Die Corona-Pandemie hat zu einem Umdenken in vielen Bereichen geführt und zwingt auch unverändert dazu, nach kreativen, neuen Lösungskonzepten zu suchen, um den eigenen Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch Zahnarztpraxen sahen sich gezwungen, ihre Strukturen und Konzepte zu überdenken und wenn möglich anzupassen. So wurde unter anderem überlegt, ob es möglich ist, die Praxisöffnungszeiten auszuweiten, vielleicht auch auf einen Sonn- oder Feiertag. Doch geht das so einfach? Was ist zu beachten?
Die Autorin: RAin Jennifer Jessie, Fachanwältin für Medizinrecht
Rechtsanwältin Jennifer Jessie ist seit Oktober 2016 in der Kanzlei Lyck+Pätzold healthcare.recht tätig. Sie ist sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig und berät und vertritt medizinische Leistungserbringer insbesondere in den Bereichen des Arbeitsrechts, Berufs- und Werberechts sowie Zulassungsrechts. Seit dem Frühjahr 2017 ist Frau RAin Jessie zudem Rechtsbeirätin des Dentista e.V. und begleitet dort von rechtlicher Seite insbesondere die Themen rund um Mutterschutz, Beschäftigungsverbot und Elternzeit.
Foto: Lyck+Pätzold
Berufsrechtliche und vertragszahnarztrechtliche Rahmenbedingungen
In den Berufsordnungen finden sich keine Regelungen zu den genauen Sprechzeiten. Der Zahnarztberuf ist ein freier Beruf. Zahnärzte sind rein berufsrechtlich in der Gestaltung ihrer Sprechstundenzeiten frei. Lediglich in der Zulassungsverordnung sowie im Bundesmantelvertrag werden Sprechstundenzeiten näher reglementiert. Während sich für Zahnärzte keine entsprechende ausdrückliche Regelung im Bundesmantelvertrag finden lässt, bestimmt beispielsweise Paragraf 17 Absatz 1 des Bundesmantelvertrags für Ärzte, dass der Vertragsarzt gehalten ist, seine Sprechstunden entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung mindestens in dem in Absatz 1a geregelten Umfang (= 25 Stunden wöchentlich) festzusetzen und seine Sprechstunden auf einem Praxisschild bekannt zu geben.
Nach Paragraf 17 Absatz 2 Bundesmantelvertrag für Ärzte sind bei der Verteilung der Sprechstunden auf den einzelnen Tag die Besonderheiten des Praxisbereichs und die Bedürfnisse der Versicherten (etwa durch Sprechstunden am Abend oder an Samstagen) zu berücksichtigen. Ein Verbot von Sonntags- oder Feiertagssprechstunden ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
Entsprechendes gilt für die Zulassungsverordnung der Zahnärzte (Z-ZV). Hier regelt Paragraf 24 Absatz 2, dass der Vertragszahnarzt am Vertragszahnarztsitz seine Sprechstunde halten muss. Wie die Einteilung der Sprechstunden zu erfolgen hat, wird auch in dieser Vorschrift nicht näher geregelt. Insofern bestehen rein berufs- und vertragsarztrechtlich keine Bedenken gegen die Einrichtung einer Sonntagssprechstunde.
Arbeitsrechtliche Einschränkungen bei angestellten Mitarbeitern
Für angestellte Zahnärzte und Praxismitarbeiter stellt sich die Rechtslage etwas anders dar. Die Einbeziehung von Angestellten in eine Sonntagssprechstunde ist grundsätzlich nicht möglich. Grund hierfür ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wonach Sonntagsarbeit nur in sehr engen Grenzen erlaubt ist. Denn nach Paragraf 9 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Nicht davon umfasst ist der Samstag, da dies ein normaler Werktag ist.
Ausnahmen zur Sonn- und Feiertagsbeschäftigung enthält Paragraf 10 ArbZG. Danach dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen abweichend von Paragraf 9 ArbZG beschäftigt werden bei beispielsweise Notdiensten (Paragraf 10 Nr. 1 ArbZG) sowie in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen (Paragraf 10 Abs. 3 ArbZG). Die Behandlung darf nicht aufschiebbar sein, damit ein solcher Ausnahmetatbestand für eine ambulante Praxis greifen kann.
Dies betrifft somit die Notdiensttätigkeit, die auch außerhalb der üblichen Werktage zulässig ist. Da ein Verstoß gegen das Beschäftigungsverbot gemäß Paragraf 22 ArbZG eine Ordnungswidrigkeit darstellt und mit einer Geldbuße von bis zu 15.000 Euro geahndet werden kann, ist zwingend darauf zu achten, diese Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten.
Praxistipp
Zahnärzte können grundsätzlich auch an Tagen, die kein üblicher Werktag sind, Sprechstunden abhalten. Aufgrund der Regelung im Arbeitszeitgesetz ist jedoch eine Tätigkeit der angestellten Zahnärzte und Mitarbeiter grundsätzlich verboten. Anderes gilt gemäß Paragraf 10 Nr. 1 ArbZG nur im Rahmen der Notdiensttätigkeit. Praxisinhaber, die im Zuge der Corona-Pandemie über die Anpassung der Terminkapazitäten nachdenken, um vielleicht abgesagte Termine nachholen zu können, sollten sich vorab über die Möglichkeiten und Grenzen erkundigen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Der nächste Fachartikel von Jennifer Jessie zum Thema Urlaub erscheint am 31. Mai - hier auf dzw.de. Keinen Beitrag mehr verpassen? Jetzt für unseren Newsletter anmelden.