 4075 daneben ausgeschlossen. Jedoch kann auch hier die Entfernung von gingivalen und supragingivalen weichen und harten Belägen zusätzlich berechnet werden.
Die Mitglieder des Beratungsforums haben sich darauf verständigt, dass die parodontologische Reevaluation je nach Schweregrad und medizinischer Notwendigkeit bis zu dreimal innerhalb eines Jahres berechnungsfähig ist. Als Analoggebühr wurde die GOZ-Nr. 5070a mit der Beschreibung „Befundevaluation – PAR“ festgelegt. Eine Berechnung der GOZ-Nrn. 4000, 4005(a) und weiterer Gesprächs- und Beratungsleistungen ist in gleicher Sitzung ausgeschlossen.
Außerdem konnte eine Einigung zur häufigeren Berechnung der GOZ-Nr. 4005 als zweimal im Jahr erzielt werden. Die Erhebung mindestens eines Gingivalindex und/ oder eines Parodontalindex (z. B. des Parodontalen Screening-Index PSI) im Rahmen einer UPT kann laut BZÄK, PKV-Verband und Beihilfeträger zusätzlich zur GOZ-Nr. 4005 zweimal analog innerhalb eines Jahres abgerechnet werden.
Zu anderen Leistungen im Rahmen der PAR-Behandlungsstrecke konnte sich das Beratungsforum auf keine Analogleistungen verständigen. So liegt es an der Praxis zu prüfen, ob weitere Leistungen der S3-Leitlinie mit dem erbrachten Leistungsumfang durch die originären GOZ-Leistungen abgebildet werden oder ob es sich um analog zu berechnende Leistungen handelt. Die Abrechnung der PAR-Leistungen birgt damit auch im Jahre 2024 noch viel Spielraum für Konflikte zwischen Zahnärzteschaft und Erstattungsunternehmen. pi
ZMV+ Birgit Enßlin
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