Stellten ehemals die Behandlungsplätze den Wertekern der Praxis dar und waren der Stolz ihrer Besitzer, kosteten die gern einmal das 1,5-fache eines Jahreshonorarumsatzes und wurden noch um 1955 in der Verkettung von Herstellern über Dentaldepots mangels Bonität über das preisgünstige, aber sensenscharfe Scheck-Wechsel-Verfahren in Stufen bezahlt (Wechselprolongation), so sind sie inzwischen eine eilig abzuhandelnde Notwendigkeit.
Gemessen am aktuellen Honorarumsatz genügt ein 8- bis 10-prozentiger Mitteleinsatz, um einen durchaus leistungsstarken zahnärztlichen Behandlungsplatz in ordentlicher Qualität zu erwerben. Gleichwohl sparen Praxisinhaber ihre Gerätschaften kaputt. Warum?
Konkurrenz in anderen Gerätschaften
Andere, durchaus kostenintensive und bisweilen kurzlebige Investitionen wie Laser, CAD/CAM-Systeme, Abformkameras, Bleachingleuchten und allerlei Firlefanz im allgemeinen Praxisinterieur, etwa zur Patientenbeeindruckung, halten dagegen locker Einzug in die Praxen.
Völlig unterschätzt hat die gesamte Branche die Folgekosten der Praxisvernetzung in der Digitalisierung. Je nachdem, mit welchem Geschick die einzelnen einzubindenden Komponenten wie Röntgen, Verwaltung, Wiederaufbereitungsdokumentation, intraorale Kamera, Intraoralscanner, Bildspeicherung, wiederholter Lizenzerwerb etc. über Jahre gestaltet, angeschafft und eingebunden wurden, können beim Wechsel der Basissoftware (beispielsweise Windows 10 unterstützte Windows 8 nicht mehr) leicht hohe fünfstellige Anpassungskosten entstehen.
Die aktuelle europäischen MDR-Verordnung zur Sicherung von Medizinprodukten toppt das vormalige MPG signifikant. Für bewährte Produkte stellen Hersteller aus Gründen des Verwaltungsaufwands Geräteserien ein. Die Neuentwicklung von Produkten, die unter dem Diktat der MDR-Zulassung stehen, werden wegen der Unverhältnismäßigkeit im Kosten-Nutzen-Verhältnis teilweise unterbleiben. Die Branche wird an Innovationen ärmer werden.
Leidende Investitionsfreude
Nun sind Dentalgeräte keine Großserienprodukte; verbaute Elektronik wird am Markt teils zusammengekauft. Die Dauerverfügbarkeit im Falle von Reparaturen kann im Zeitraum der Gerätenutzung schwierig werden. Bisher haben bekannte Hersteller sich verpflichtet, Ersatzteile für zehn Jahre nach Produktionsende eines Gerätetyps vorzuhalten. Die Life-Cycle-Costs von technischem Dentalgerät wachsen ständig. Auch reduzieren längst überfällige Gehaltsanpassungen für das Fachpersonal die Budgets für die Anschaffung auszutauschender Behandlungsplätze. Die Investitionsfreude leidet.
Sie müssen einfach da sein
Ein weiterer Bremspunkt für die Neuinstallation von Behandlungsplätzen ist in dem Umstand zu verorten, dass „der Neue“ keinen Mehrwert in Euro abwirft. Sie müssen halt vorhanden sein; wie Warteraum- und Rezeptionseinrichtung auch. Durchaus seriös aufzeigbare Mehrwerte liegen in der Verbesserung der Gesamtausstattung eines Behandlungsraums. Zu nennen ist da zuvorderst die Berücksichtigung des Wandels in den Behandlungssitzungen selbst. Die Arbeitsinhalte der einzelnen, spezialisierteren Sitzungen benötigen mehr Zeit.
Die Einbeziehung von Lupenbrillen und Behandlungsmikroskopen erfordert genauere Greifräume. Greifwege in Verbindung mit der Möbelausstattung müssen in Einklang gebracht werden. Im Ergebnis kann mit der Neuinvestition in den eigenen Gesundheitsschutz investiert werden: Ergonomie, Workflow, Hygiene, ermüdungsarmes Arbeiten und Rückenschonung sind die Orientierungspunkte.
Nachlassende Neugründungszahlen
Die stark zurückgegangenen echten Praxisneugründungen werden in den Absatzzahlen von Behandlungsplätzen im Bereich der Modernisierungen nach Praxisübernahmen nicht ausgeglichen. Überhaupt befinden sich unter den Praxisübernehmenden ja auch Sparfüchse, die aus Prinzip nicht investieren und die Dinge auch sonst so laufen lassen. Nun könnten die Hundertschaften der Beratenden im Dentalverkauf Gutes tun und ihre Aufgabe in der initiativen, individuellen und bedarfsgerechten Bedarfsweckung pro Praxis wahrnehmen. Aber auch dort verblasst der Stern der Qualität. Bonusgesteuertes Angebotsverhalten, ohnehin erst aktiviert, wenn eine Praxis von sich aus einen Bedarf anmeldet, formen die normative Kraft des Faktischen. Zu hohe Endkundenrabatte höhlen die Leistungskraft im Fachhandel weiter aus.
Der Reiz des Neuen und Besseren
Dabei haben wir doch alle gern Neues: Es arbeitet zuverlässig, zeigt eine verbesserte, zeitgerechte Optik und ist an die veränderte Bedarfslage angepasst. Mein Appell an die Anbieter neuer Behandlungsplätze: Gehen Sie kompetent und nachhaltig in der Sache auf erkannte Bedarfslagen in den Praxen Ihrer Kunden zu. Warten Sie nicht, bis Ihre Kundschaft Bedarf anmeldet. Echte Partnerschaft deckt solch ein Vorgehen.
Und an die Praxisverantwortlichen: Sehen Sie einmal als Außenstehende in Ihre Behandlungsräume – würden Sie sie heute noch so ausstatten? Sind die Ausstattungen ausreichend bis zum geplanten Berufsende (ein 50-Jähriger hat in der Regel noch 40 Prozent seiner Lebensarbeitszeit vor sich)? Wie viel „Luft“ besteht im Volumen der Abschreibungsmöglichkeiten für Anschaffungen?
Wenig Geld für viel Wert funktioniert nicht
Erinnern wir uns an John Ruskin (1819–1900): Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher.
Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.
Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen. In diesem Sinne: Verwirklichen Sie Ihren Plan.
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