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Hypertonie-Patienten sind keine Seltenheit mehr

Die World Health Organisation (WHO) spricht von einer arteriellen Hypertonie, wenn dauerhaft und situationsunabhängig ein systolischer Blutdruck höher als 140 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) oder ein diastolischer Blutdruck höher als 90 mmHg vorliegt. Ein systolischer Blutdruck höher als 130 mmHg oder ein diastolischer Blutdruck höher als 80 mmHg gilt als grenzwertig.

Die Hypertonie wird in zwei Hauptkategorien unterteilt: essenzielle oder primäre Hypertonie und sekundäre Hypertonie. Der Mangel an erkennbaren Ursachen für einen erhöhten Blutdruck ist ein wesentliches Merkmal der primären Hypertonie und betrifft ca. 90 Prozent aller Fälle. Die sekundäre Hypertonie, für die es eine erkennbare Ursache gibt, betrifft ca. 10 Prozent der Erwachsenen, die mit Bluthochdruck diagnostiziert werden. Die sekundäre Hypertonie ist mit folgenden Krankheitsbildern assoziiert:

  • Nierenerkrankungen („Renale Hypertonie“)
  • Endokrine Störungen („Endokrine Hypertonie“)
  • Hyperthyreose
  • Hyperaldosteronismus
  • Pseudohyperaldosteronismus
  • Hyperparathyreoidismus
  • Akromegalie
  • Cushing-Syndrom
  • Phäochromozytom
  • Gefäßerkrankungen
  • Aortenisthmusstenose
  • Vaskulitis
  • Kollagenosen
  • Nierenarterienstenose
  • Aortenklappeninsuffizienz
  • Tumore (reninproduzierende Tumore, Hirntumore)
  • psychiatrische Erkrankungen
  • Panikstörung
  • soziale Phobie
  • generalisierte Angststörung
  • chronische Schmerzen

Eine nicht diagnostizierte Hypertonie verkürzt die Lebensdauer um zehn bis 20 Jahre und ist damit eine der größten Herausforderungen für das öffentliche Gesundheitswesen [2]. Die Rolle des Zahnarztes als Teil der allgemeinen Gesundheitsversorgung wird dabei leider noch oft übersehen, denn der Zahnarztbesuch ist eine ideale Gelegenheit zum Screening. Wenn ein Patient mit pathologischen Werten frühzeitig zum Internisten überwiesen wird, kann das zu einer signifikanten Reduktion von Morbidität und Mortalität beitragen. Der Internist kann die Diagnose der arteriellen Hypertonie bestätigen, nach eventuellen Ursachen einer sekundären Hypertonie suchen, das kardiovaskuläre Risiko einschätzen und schließlich nach Endorganschäden suchen.

Behandlung der Hypertonie

Eine große Zahl randomisierter klinischer, überwiegend placebokontrollierter Studien und Metaanalysen haben unzweifelhaft den wissenschaftlichen Nachweis zugunsten von Lebensstiländerungen und einer Pharmakotherapie erbracht. Das Risiko von schweren kardiovaskulären Erkrankungen (Apoplex, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) wird deutlich verringert.

Lebensstiländerungen sind entscheidend in der Hypertonie-Prävention aber ebenso in der Behandlung. Neben dem blutdrucksenkenden Effekt werden dabei gleichzeitig auch andere Risikofaktoren oder Erkrankungen verbessert. Der größte Nachteil ist jedoch die geringe langfristige Compliance dieser Patienten.

Die einzelnen Hypertensiva haben neben der Blutdrucksenkung einige zahnmedizinisch relevante Nebenwirkungen.

Die einzelnen Hypertensiva haben neben der Blutdrucksenkung einige zahnmedizinisch relevante Nebenwirkungen.

Bei der Wahl der antihypertensiven Medikation gibt es kaum klinisch relevante Unterschiede zwischen den verschiedenen Substanzklassen, das heißt, der Hauptnutzen beruht auf der Blutdrucksenkung selbst.

Fünf Substanzklassen stehen für die Initial- und Dauertherapie gleichberechtigt zur Verfügung und können als Monopräparate oder in Kombination eingesetzt werden:

  • Diuretika
  • Betablocker
  • Kalziumantagonisten
  • ACE-Hemmer
  • Angiotensin-Rezeptor-Blocker
  • sonstige Antihypertensiva

Die einzelnen Hypertensiva haben neben der Blutdrucksenkung einige zahnmedizinisch relevante Nebenwirkungen [3].

Notfälle und Notfallbehandlung

Laut Definition der European Society of Cardiology liegt eine hypertensive Krise bei Blutdruckwerten >180/120 mmHg vor. Bei einer hypertensiven Krise besteht im Gegensatz zum hypertensiven Notfall noch keine Organschädigung. Symptome der hypertensiven Krise sind zum Beispiel Kopfschmerz, Schwindel, Epistaxis, Sehstörungen, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma, Atemnot und/oder Angina pectoris.

Bei einer hypertensiven Krise sollte zunächst sofortige Ruhe eingehalten werden. Sollte auch im Ruhezustand der Blutdruck dauerhaft bei mehr als systolisch 200 mmHg liegen, ist eine Therapie mit Nitroglycerin, zum Beispiel NitroSpray, in Erwägung zu ziehen. Zunächst zwei Hub sublingual geben, bei Bedarf die Sprayanwendung nach fünf Minuten wiederholen. Der Blutdruck sollte aber nicht zu schnell abgesenkt werden, da es ansonsten, insbesondere bei zerebrovaskulärer Vorschädigung, zu einem Apoplex kommen kann. Ziel ist die kontrollierte Senkung des Blutdruckes in einen ungefährlichen Bereich und damit die Verhinderung eines hypertensiven Notfalls und der damit verbundenen Organschädigung. Im Zweifel sollten Patienten mit einer hypertensiven Krise zur weiteren stationären Behandlung eingewiesen werden.

Sublinguales Nifedipin (Adalat) wird heutzutage nicht mehr eingesetzt, da es zu einem zu schnellen Abfall des Blutdrucks mit der Gefahr einer Reflextachykardie führen kann. Blutdruckwerte von mehr als 80/120 sind eine absolute Kontraindikation für zahnmedizinische Behandlungen [3–5]

Das Management des hypertensiven Patienten wird den Zahnarzt zukünftig vermehrt beschäftigen. Viele Zahnärzte setzen bereits automatische Blutdruckgeräte zum Monitoring ein. Die zahlenmäßige Zunahme dieser Patienten geht einher mit Behandlungsstrategien, die sich ständig aufgrund neuer Medikamente und wissenschaftlicher Erkenntnisse ändern. Der klinische Eindruck, Ausgangsblutdruck, Dauer und Invasivität der Behandlung und mögliche Sedierungsoptionen werden den Arzt beim Hypertoniker weiterhin fordern.