Das Schädelbasiszentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden hat von der Deutschen Gesellschaft für Schädelbasischirurgie die Zertifizierung für seine Arbeit bekommen. Damit zeichnet die Fachgesellschaft die jahrelange, erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizinern aus der Neurochirurgie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aus. Gemeinsam erarbeiten die Experten Behandlungs- und Operationsstrategien für Patienten mit einem Tumor im Schädelbasisbereich oder mit einem schweren Schädel-Hirntrauma nach Unfall und setzen diese gemeinsam im OP-Saal um.
„Die Schädelbasis gilt als medizinisches Grenzgebiet“, sagt Professor Gabriele Schackert, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie. Die Knochen bilden die Schutzhülle für das Gehirn und den Basisbereich, in dem alle wichtigen Nervenfunktionen liegen. Ein Tumor kennt auch in diesem hochkomplexen Bereich des Körpers keine Grenzen: Sein unkontrolliertes Wachstum zerstört Nerven und Organgewebe, quetscht sie ein und durchdringt Knochen. Um gegen die Bösartigkeit der Geschwulste anzugehen, bedarf es medizinischer Kompetenz – auch über bestehende Grenzen der einzelnen Fächer hinaus. Nur so kann ein Patient die beste Therapie erhalten. Im Rahmen des Schädelbasiszentrums arbeiten Mediziner bereits seit 2001 erfolgreich nach diesem Prinzip. Haupteinsatzgebiet für die Mediziner im Zentrum sind Schädelbasistumore. Sie breiten sich oftmals an der Schädelbasis in Spalten und Knochennischen aus, verwachsen mit den Nerven und sind deshalb schwer operativ zu entfernen. Oftmals wird dabei mittels Schlüssellochchirurgie operiert, also endoskopisch durch die Nase hindurch oder über das Ohr.
Einmal pro Woche tauschen sich die Experten aus der Neurochirurgie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie über diese komplexen Eingriffe aus, beraten das Vorgehen und stehen später gemeinsam im OP-Saal. Beim Eingriff müssen die Mediziner nicht nur darauf achten, den Tumor vollständig zu entfernen. Auch dürfen wichtigen Funktionen, wie der Sehnerv oder der Geruchssinn nicht beschädigt werden. „Dabei stehen wir bei jedem Fall vor einer individuellen Herausforderung. Größe, Konsistenz, Aggressivität aber auch Durchblutung eines jeden Tumors können unterschiedlich sein“, sagt Professor Thomas Zahnert, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Uniklinikum.
Seit 2001 haben die Mediziner im Rahmen der Zusammenarbeit im Schädelbasiszentrum mehrere Hundert Patienten gemeinsam behandelt und therapiert. „Die Zusammenarbeit im Schädelbasiszentrum ist beispielhaft für die interdisziplinäre Arbeit am Universitätsklinikum“, sagt Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. „Die Zertifizierung macht uns stolz, zeigt sie doch, dass wir all die Jahre auf einem guten Weg sind, von dem unsere Patienten profitieren“, sagt Professor Günter Lauer, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Durch das Schädelbasiszentrum werden die Ressourcen des Klinikums besser gebündelt – vor allem bei der Planung von Operationen. Auch die Gefahr, einen Patienten doppelt operieren zu müssen, wird verringert. Darüber hinaus profitiert vor allem der Patient, der durch das gebündelte Know-how noch effizienter und erfolgversprechender therapiert werden kann.
Mit dem neuen Chirurgischen Zentrum (Haus 32) bekommt die Zusammenarbeit im Schädelbasiszentrum des Dresdner Uniklinikums nun noch bessere medizinische Möglichkeiten. In den dort eingerichteten OP-Sälen stehen hochmoderne Bildgebungsverfahren zur Verfügung, die bereits während der Operation die Arbeit der Mediziner unterstützen. Ab März beginnt der Betrieb in den neuen OP-Sälen sowie auf der Intensivstation. Eine Besonderheit des Neubaus, die auch über die Grenzen Deutschlands nur sehr wenige Krankenhäuser vorweisen können, sind die beiden vornehmlich von der Klinik für Neurochirurgie genutzten OP-Säle, die über einen direkten Zugang zu einem Magnetresonanztomografen (MRT) verfügen. Damit lassen sich bereits während einer Operation Aufnahmen vom Gehirn der Patienten machen. Dank der detaillierten, sofort verfügbaren Darstellung der Hirnstrukturen können die Experten erkennen, ob noch Tumorgewebe im OP-Feld vorhanden ist. Damit lassen sich OP-Ergebnisse sofort kontrollieren und gegebenenfalls der Eingriff fortsetzen. „Damit erhöhen sich die Sicherheit bei der Operation und die Erfolgschancen des Eingriffs generell“, so Schackert.
Das Leitungsteam des Dresdner Schädelbasiszentrums besteht aus Prof. Thomas Zahnert, Prof. Gabriele Schackert, Prof. Jennifer Linn und Prof. Günther Lauer.
Foto: Uniklinikum Dresden / Marc Eisele